Die Reform zielt darauf ab, die Arbeitsbelastung des EuGH bei Vorabentscheidungsverfahren zu verringern und es ihm zu ermöglichen, "seine Aufgabe, die Wahrung des Rechts bei der Anwendung und Auslegung der Verträge" weiterhin innerhalb angemessener Fristen erfüllen zu können, so der Gerichtshof in seiner Pressemitteilung.
Die Zahl der Vorabentscheidungen sei seit 2001 deutlich gestiegen, die Satzung des EuGH aber nicht angepasst worden. Durch die Reform solle es dem EuGH möglich gemacht werden, sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren, "die Einheit und Kohärenz des Unionsrechts zu wahren und zu stärken", heißt es aus der Mitteilung. Die Reform soll für Verfahren gelten, die ab dem 1. Oktober 2024 vorgelegt werden.
Grundsatzfragen weiterhin beim EuGH
An das EuG übertragen werden die Vorlagen in den folgenden sechs Sachgebieten: das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, Verbrauchsteuern, Zollkodex, die zolltarifliche Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur, Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Flug- und Fahrgäste im Fall der Nichtbeförderung, bei Verspätung oder bei Annullierung von Transportleistungen sowie das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten.
Laut EuGH wurden diese Sachgebiete gewählt, weil sie selten Grundsatzfragen aufwerfen, die die Einheit oder Kohärenz des Unionsrechts berühren. Außerdem gebe es in diesen Gebieten bereits eine umfangreiche Rechtsprechung, auf die sich das EuG stützen könne. Der EuGH bleibt weiter zuständig, wenn zwar eine der genannten Thematiken betroffen ist, die Entscheidung des Vorabentscheidungsersuchens aber auch andere Bereiche betreffen könne. Auch bei Grundsatzentscheidungen soll weiterhin der EuGH zuständig sein.
Die ausgegliederten Sachgebiete machen laut EuGH etwa 20% der vorgelegten Verfahren aus, was eine ausreichende und effektive Entlastung gewährleiste. Die Zuständigkeit beim EuG biete den Beteiligten "die gleichen Garantien" wie bei einem Verfahren vor dem EuGH.
Schriftsätze werden veröffentlicht
Bei allen Vorabentscheidungsverfahren, ob beim EuGH oder EuG, sollen ab Oktober die Schriftsätze der beteiligten Parteien nach Verfahrensabschluss öffentlich einsehbar sein. Der EuGH möchte das Vorabentscheidungsverfahren so transparenter und öffentlicher gestalten und das Verständnis für die Entscheidungen stärken. Der Veröffentlichung auf der Website des EuGH könne jedoch auch widersprochen werden.
Auch sollen alle Ersuche der Mitgliedsstaaten künftig dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Europäischen Zentralbank mitgeteilt werden, damit diese beurteilen können, ob sie ein besonderes Interesse an den aufgeworfenen Fragen haben und dementsprechend von ihrem Recht zur Einreichung von Schriftsätzen oder schriftlichen Erklärungen Gebrauch machen wollen.
Zuletzt sieht die Reform vor, die Effizienz des Verfahrens zu stärken. Rechtssachen die bereits zweimal, also von einer unabhängigen Beschwerdekammer und vom EuG, geprüft wurden, sollen nur dann innerhalb eines Vorabentscheidungsverfahrens verfolgt werden, wenn damit eine für das EU-Recht bedeutsame Frage geklärt wird.