Sanktionen sollten Ukrainekrise entgegenwirken
Als Reaktion auf die Handlungen Russlands zur Destabilisierung der Lage in der Ukraine erließ der Rat am 31.07.2014 mit einem Beschluss sowie einer Verordnung restriktive Maßnahmen, mit denen verschiedene Geldtransaktionen, die Ausfuhr bestimmter sensibler Güter und Technologien und der Zugang bestimmter russischer Organisationen zu den Kapitalmärkten beschränkt wurden und die Erbringung von Dienstleistungen für bestimmte Erdölgeschäfte verboten wurde. Dies sollte die Kosten für die die Souveränität der Ukraine untergrabenden Handlungen Russlands erhöhen. Der von diesen Maßnahmen betroffene russische Ölkonzern Rosneft macht vor dem High Court of Justice (England & Wales) geltend, die vom Rat erlassenen restriktiven Maßnahmen und die vom Vereinigten Königreich auf der Grundlage der Rechtsakte des Rates getroffenen Durchführungsmaßnahmen seien nicht mit dem Unionsrecht vereinbar.
EuGH um Klärung der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen und deren Durchführung gebeten
Der High Court of Justice (England & Wales) möchte vom Gerichtshof wissen, ob die Rechtsakte des Rates und des Vereinigten Königreichs gültig sind. Hinsichtlich der nationalen Durchführungsmaßnahmen solle der Gerichtshof auch klären, ob das Vereinigte Königreich für Verstöße gegen die restriktiven Maßnahmen Strafsanktionen vorsehen durfte, solange der Gerichtshof die Bedeutung der vom Rat verwendeten Ausdrücke noch nicht geklärt hat, und ob die restriktiven Maßnahmen die Abwicklung von Zahlungen durch die Banken betreffen und die Begebung von Global Depositary Receipts verbieten, die vor dem Erlass der Maßnahmen begebene Aktien repräsentieren.
EuGH hält Rechtsakte des Rates für gültig
Der EuGH hat sich für die Vorabentscheidung über die Gültigkeit einer auf der Grundlage der Vorschriften über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) erlassenen Handlung wie des Beschlusses des Rates für zuständig erklärt und festgestellt, dass die Rechtsakte des Rates Gültigkeit besitzen. Es stelle keinen Eingriff in die Befugnisse des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Kommission dar, dass der Beschluss den Inhalt der Verordnung teilweise vorgebe und den Gegenstand der restriktiven Maßnahmen bestimme. Ferner stehe das Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Russland dem Erlass des Beschlusses und der Verordnung nicht entgegen.
Eingriff in unternehmerische Freiheit und Eigentumsrecht verhältnismäßig
Der Rat habe die Rechtsakte auch hinreichend begründet. Die Bedeutung der mit ihnen verfolgten Ziele könne negative Folgen für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen. Der Eingriff in die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht von Rosneft sei verhältnismäßig, zumal sich die Intensität der als Reaktion auf die Krise in der Ukraine erlassenen restriktiven Maßnahmen allmählich gesteigert habe. Die Mitgliedstaaten seien auch nicht daran gehindert, für Verstöße gegen die Maßnahmen Strafsanktionen vorzusehen. Dem stehe auch eine erst spätere schrittweise Klärung der in der Verordnung verwendeten Begriffe nicht entgegen.
Abwicklung von Zahlungen durch Banken nicht betroffen
Die restriktiven Maßnahmen beträfen nicht die Abwicklung von Zahlungen durch die Banken. Der Unionsgesetzgeber hätte, wenn er für die Abwicklung jeder Überweisung eine zusätzliche Genehmigung hätte vorschreiben wollen, einen anderen Ausdruck als “Finanzhilfe“ verwendet. Zahlungsdienste würden von den Finanzinstituten als Mittler geleistet, ohne dass sie auf eigene Mittel zurückgreifen müssten. Die Verordnung habe nicht das Ziel, das Einfrieren von Geldern oder Beschränkungen im Bereich des Geldtransfers einzuführen. Die restriktiven Maßnahmen würden aber die Begebung von “Global Depositary Receipts“, die vor ihrem Erlass begebene Aktien repräsentieren, verbieten.