Dopingbekämpfung: Schiedskommission darf dem EuGH keine Fragen stellen

Die für Dopingbekämpfung zuständige österreichische Schiedskommission ist nicht befugt, dem EuGH Fragen vorzulegen. Das hat der Gerichtshof in einem aktuellen Urteil klargestellt und eine Reihe von Kriterien für das Merkmal "Gericht" im unionsrechtlichen Sinne entwickelt.

Nur ein Gericht im Sinne des Unionsrechts darf den EuGH im Weg des Vorabentscheidungsverfahrens um Antwort ersuchen (Art. 267 AEUV). Der Gerichtshof erklärte deshalb die Vorlage der österreichischen Unabhängigen Schiedskommission (USK) für unzulässig und stellte Kriterien für das Merkmal "Gericht" im unionsrechtlichen Sinne auf – insbesondere das der Unabhängigkeit. Der USK mangele es an dieser Unabhängigkeit, weshalb sie kein Gericht und somit auch nicht vorlagebefugt sei.

Die Bestellung der USK-Mitglieder, führte der EuGH aus, könne vom österreichischen Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport "aus wichtigen Gründen" vorzeitig widerrufen werden, ohne dass dieser Begriff im nationalen Recht definiert wäre. Außerdem sei für diese Entscheidung allein der Minister zuständig, also ein Mitglied der Exekutive, ohne dass zuvor genaue Kriterien oder Garantien festgelegt worden wären. Daher sei nicht gewährleistet, dass die Mitglieder der USK vor Druck von außen geschützt seien. In der Zusammenschau hatte der EuGH Zweifel an der Unabhängigkeit der USK nicht ausschließen können und die Eigenschaft als Gericht verneint.

Vorlagefrage betraf die DS-GVO

Bei der Vorlage war es um Vorschriften der DS-GVO gegangen. In Österreich war eine Berufssportlerin für schuldig erklärt worden, gegen die Anti-Doping-Regeln verstoßen zu haben. Im Rahmen der verhängten Sanktionen waren auch ihr Name und weitere persönliche Daten veröffentlicht worden.

Die Sportlerin beantragte bei der USK, die in Österreich für Dopingbekämpfung zuständig ist, die Wahrung ihrer Anonymität und berief sich auf Vorschriften der DS-GVO. Die USK legte daraufhin dem EuGH die Frage vor, ob die im österreichischen Recht vorgesehene Veröffentlichung mit der DS-GVO vereinbar sei.

Der Umstand, dass die USK kein Gericht im unionsrechtlichen Sinne sei, befreie die USK allerdings nicht von der Verpflichtung, in ihrer Praxis die Anwendung des Unionsrechts zu gewährleisten, so der EuGH. Im Übrigen wies der Gerichtshof darauf hin, dass sich die Sportlerin zum Schutz ihrer personenbezogenen Daten auch an das österreichische Bundesverwaltungsgericht gewandt hat. Dieses hat den bei ihm anhängigen Rechtsstreit bis zur Antwort des Gerichtshofs in der vorliegenden Rechtssache ausgesetzt.

EuGH, Urteil vom 07.05.2024 - C-115/22

Redaktion beck-aktuell, dd, 7. Mai 2024 (ergänzt durch Material der dpa).