EuGH: Entschädigung für verspäteten Flug auch bei Zwischenlandung außerhalb der EU

Ein Ausgleichsanspruch wegen großer Verspätung eines Fluges besteht auch bei Flügen mit Anschlussflügen in einen Drittstaat mit Zwischenlandung außerhalb der EU. Dies hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 31.05.2018 klargestellt. Wie das Gericht zudem betonte, ändere ein Wechsel des Fluggeräts bei der Zwischenlandung nichts daran, dass zwei oder mehr Flüge, die Gegenstand einer einzigen Buchung waren, als als ein einziger Flug mit Anschlussflügen anzusehen sind (Az.: C-537/17).

Flug mit Zwischenlandung und Umsteigen in Casablanca

Im zugrundeliegenden Fall buchte Claudia Wegener bei Royal Air Maroc einen Flug von Berlin (Deutschland) nach Agadir (Marokko) mit Zwischenlandung und Umsteigen in Casablanca (Marokko). Als sie sich in Casablanca am Flugsteig der Maschine nach Agadir einfand, verweigerte ihr die Royal Air Maroc die Beförderung mit der Begründung, dass ihr Sitzplatz anderweitig vergeben worden sei. Wegener flog schließlich mit einer anderen Maschine der Royal Air Maroc und erreichte Agadir vier Stunden später als ursprünglich vorgesehen.

LG Berlin bat EuGH um Auslegung der Verordnung

Wegener begehrt eine Ausgleichsleistung wegen dieser Verspätung. Royal Air Maroc lehnt eine Leistung jedoch ab, weil Frau Wegener keinen Ausgleichsanspruch nach der Unionsverordnung über die Rechte von Fluggästen (VO (EG) Nr. 261/2004) habe. Die Verordnung gilt nicht für Flüge, die vollständig außerhalb der Europäischen Union erfolgen. Da die Flughäfen von Casablanca und Agadir in Marokko liegen, hing die Anwendbarkeit der Verordnung im entschiedenen Fall davon ob, ob die beiden Flüge (Berlin ‒ Casablanca und Casablanca ‒ Agadir), die Gegenstand einer einzigen Buchung waren, als ein einziger Flug (mit Anschlussflug) mit Abflugort in einem Mitgliedstaat (Deutschland) anzusehen oder ob sie getrennt zu betrachten sind. Vor diesem Hintergrund ersuchte das Landgericht Berlin, bei dem Wegener Klage erhoben hat, den EuGH um Auslegung der Verordnung.

EuGH: Ein einziger Flug mit Anschlussflügen

Nach Auffassung des EuGH geht aus der Verordnung und der Rechtsprechung (NJW 2013, 1291) hervor, dass zwei (oder mehr) Flüge, die wie im vorliegenden Fall Gegenstand einer einzigen Buchung waren, in Bezug auf den Ausgleichsanspruch von Fluggästen eine Gesamtheit darstellen. Diese Flüge seien somit als ein und derselbe Flug mit Anschlussflügen anzusehen. Auf diese Einstufung wirke sich nicht aus, wenn bei einem Flug mit Anschlussflügen das Fluggerät gewechselt wird. Die Verordnung enthalte nämlich keine Bestimmungen, wonach die Einstufung als Flug mit Anschlussflügen davon abhängt, dass alle Flüge, die der Flug umfasst, mit demselben Fluggerät erfolgen. Ein Beförderungsvorgang wie der im vorliegenden Fall sei demnach insgesamt als ein einziger Flug mit Anschlussflügen zu betrachten und unterliege somit der Verordnung, entschied das Gericht.

EuGH, Urteil vom 31.05.2018 - C-537/17

Redaktion beck-aktuell, 1. Juni 2018.

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