Niederländische Unternehmen verweigerten Daten-Weitergabe an belgische Gesellschaft
Die belgische Gesellschaft European Directory Assistance NV (EDA), die vom belgischen Hoheitsgebiet aus Auskunftsdienste und Teilnehmerverzeichnisse anbietet, beantragte bei Unternehmen, die Teilnehmern in den Niederlanden Telefonnummern zuweisen (Tele2, Ziggo und Vodafone Libertel), ihr ihre Teilnehmerdaten zur Verfügung zu stellen. Dabei berief sie sich auf eine Verpflichtung in einer niederländischen Rechtsvorschrift, mit der die europäische Universaldienstrichtlinie (RL 2002/22/EG) umgesetzt wird. Da die niederländischen Unternehmen der Ansicht waren, dass sie nicht verpflichtet seien, die betreffenden Daten einem Unternehmen aus einem anderen Mitgliedstaat zu überlassen, lehnten sie dies ab.
Diskriminierungsverbot versus Schutz des Privatlebens
Das mit dem Rechtsstreit befasste College van Beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsgericht für Wirtschaftssachen, Niederlande) möchte vom EuGH wissen, ob ein Unternehmen verpflichtet ist, die Daten seiner Teilnehmer einem Anbieter von Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen aus einem anderen Mitgliedstaat zu überlassen, und, wenn ja, ob es den Teilnehmern freigestellt werden muss, ihre Einwilligung davon abhängig zu machen, in welchem Land das Unternehmen, das die Daten anfordert, seine Dienste anbietet. Insoweit stelle sich die Frage, wie die Beachtung des Diskriminierungsverbots und der Schutz des Privatlebens gegeneinander abzuwägen seien.
EuGH: Universaldienstrichtlinie erfasst alle zumutbaren Anträge
Nach Auffassung des EuGH erstreckt sich die Universaldienstrichtlinie auf alle Anträge, die von einem Unternehmen gestellt werden, das in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist. Schon aus dem Wortlaut von Art. 25 Abs. 2 RL 2002/22/EG gehe nämlich hervor, dass er alle zumutbaren Anträge erfasst, die zum Zweck der Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen gestellt werden. Außerdem schreibe er vor, dass die Informationen zu nichtdiskriminierenden Bedingungen zur Verfügung zu stellen sind.
Beschränkung wäre mit Diskriminierungsverbot nicht vereinbar
Dieser Artikel unterscheide somit nicht danach, ob der Antrag von einem Unternehmen gestellt wird, das im selben Mitgliedstaat ansässig ist wie das Unternehmen, an das sich der Antrag richtet, oder von einem Unternehmen aus einem anderen Mitgliedstaat. Das Fehlen einer solchen Unterscheidung stehe im Einklang mit dem Ziel der Richtlinie, das unter anderem darin bestehe, die Verfügbarkeit unionsweiter hochwertiger öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt zu gewährleisten. Außerdem wäre eine allein auf der Ansässigkeit der Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat beruhende Weigerung, ihnen die Teilnehmerdaten zur Verfügung zu stellen, mit dem Diskriminierungsverbot unvereinbar.
Verwendungszweck entscheidend
In Bezug auf die Frage, ob es den Teilnehmern freigestellt werden muss, ihre Einwilligung davon abhängig zu machen, in welchem Land das Unternehmen, das die Daten anfordert, seine Dienste anbietet, verweist der Gerichtshof auf seine frühere Rechtsprechung (EuZW 2011, 484). Wenn ein Teilnehmer, der von dem Unternehmen, das ihm eine Telefonnummer zugewiesen hat, von der Möglichkeit der Weitergabe seiner personenbezogenen Daten an ein drittes Unternehmen zur Veröffentlichung in einem öffentlichen Teilnehmerverzeichnis informiert wurde und dieser Veröffentlichung zugestimmt hat, müsse er in die Weitergabe derselben Daten an ein anderes Unternehmen nicht erneut einwilligen, sofern gewährleistet sei, dass die betreffenden Daten nicht für andere Zwecke als diejenigen verwendet werden, für die sie im Hinblick auf ihre erste Veröffentlichung erhoben wurden.
Recht auf Schutz personenbezogener Daten gewahrt
Unter diesen Umständen könne nämlich die ohne erneute Zustimmung dieses Teilnehmers vorgenommene Weitergabe derselben Daten an ein anderes Unternehmen, das ein öffentliches Teilnehmerverzeichnis veröffentlichen möchte, das in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Recht auf Schutz personenbezogener Daten nicht in seinem Wesensgehalt antasten.
Erforderlicher Schutz EU-weit gewährleistet
Der EuGH stellte überdies fest, dass ein Unternehmen, das öffentlich zugängliche Auskunftsdienste und Teilnehmerverzeichnisse anbietet, unabhängig davon, wo es in der Union ansässig ist, in einem weitgehend harmonisierten Rechtsrahmen tätig wird, der es ermöglicht, die Einhaltung der Anforderungen im Bereich des Schutzes personenbezogener Teilnehmerdaten unionsweit gleichermaßen sicherzustellen. Folglich sei es für das Unternehmen, das seinen Teilnehmern Telefonnummern zuweist, nicht angezeigt, das an den Teilnehmer gerichtete Ersuchen um Einwilligung so zu formulieren, dass er bei seiner Einwilligung danach differenziert, in welchen Mitgliedstaat die ihn betreffenden Daten übermittelt werden können.