Pflicht-Integrationskurse: Zu teuer dürfen sie für Geflüchtete nicht werden
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Dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, eine Integrationsprüfung bestehen müssen, hält der EuGH grundsätzlich für mit EU-Recht vereinbar. Nicht einverstanden war er damit, wie die Niederlande mit den Kosten für den Kurs und Geldbußen für das Nichtbestehen umgeht.

In den Niederlanden müssen Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, innerhalb einer bestimmten Frist eine Integrationsprüfung bestehen. Bei Nichtbestehen kann eine Geldbuße verhängt werden. Ein 18-jähriger Eritreer sollte einen solchen Kurs besuchen und innerhalb von drei Jahren erfolgreich abschließen. Die Kosten von rund 10.000 Euro sollte er selber zahlen, sie wurden ihm aber immerhin mit einem Darlehen vorgestreckt. Allerdings erschien der junge Mann zu bestimmten Kursen und Prüfungen nicht und bestand die, an denen er teilnahm, nicht, da half auch keine Fristverlängerung um ein weiteres Jahr.

Später wurde er zwar von der Pflicht, das Integrationsprogramm erfolgreich abzuschließen, befreit weil er ausreichende Anstrengungen dafür unternommen hatte, allerdings hatte er zuvor schon eine Geldbuße von 500 Euro wegen des Nichtbestehens bekommen und auch das Darlehen war noch nicht aus der Welt.

Der Eritreer klagte gegen die Zahlungsverpflichtungen und der niederländische Staatsrat brachte die Sache vor den EuGH.

Individuelle Verhältnisse zu berücksichtigen

Die Brüsseler Richterinnen und Richter halten die Pflicht zur Teilnahme an Integrationskursen grundsätzlich für EU-rechtskonform (Urteil vom 04.02.2025 – C-158/23). Schließlich sei es wichtig, dass Flüchtlinge Kenntnisse sowohl der Sprache als auch über die Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats erwerben, um ihre Integration zu fördern und ihren Zugang zum Arbeitsmarkt und zur Berufsausbildung zu erleichtern. Den Mitgliedstaaten gesteht der EuGH in diesem Kontext einen gewissen Wertungsspielraum zu.

Die Schutzbedürftigkeit der Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden sei, gebiete es aber, deren persönliche Umstände, die sehr unterschiedlich sein könnten, zu berücksichtigen. Rechnung zu tragen sei mithin deren Alter, Bildungsniveau, finanzieller Lage oder Gesundheitszustand. Da sich die betreffenden Personen noch nicht dauerhaft im Aufnahmemitgliedstaat niedergelassen hätten, müsse sich die Integrationsprüfung auf die Abfrage von Grundkenntnissen beschränken. Auch müsse es möglich sein, vom Bestehen der Prüfung befreit zu werden, wenn man nachweisen kann, bereits tatsächlich integriert zu sein.

Geldbuße und Kosten nicht verhältnismäßig

Mehr Probleme hatte der EuGH mit dem Bußgeld. Das Nichtbestehen einer solchen Prüfung dürfe nicht systematisch mit einer Geldbuße geahndet werden, entschieden die Richterinnen und Richter. Eine solche Sanktion sei nur unter außergewöhnlichen Umständen gerechtfertigt, beispielsweise, wenn die betreffende Person nachweislich und fortdauernd nicht bereit sei, sich zu integrieren. Die Geldbuße dürfe die geflüchtete Person auch finanziell nicht unangemessen belasten. Hierbei sei ihre persönliche und familiäre Situation in den Blick zu nehmen.

Da die von der niederländischen Regelung vorgesehene Geldbuße systematisch zur Anwendung komme und bis zu 1.250 Euro betragen könne, sieht der Gerichtshof ein "offensichtliches Missverhältnis" zu dem mit der Regelung verfolgten Ziel.

Dass der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, grundsätzlich sämtliche Kosten der Kurse und Prüfungen des Integrationsprogramms auferlegt werden, gefährde zudem das Ziel, die tatsächliche Integration dieser Person in die Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats sicherzustellen. Mit dieser Pflicht werde ihr eine unangemessene Belastung auferlegt, die nicht nur ihren tatsächlichen Zugang zum Integrationsprogramm, sondern auch die Wahrnehmung der weiteren Rechte und Vorteile, die ihr nach der Richtlinie 2011/95 zustehen, behindert.

EuGH, Urteil vom 04.02.2025 - C-158/23

Redaktion beck-aktuell, bw, 4. Februar 2025.