EuGH: Auch Drei-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren mit Co-Bran­ding-Ver­ein­ba­rung un­ter­lie­gen Be­gren­zun­gen für In­ter­ban­ken­ent­gel­te

Ein Drei-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren, das einen Co-Bran­ding-Part­ner oder Ver­tre­ter ein­be­zieht, un­ter­liegt im Be­reich der In­ter­ban­ken­ent­gel­te den glei­chen Be­schrän­kun­gen wie Vier-Par­tei­en-Ver­fah­ren. Der bloße Um­stand, dass sich ein Drei-Par­tei­en-Ver­fah­ren eines Co-Bran­ding-Part­ners be­dient, führt aber, an­ders als bei der Ein­be­zie­hung eines Ver­tre­ters, nicht zwangs­läu­fig dazu, dass die Zu­gangs­an­for­de­run­gen für die­ses Ver­fah­ren gel­ten. Dies hat der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Union mit Ur­tei­len vom 07.02.2018 ent­schie­den (Az.: C-304/16 und C-643/16).

Zwei Mo­del­le: Drei-Par­tei­en- und Vier-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren

Für Kar­ten­zah­lun­gen gibt es zwei Mo­del­le, die Drei-Par­tei­en-Ver­fah­ren und die Vier-Par­tei­en-Ver­fah­ren. An Letz­te­ren sind vier Par­tei­en be­tei­ligt: Die Zah­lun­gen er­fol­gen vom Konto des Ver­brau­chers auf das Konto des Händ­lers unter Be­tei­li­gung der kar­ten­aus­ge­ben­den Bank des Ver­brau­chers und der ak­qui­rie­ren­den Bank, die dem Händ­ler die Diens­te be­reit­stellt, damit die Karte ak­zep­tiert wer­den kann. Bei den Vier-Par­tei­en-Ver­fah­ren wer­den mit­tels des Kar­ten­zahl­ver­fah­rens, eines Emit­ten­ten (auf der Seite des Zah­lers) und eines Acqui­rers (auf der Seite des Zah­lungs­emp­fän­gers) vom Zah­lungs­kon­to eines Zah­lers kar­ten­ge­bun­de­ne Zah­lungs­vor­gän­ge auf das Zah­lungs­kon­to eines Zah­lungs­emp­fän­gers ge­leis­tet. Bei einem Drei-Par­tei­en-Ver­fah­ren er­bringt hin­ge­gen das Kar­ten­zahl­ver­fah­ren selbst An­nah­me- und Ab­rech­nungs- sowie Kar­ten­aus­ga­be­diens­te, und kar­ten­ge­bun­de­ne Zah­lungs­vor­gän­ge er­fol­gen vom Zah­lungs­kon­to eines Zah­lers auf das Zah­lungs­kon­to eines Zah­lungs­emp­fän­gers in­ner­halb des Ver­fah­rens.

Drei-Par­tei­en-Ver­fah­ren mit Co-Bran­ding-Ver­ein­ba­rung als Vier-Par­tei­en-Ver­fah­ren zu be­han­deln

Ame­ri­can Ex­press be­treibt ein Drei-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren. Gibt ein Drei-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren ge­mein­sam mit einem Co-Bran­ding-Part­ner ("Er­wei­te­rung durch Co-Bran­ding") oder mit­tels eines Ver­tre­ters ("Er­wei­te­rung durch Ver­tre­tung") kar­ten­ge­bun­de­ne Zah­lungs­in­stru­men­te her­aus, wird es nach der Ver­ord­nung (EU) 2015/751 über In­ter­ban­ken­ent­gel­te für kar­ten­ge­bun­de­ne Zah­lungs­vor­gän­ge als Vier-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren be­trach­tet. Das In­ter­ban­ken­ent­gelt ist ein Ent­gelt, das bei einem kar­ten­ge­bun­de­nen Zah­lungs­vor­gang für jede di­rek­te oder in­di­rek­te (über einen Drit­ten vor­ge­nom­me­ne) Trans­ak­ti­on zwi­schen dem Emit­ten­ten und dem Acqui­rer ge­zahlt wird. Der Be­trag der In­ter­ban­ken­ent­gel­te wird durch die Ver­ord­nung be­grenzt.

Muss Co-Bran­ding-Part­ners für An­nah­me eines Vier-Par­tei­en-Ver­fah­ren als Emit­tent han­deln?

Ame­ri­can Ex­press hat eine Klage auf rich­ter­li­che Über­prü­fung der An­wen­dung der Ver­ord­nung auf Drei-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren, die einen Co-Bran­ding-Part­ner oder Ver­tre­ter ein­be­zie­hen, ein­ge­reicht. Das bri­ti­sche Vor­la­ge­ge­richt woll­te in der Rechts­sa­che C-304/16 vom EuGH wis­sen, ob ein Co-Bran­ding-Part­ner oder ein Ver­tre­ter wie ein Emit­tent han­deln müsse, damit ein Drei-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren als Vier-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren zu be­trach­ten sei und folg­lich den in der Ver­ord­nung vor­ge­se­he­nen Ober­gren­zen für In­ter­ban­ken­ent­gel­te un­ter­lie­ge.

Vor­schrif­ten über Zu­gang zu Zah­lungs­sys­te­men auf Drei-Par­tei­en-Ver­fah­ren mit Co-Bran­ding-Ver­ein­ba­rung an­wend­bar?

Die Rechts­sa­che C-643/16 be­trifft die Richt­li­nie (EU) 2015/2366 über Zah­lungs­diens­te, in der unter an­de­rem vor­ge­se­hen ist, dass die Vor­schrif­ten für den Zu­gang von Zah­lungs­dienst­leis­tern zu Zah­lungs­sys­te­men ob­jek­tiv, nicht dis­kri­mi­nie­rend und ver­hält­nis­mä­ßig sein müs­sen. Au­ßer­dem dür­fen die Zah­lungs­sys­te­me den Zah­lungs­dienst­leis­tern keine re­strik­ti­ven Re­geln in Bezug auf die ef­fek­ti­ve Teil­nah­me an an­de­ren Zah­lungs­sys­te­men, keine dis­kri­mi­nie­ren­den Re­geln und keine Be­schrän­kun­gen, die auf den Sta­tus des In­sti­tuts ab­stel­len, auf­er­le­gen. In die­ser Rechts­sa­che woll­te das bri­ti­sche Vor­la­ge­ge­richt wis­sen, ob ein Drei-Par­tei­en-Zah­lungs­sys­tem wie Ame­ri­can Ex­press, das Ver­ein­ba­run­gen über Co-Bran­ding ab­schlie­ßt oder sich eines Agen­ten be­dient, den in die­ser Richt­li­nie vor­ge­se­he­nen Zu­gangs­ver­pflich­tun­gen un­ter­liegt, wenn der Co-Bran­ding-Part­ner selbst keine Zah­lungs­diens­te in die­sem Sys­tem er­bringt oder wenn der Agent im Namen des Sys­tems han­delt, um Zah­lungs­diens­te zu er­brin­gen.

EuGH: Vier-Par­tei­en-Ver­fah­ren auch bei Nicht­be­tei­li­gung des Co-Bran­ding-Part­ners an Kar­ten­aus­ga­be

In der Rechts­sa­che C-304/16 hat der EuGH die Vor­la­ge­fra­ge ver­neint. Schlie­ße ein Drei-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren eine Ver­ein­ba­rung über Co-Bran­ding oder eine Ver­ein­ba­rung mit einem Ver­tre­ter, sei es als Vier-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren zu be­trach­ten, so­dass es den in der Ver­ord­nung vor­ge­se­he­nen Ober­gren­zen für In­ter­ban­ken­ent­gel­te un­ter­lie­ge. Weder aus dem Wort­laut noch aus der Sys­te­ma­tik der Ver­ord­nung gehe her­vor, dass der Co-Bran­ding-Part­ner oder Ver­tre­ter an der Kar­ten­aus­ga­be be­tei­ligt sein müsse, damit ein Drei-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren als Vier-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren zu be­trach­ten sei. Hätte der Uni­ons­ge­setz­ge­ber den An­wen­dungs­be­reich der Ver­ord­nung der­ge­stalt be­schrän­ken wol­len, hätte er dies aus­drück­lich vor­se­hen kön­nen.

Ziel glei­cher Wett­be­werbs­be­din­gun­gen wäre an­de­ren­falls ge­fähr­det

Der EuGH weist dar­auf hin, dass mit der Re­gu­lie­rung der In­ter­ban­ken­ent­gel­te das Funk­tio­nie­ren des Bin­nen­markts ver­bes­sert und zur Ver­rin­ge­rung der Trans­ak­ti­ons­kos­ten für die Ver­brau­cher bei­ge­tra­gen wer­den solle. Es sei nicht aus­zu­schlie­ßen, dass eine be­stimm­te Art der Ge­gen­leis­tung oder des Vor­teils als im­pli­zi­tes In­ter­ban­ken­ent­gelt ein­ge­stuft wer­den könne, ohne dass der Co-Bran­ding-Part­ner oder der Ver­tre­ter, mit dem das Drei-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren eine Ver­ein­ba­rung schlie­ße, not­wen­di­ger­wei­se an des­sen Kar­ten­aus­ga­be be­tei­ligt sein müsse. Daher könn­te es sich als schwie­rig er­wei­sen, die Ziele der Ver­ord­nung, ins­be­son­de­re das Ziel der Ge­währ­leis­tung glei­cher Wett­be­werbs­be­din­gun­gen auf dem Markt, zu er­rei­chen, wenn die Sach­ver­hal­te, in denen der Co-Bran­ding-Part­ner oder der Ver­tre­ter nicht als Emit­tent hand­le, aus die­sem Grund von ihren Re­geln in Bezug auf das In­ter­ban­ken­ent­gelt aus­zu­neh­men wären.

Zu­gangs­an­for­de­run­gen gel­ten für Drei-Par­tei­en-Ver­fah­ren mit Co-Bran­ding-Ver­ein­ba­rung nicht immer

In der Rechts­sa­che C-643/16 führt der EuGH aus, dass ein Drei-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren, das eine Ver­ein­ba­rung über Co-Bran­ding ab­ge­schlos­sen habe, nicht den in der Richt­li­nie vor­ge­se­he­nen Zu­gangs­an­for­de­run­gen un­ter­wor­fen sei, wenn der Co-Bran­ding-Part­ner kein Zah­lungs­dienst­leis­ter sei und hin­sicht­lich des Pro­dukt­an­ge­bots des Co-Bran­dings keine Zah­lungs­diens­te in die­sem Ver­fah­ren er­brin­ge. Ein Drei-Par­tei­en-Kar­ten­zahl­ver­fah­ren, das sich für die Er­brin­gung von Zah­lungs­diens­ten eines Agen­ten be­die­ne, un­ter­lie­ge hin­ge­gen den in der Richt­li­nie vor­ge­se­he­nen Zu­gangs­an­for­de­run­gen.

EuGH, Urteil vom 07.02.2018 - C-304/16

Redaktion beck-aktuell, 7. Februar 2018.

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