EuGH bestätigt gemeinschaftliche Geldbuße gegen Toshiba und Panasonic wegen Bildröhren-Kartells

Die Klage von Toshiba im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Beteiligung an einem Bildröhren-Kartell bleibt erfolglos. Der Europäische Gerichtshof bestätigte mit Urteil vom 18.01.2017 die den Unternehmen Toshiba und Panasonic/MTPD gesamtschuldnerisch auferlegte Strafzahlung in Höhe von 82 Millionen Euro. Der Einwand des Technikkonzerns Toshiba, dass er für eine vom Tochterunternehmen MTPD begangene Zuwiderhandlung nicht zur Verantwortung gezogen werden könne, überzeugte den EuGH nicht. Wenn das Marktverhalten eines gemeinsamen Tochterunternehmens nach gesetzlichen Bestimmungen oder vertraglichen Regelungen von mehreren Muttergesellschaften (Toshiba und Panasonic) gemeinsam festgelegt werden müsse, könne angenommen werden, dass dieses Verhalten auch tatsächlich gemeinsam festgelegt wurde, hieß es in der Begründung (Az.: C-623/15 P).

Sieben Unternehmen sollten insgesamt rund 1,47 Milliarden Euro zahlen

Mit Beschluss vom 05.12.2012 verhängte die Kommission Geldbußen in einer Gesamthöhe von ungefähr 1,47 Milliarden Euro gegen sieben Unternehmen, die zwischen 1996/1997 und 2006 an einem beziehungsweise an zwei separaten Kartellen auf dem Markt für Kathodenstrahlröhren (cathode ray tubes – "CRT") beteiligt waren. CRT sind luftleere Glasgehäuse, die eine Elektronenkanone und eine Fluoreszenz-Anzeige enthalten. Im maßgeblichen Zeitraum gab es zwei unterschiedliche Typen: Farbbildröhren für Computerbildschirme (colour display tubes – "CDT") und Farbbildröhren für Fernsehgeräte (colour picture tubes – "CPT"). Es handelte sich um wesentliche Bestandteile zur Herstellung eines Computerbildschirms oder eines Farbfernsehers, die in einer bestimmten Anzahl unterschiedlicher Abmessungen zur Verfügung standen.

CDT-Kartell und CPT-Kartell aufgedeckt

Diese Typen von CRT waren Gegenstand zweier Zuwiderhandlungen, nämlich eines CDT-Kartells und eines CPT-Kartells. Die Kartelle bestanden im Wesentlichen aus Preisfestsetzungen, aus Markt- und Kundenaufteilungen sowie aus Produktionsbeschränkungen. Darüber hinaus tauschten die beteiligten Unternehmen regelmäßig vertrauliche Geschäftsinformationen aus. Im Rahmen des CPT-Kartells verhängte die Kommission unter anderem gegen Toshiba eine Geldbuße von 28.048.000 Euro einzeln und von 86.738.000 Euro gesamtschuldnerisch mit Panasonic und ihrem gemeinsamen Tochterunternehmen MTPD.

Teilerfolg für Toshiba vor EuG

Auf Nichtigkeitsklagen gegen den Beschluss der Kommission hin hob das Gericht der Europäischen Union mit Urteilen vom 09.09.2015 (BeckRS 2016, 80146 und BeckRS 2016, 80256) die gegen Toshiba einzeln verhängte Geldbuße von 28.048.000 Euro auf und setzte die gegen Toshiba gesamtschuldnerisch mit Panasonic/MTPD verhängte Geldbuße von 86.738.000 Euro auf 82.826.000 Euro herab. Im Wesentlichen war das Gericht der Auffassung, die Kommission habe rechtlich nicht hinreichend bewiesen, dass Toshiba zwischen dem 16.05.2000 (dem Zeitpunkt, zu dem die Beteiligung von Toshiba an dem Kartell begonnen haben soll) und dem 31.03.2003 (Zeitpunkt der Gründung von MTPD) vom Bestehen des CPT-Kartells Kenntnis hatte oder tatsächlich informiert wurde und dass das Unternehmen durch sein eigenes Verhalten zu sämtlichen von den Kartellbeteiligten verfolgen gemeinsamen Zielen beitragen wollte.

Aufhebung des Urteils beantragt

Da Toshiba der Ansicht ist, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, während der gesamten Dauer des Kartells einen bestimmenden Einfluss auf MTPD auszuüben, und dass sie daher für die von MTPD begangene Zuwiderhandlung nicht zur Verantwortung gezogen werden könne, beantragt sie beim EuGH die Aufhebung des Urteils des Gerichts und der gesamtschuldnerisch verhängten Geldbuße.

EuGH geht von bestimmendem Einfluss auf Tochterunternehmen aus

Der EuGH hat das Rechtsmittel Toshibas zurückgewiesen und die gesamtschuldnerisch gegen Toshiba und Panasonic/MTPD verhängte Geldbuße in Höhe von über 82 Millionen Euro bestätigt. Das EuG habe zutreffend entschieden, dass, wenn das Marktverhalten eines gemeinsamen Tochterunternehmens (hier: MTPD) nach gesetzlichen Bestimmungen oder vertraglichen Regelungen von mehreren Muttergesellschaften (hier: Toshiba und Panasonic) gemeinsam festgelegt werden müsse, vernünftigerweise angenommen werden könne, dass dieses Verhalten tatsächlich gemeinsam festgelegt wurde, sodass, wenn das Gegenteil nicht bewiesen sei, davon auszugehen sei, dass die Muttergesellschaften einen bestimmenden Einfluss auf ihr Tochterunternehmen ausgeübt hätten.

Richter verweisen auf Vetorecht

Des Weiteren habe das Gericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass Toshiba während der gesamten Zeit des Bestehens von MTPD ein Vetorecht gegen den Geschäftsplan besessen habe und dass der Besitz eines solchen Vetorechts bereits zur Begründung der Annahme ausreiche, dass Toshiba tatsächlich gemeinsam mit Panasonic einen bestimmenden Einfluss auf dieses Unternehmen ausgeübt habe. Entgegen dem Vorbringen Toshibas brauchte das Gericht nach Auffassung des EuGH daher nicht zu ermitteln, ob Toshiba Einfluss auf die operationelle Geschäftsleitung von MTPD genommen hat, um zu der Schlussfolgerung zu gelangen, dass zwischen diesen beiden Gesellschaften eine wirtschaftliche Einheit bestand.

Verwaltungsrat-Ernennung spricht für bestimmenden Einfluss Toshibas

Außerdem lasse der bloße Umstand, dass Toshiba von seinem Vetorecht nie Gebrauch gemacht hat, nicht den Schluss zu, dass es keinen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten von MTPD ausgeübt habe. Der Gerichtshof bestätigt auch die Beurteilung des Gerichts, wonach die Möglichkeit einer Muttergesellschaft (Toshiba), ihrer Tochtergesellschaft (MTPD) zu verbieten, Entscheidungen zu treffen, die gemessen am Kapital dieser Tochtergesellschaft relativ niedrige Ausgaben implizieren, darauf hinweist, dass die Muttergesellschaft in der Lage ist, einen bestimmenden Einfluss auf diese Tochtergesellschaft auszuüben. Schließlich habe das Gericht zu Recht angenommen, dass die Ernennung eines der beiden zur Vertretung von MTPD befugten Verwaltungsratsmitglieder (nämlich des Vizepräsidenten dieses Unternehmens) ein Hinweis darauf sei, dass Toshiba in der Lage war, einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten von MTPD auszuüben.

EuGH, Urteil vom 18.01.2017 - C-623/15

Redaktion beck-aktuell, 18. Januar 2017.