Freistellung einer Beamtin auf Zeit abgelehnt
Eine Arbeitnehmerin, die seit mehreren Jahren bei der Verwaltung der Autonomen Gemeinschaft Asturien tätig war, wurde am 15.04.2011 von dieser Verwaltung zur Beamtin auf Zeit ernannt, um einen abgeordneten Lebenszeitbeamten zu vertreten. Bei den im Mai 2015 abgehaltenen Wahlen zur Junta General del Principado de Asturias (Regionalparlament der Autonomen Gemeinschaft Asturien, Spanien) wurde die Arbeitnehmerin zur Parlamentsabgeordneten gewählt. Um ihren parlamentarischen Aufgaben in Vollzeit nachkommen zu können, beantragte sie im Juni 2015 bei der Regionalverwaltung einen nach einem spanischen Gesetz vorgesehenen Sonderurlaub oder einen Urlaub aus persönlichen Gründen. Ihr Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, Sonderurlaub und Urlaub aus persönlichen Gründen könnten nur Lebenszeitbeamte nehmen, nicht aber Beamte auf Zeit. Nach dem spanischen Gesetz haben Lebenszeitbeamte einen Anspruch darauf, dass ihre Stelle und ihr ursprünglicher Arbeitsplatz erhalten bleiben und dass ihnen die Zeit, während der sie sich in einer solchen Situation befinden, bei der Dienstalterszulage (Dreijahreszulage) und beim Vorrücken in der persönlichen Besoldungsgruppe angerechnet wird.
EU-Rahmenvereinbarung soll Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse verbessern
Die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (im Anhang der RL 1999/70/EG) soll unter anderem durch Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse verbessern. Sie sieht vor, dass befristet beschäftige Arbeitnehmer in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil für sie ein befristetes Arbeitsverhältnis gilt, gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden dürfen, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.
Nationales Gericht: Grundsatz der Nichtdiskriminierung möglicherweise verletzt
Nach Ansicht des Regionalen Verwaltungsgerichts Nr. 1, Oviedo, Spanien, bei dem die Rechtssache anhängig ist, ist die Befristung der von einem Zeitbeamten ausgeübten Aufgaben für sich genommen kein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung, die diesem Zeitbeamten das Recht nehme, seine Stelle nach Beendigung seines Parlamentsmandats wieder einzunehmen. Es sei nämlich nicht ausgeschlossen, dass die Sachlage, die die befristete Einstellung dieses Zeitbeamten gerechtfertigt habe, nach Ablauf seines Parlamentsmandats fortbestehe. Das spanische Gericht fragt sich, ob der Begriff "Beschäftigungsbedingungen" den Anspruch eines Arbeitnehmers umfasst, dienstlich so gestellt zu werden, dass er das Arbeitsverhältnis aussetzen darf, um sich der Ausübung eines ihm durch eine Wahl verliehenen politischen Mandats zu widmen. Es stelle sich auch die Frage, ob die durch das spanische Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung von Beamten auf Zeit und Lebenszeitbeamten mit dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung vereinbar ist.
Anspruch auf Sonderurlaub fällt unter "Beschäftigungsbedingungen"
Der EuGH hat entschieden, dass der Begriff "Beschäftigungsbedingungen" den Anspruch eines in ein parlamentarisches Amt gewählten Arbeitnehmers auf einen von der nationalen Regelung vorgesehenen Sonderurlaub umfasst, bei dem das Arbeitsverhältnis in der Weise ausgesetzt wird, dass der Fortbestand der Stelle dieses Arbeitnehmers sowie seine Beförderungsrechte bis zum Ablauf des Parlamentsmandats sichergestellt werden. Er betont, dass unter den Begriff "Beschäftigungsbedingungen" die Rechte, Ansprüche und Pflichten fallen, die ein bestimmtes Arbeitsverhältnis ausmachen, einschließlich der Bedingungen, unter denen eine Person eine Beschäftigung aufnimmt, und der Bedingungen für die Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses. Eine Entscheidung, mit der der in Rede stehende Sonderurlaub gewährt werde, und die die Aussetzung bestimmter Aspekte des Arbeitsverhältnisses mit sich bringe, während andere Aspekte fortdauern, sei daher so anzusehen, dass sie unter den Begriff "Beschäftigungsbedingungen" fällt. Die Entscheidung, einem Arbeitnehmer einen solchen Sonderurlaub zu gewähren, werde zum einen zwangsläufig aufgrund des Arbeitsverhältnisses getroffen, in dem er zum Arbeitgeber steht. Zum anderen führe der in Rede stehende Sonderurlaub nicht nur zur Aussetzung des Arbeitsverhältnisses, sondern ermögliche es auch, den ursprünglichen Arbeitsplatz des Arbeitnehmers bis zu seiner Wiedereingliederung nach Ende seines Parlamentsmandats zu erhalten, wobei die Berücksichtigung der Dauer dieses Mandats bei der Berechnung der Dienstalterszulage und beim Vorrücken in der persönlichen Besoldungsgruppe sichergestellt werde. Der Gerichtshof habe bereits ausdrücklich anerkannt, dass diese Aspekte unter den Begriff "Beschäftigungsbedingungen" fallen. Zudem liefe eine Auslegung der Rahmenvereinbarung, nach der der Anspruch auf Sonderurlaub nicht in den Anwendungsbereich des Begriffs "Beschäftigungsbedingungen" fiele, jedenfalls darauf hinaus, den Umfang des befristet beschäftigten Arbeitnehmern gewährten Schutzes vor Diskriminierungen entgegen dem Ziel dieser Rahmenvereinbarung einzuschränken.
Rahmenvereinbarung steht spanischer Regelung entgegen
Der Gerichtshof stellt ferner fest, dass die Rahmenvereinbarung einer Regelung wie der hier in Rede stehenden entgegensteht, die es ausnahmslos ausschließt, einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer zur Ausübung eines politischen Mandats eine Beurlaubung zu gewähren, bei der das Arbeitsverhältnis bis zum Zeitpunkt seiner Wiedereingliederung nach Ablauf des Mandats ausgesetzt wird, während Dauerbeschäftigten dieses Recht zusteht. Was die Gewährung des in Rede stehenden Sonderurlaubs angeht, liege zwischen befristet beschäftigten Arbeitnehmern und Dauerbeschäftigten eine Ungleichbehandlung vor, da ein Beamter auf Zeit, der anders als ein Lebenszeitbeamter keinen Anspruch auf diese Beurlaubung hat, seine Arbeitsstelle aufgeben muss, um ein politisches Mandat ausüben zu können. Die Feststellung, ob sich die Arbeitnehmerin in einer vergleichbaren Situation befindet wie die bei derselben Behörde während desselben Zeitraums unbefristet eingestellten Arbeitnehmer, obliege dem spanischen Gericht. Sei dies der Fall und werde daher eine Ungleichbehandlung festgestellt, werde es zu prüfen haben, ob diese durch das Vorliegen sachlicher Gründe gerechtfertigt werden kann.
Jedenfalls ausnahmslose Verweigerung von Sonderurlaub für befristet Beschäftigte unzulässig
Der Gerichtshof kommt in seinem Urteil zu dem Schluss, dass jedenfalls die ausnahmslose Weigerung, befristet beschäftigten Arbeitnehmern einen Anspruch auf den in Rede stehenden Sonderurlaub zu gewähren, für das vom spanischen Gesetz verfolgte Ziel, nämlich den Fortbestand der Stelle und der Beförderungsrechte Dauerbeschäftigter (konkret, als Mandatsträger tätiger Lebenszeitbeamter) nicht unverzichtbar erscheint. Das Regionale Verwaltungsgericht habe nämlich selbst festgestellt, dass es vollkommen denkbar sei, befristet beschäftigten Arbeitnehmern mit dem gleichen Mandat einen Anspruch auf einen solchen Sonderurlaub zu gewähren, bei dem das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf des Mandats ausgesetzt wird (und die anschließende Wiedereingliederung in ihre Stelle sichergestellt ist, sofern diese zwischenzeitlich nicht gestrichen oder mit einem Lebenszeitbeamten besetzt wurde).