Hier geborene Minderjährige stellt Asylantrag – Rest der Familie erhielt bereits in Polen Asyl
Der Asylantrag einer in Deutschland geborenen russischen Minderjährigen wurde mit der Begründung als unzulässig abgelehnt, dass ihren Eltern und Geschwistern vor ihrer Geburt und vor der Einreise der Familie nach Deutschland in Polen Asyl gewährt worden sei. Daher sei nach der Dublin-III-Verordnung Polen für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Dagegen klagte die Minderjährige vor dem Verwaltungsgericht Cottbus, das den EuGH anrief.
EuGH: Zuständigkeit Polens nur bei schriftlichem Wunsch der betroffenen Personen
Laut EuGH ist in einem solchen Fall der Mitgliedstaat, der den Familienangehörigen bereits Asyl gewährt habe, nach der Dublin-III-Verordnung für die Prüfung des Antrags nur zuständig, sofern die betreffenden Personen diesen Wunsch schriftlich kundgetan haben. In Anbetracht des eindeutigen Wortlauts der Dublin-III-Verordnung könne von dieser Voraussetzung nicht deshalb abgewichen werden, weil die Familie den Mitgliedstaat, der ihr Asyl gewährt habe, verlassen hat und sie in den Mitgliedstaat, in dem der Minderjährige Asyl beantragt habe, unrechtmäßig eingereist ist. Sei ein solcher Wunsch nicht schriftlich kundgetan worden und lasse sich anhand der Kriterien der Dublin-III-Verordnung kein anderer Mitgliedstaat als zuständiger Mitgliedstaat bestimmen, sei der erste Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt worden sei, für dessen Prüfung zuständig.
Unzulässigkeit kann auch nicht auf Asylverfahrensrichtlinie gestützt werden
Auch auf der Grundlage der Asylverfahrensrichtlinie Richtlinie 2013/32/EU könne der Asylantrag eines Minderjährigen nicht mit der Begründung für unzulässig erklärt werden, dass seine Eltern in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz genießen. Denn der auf einem in einem anderen Mitgliedstaat bereits gewährten Schutz beruhende Unzulässigkeitsgrund sei nur dann erlaubt, wenn der Antragsteller selbst bereits internationalen Schutz genießt.