EuGH: EuG muss Verwechslungsgefahr zwischen "Halloumi" und "BBQLOUMI" erneut prüfen

Die Inhaberin der Unionskollektivmarke "Halloumi" für Käse aus Zypern hat im Streit um die Eintragung der Unionsmarke "BBQLOUMI" für Käse eines bulgarischen Herstellers einen vorläufigen Erfolg erzielt. Das Gericht der Europäischen Union muss erneut prüfen, ob für die Verbraucher hinsichtlich der Herkunft der mit dem Zeichen "BBQLOUMI" gekennzeichneten Waren eine Verwechslungsgefahr besteht. Dies hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 05.03.2020 entschieden (Az.: C-766/18 P).

"Halloumi"-Unionsmarkeninhaberin will Eintragung der Unionsmarke "BBQLOUMI" verhindern

Die Inhaberin der für Käse eingetragenen Unionskollektivmarke "Halloumi", eine Stiftung für den Schutz des traditionellen zypriotischen Käses (Foundation for the Protection of the Traditional Cheese of Cyprus named Halloumi) erhob Widerspruch gegen das von einer Gesellschaft mit Sitz in Bulgarien unter anderem für Käse als Unionsmarke angemeldete Bildzeichen mit dem Wortbestandteil "BBQLOUMI". Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) wies den Widerspruch mit der Begründung zurück, zwischen der angemeldeten Marke "BBQLOUMI" und der älteren Kollektivmarke "Halloumi" bestehe keine Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Herkunft der Waren. Die Inhaberin der Kollektivmarke focht die EUIPO-Entscheidung vor dem Gericht der Europäischen Union an. Das EuG bestätigte das EUIPO. Die Kollektivmarke habe eine schwache Unterscheidungskraft, da der Begriff "halloumi" eine Käsesorte bezeichne. Eine Verwechslungsgefahr bestehe daher nicht. Dagegen legte die Inhaberin der Kollektivmarke ein Rechtsmittel ein.

EuGH: Kriterien für Verwechslungsgefahr bei Unionsindividualmarken übertragbar

Der EuGH hat das Urteil des Gerichts aufgehoben und die Rechtssache mit der Maßgabe an das Gericht zurückverwiesen, erneut das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zu prüfen. Die Rechtsprechung zu den Kriterien, anhand deren bei Unionsindividualmarken konkret zu beurteilen sei, ob eine solche Gefahr besteht, sei auf Rechtssachen übertragbar, die eine ältere Kollektivmarke beträfen, so der EuGH. Denn keines der Merkmale von Unionskollektivmarken rechtfertige es, im Fall eines auf eine solche Marke gestützten Widerspruchs von den Kriterien für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr abzuweichen, die sich aus dieser Rechtsprechung ergeben. Allerdings müsse die wesentliche Funktion von Kollektivmarken berücksichtigt werden, um zu klären, was unter "Verwechslungsgefahr" zu verstehen sei. Die wesentliche Funktion einer Kollektivmarke bestehe darin, die Waren oder Dienstleistungen der Mitglieder des Verbands, der Markeninhaber sei, von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Verwechslungsgefahr bezeichne im Fall einer älteren Kollektivmarke die Gefahr, dass die Verkehrskreise glauben könnten, die von der älteren Marke und die von der angemeldeten Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen stammten alle von Mitgliedern des Verbands, der Inhaber der älteren Marke sei, oder gegebenenfalls von wirtschaftlich mit diesen Mitgliedern oder diesem Verband verbundenen Unternehmen.

Unionskollektivmarken müssen Unterscheidungskraft besitzen

Laut EuGH kann die Inhaberin der fraglichen Kollektivmarke auch nicht geltend machen, dass die Unterscheidungskraft der älteren Marke anders zu beurteilen sei, wenn es sich um eine Unionskollektivmarke handele. Denn das Erfordernis der Unterscheidungskraft gelte auch für Unionskollektivmarken. Die Unionskollektivmarken betreffenden Art. 66 bis 74 der EG-Verordnung über die Unionsmarke Nr. 207/200 a. F. enthielten keine abweichende Bestimmung. Folglich müssten solche Marken in jedem Fall Unterscheidungskraft besitzen, sei es originär oder durch Benutzung. Art. 66 Abs. 2 der Verordnung stelle keine Ausnahme vom Erfordernis der Unterscheidungskraft dar, so der EuGH weiter. Nach dieser Bestimmung könnten zwar, abweichend von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung, Zeichen, die zur Bezeichnung der geografischen Herkunft von Waren oder Dienstleistungen dienen können, als Unionskollektivmarken eingetragen werden. Solchen Zeichen dürfe jedoch nicht die Unterscheidungskraft fehlen. Melde ein Verband ein Zeichen, das eine geografische Herkunft bezeichnen könne, als Unionskollektivmarke an, müsse er sich vergewissern, dass dieses Zeichen Bestandteile aufweise, die es dem Verbraucher ermöglichten, die Waren oder Dienstleistungen seiner Mitglieder von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Schwache Unterscheidungskraft schließt Verwechslungsgefahr nicht aus – umfassende Einzelfallprüfung erforderlich

Der EuGH weist darauf hin, dass das Bestehen einer Verwechslungsgefahr umfassend, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, zu beurteilen sei. Das angefochtene Urteil zeige aber, dass sich das Gericht auf die Prämisse gestützt hat, dass bei schwacher Unterscheidungskraft der älteren Marke das Bestehen einer Verwechslungsgefahr auszuschließen sei, sobald sich erweise, dass die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken für sich genommen nicht den Nachweis einer solchen Gefahr ermögliche. Der EuGH hält diese Prämisse für falsch, da die schwache Unterscheidungskraft einer älteren Marke das Vorliegen von Verwechslungsgefahr nicht ausschließe. Somit hätte geprüft werden müssen, ob der geringe Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Marken durch den höheren Ähnlichkeitsgrad oder die Identität der mit ihnen gekennzeichneten Waren ausgeglichen werde. Da die vom Gericht vorgenommene Beurteilung dem Erfordernis einer umfassenden, der Wechselbeziehung zwischen den relevanten Faktoren Rechnung tragenden Beurteilung nicht genüge, habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen.

EuGH, Urteil vom 05.03.2020 - C-766/18

Redaktion beck-aktuell, 5. März 2020.