Zwei Modelle: Drei-Parteien- und Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren
Für Kartenzahlungen gibt es zwei Modelle, die Drei-Parteien-Verfahren und die Vier-Parteien-Verfahren. An Letzteren sind vier Parteien beteiligt: Die Zahlungen erfolgen vom Konto des Verbrauchers auf das Konto des Händlers unter Beteiligung der kartenausgebenden Bank des Verbrauchers und der akquirierenden Bank, die dem Händler die Dienste bereitstellt, damit die Karte akzeptiert werden kann. Bei den Vier-Parteien-Verfahren werden mittels des Kartenzahlverfahrens, eines Emittenten (auf der Seite des Zahlers) und eines Acquirers (auf der Seite des Zahlungsempfängers) vom Zahlungskonto eines Zahlers kartengebundene Zahlungsvorgänge auf das Zahlungskonto eines Zahlungsempfängers geleistet. Bei einem Drei-Parteien-Verfahren erbringt hingegen das Kartenzahlverfahren selbst Annahme- und Abrechnungs- sowie Kartenausgabedienste, und kartengebundene Zahlungsvorgänge erfolgen vom Zahlungskonto eines Zahlers auf das Zahlungskonto eines Zahlungsempfängers innerhalb des Verfahrens.
Drei-Parteien-Verfahren mit Co-Branding-Vereinbarung als Vier-Parteien-Verfahren zu behandeln
American Express betreibt ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren. Gibt ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren gemeinsam mit einem Co-Branding-Partner ("Erweiterung durch Co-Branding") oder mittels eines Vertreters ("Erweiterung durch Vertretung") kartengebundene Zahlungsinstrumente heraus, wird es nach der Verordnung (EU) 2015/751 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet. Das Interbankenentgelt ist ein Entgelt, das bei einem kartengebundenen Zahlungsvorgang für jede direkte oder indirekte (über einen Dritten vorgenommene) Transaktion zwischen dem Emittenten und dem Acquirer gezahlt wird. Der Betrag der Interbankenentgelte wird durch die Verordnung begrenzt.
Muss Co-Branding-Partners für Annahme eines Vier-Parteien-Verfahren als Emittent handeln?
American Express hat eine Klage auf richterliche Überprüfung der Anwendung der Verordnung auf Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, die einen Co-Branding-Partner oder Vertreter einbeziehen, eingereicht. Das britische Vorlagegericht wollte in der Rechtssache C-304/16 vom EuGH wissen, ob ein Co-Branding-Partner oder ein Vertreter wie ein Emittent handeln müsse, damit ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten sei und folglich den in der Verordnung vorgesehenen Obergrenzen für Interbankenentgelte unterliege.
Vorschriften über Zugang zu Zahlungssystemen auf Drei-Parteien-Verfahren mit Co-Branding-Vereinbarung anwendbar?
Die Rechtssache C-643/16 betrifft die Richtlinie (EU) 2015/2366 über Zahlungsdienste, in der unter anderem vorgesehen ist, dass die Vorschriften für den Zugang von Zahlungsdienstleistern zu Zahlungssystemen objektiv, nicht diskriminierend und verhältnismäßig sein müssen. Außerdem dürfen die Zahlungssysteme den Zahlungsdienstleistern keine restriktiven Regeln in Bezug auf die effektive Teilnahme an anderen Zahlungssystemen, keine diskriminierenden Regeln und keine Beschränkungen, die auf den Status des Instituts abstellen, auferlegen. In dieser Rechtssache wollte das britische Vorlagegericht wissen, ob ein Drei-Parteien-Zahlungssystem wie American Express, das Vereinbarungen über Co-Branding abschließt oder sich eines Agenten bedient, den in dieser Richtlinie vorgesehenen Zugangsverpflichtungen unterliegt, wenn der Co-Branding-Partner selbst keine Zahlungsdienste in diesem System erbringt oder wenn der Agent im Namen des Systems handelt, um Zahlungsdienste zu erbringen.
EuGH: Vier-Parteien-Verfahren auch bei Nichtbeteiligung des Co-Branding-Partners an Kartenausgabe
In der Rechtssache C-304/16 hat der EuGH die Vorlagefrage verneint. Schließe ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren eine Vereinbarung über Co-Branding oder eine Vereinbarung mit einem Vertreter, sei es als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten, sodass es den in der Verordnung vorgesehenen Obergrenzen für Interbankenentgelte unterliege. Weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik der Verordnung gehe hervor, dass der Co-Branding-Partner oder Vertreter an der Kartenausgabe beteiligt sein müsse, damit ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten sei. Hätte der Unionsgesetzgeber den Anwendungsbereich der Verordnung dergestalt beschränken wollen, hätte er dies ausdrücklich vorsehen können.
Ziel gleicher Wettbewerbsbedingungen wäre anderenfalls gefährdet
Der EuGH weist darauf hin, dass mit der Regulierung der Interbankenentgelte das Funktionieren des Binnenmarkts verbessert und zur Verringerung der Transaktionskosten für die Verbraucher beigetragen werden solle. Es sei nicht auszuschließen, dass eine bestimmte Art der Gegenleistung oder des Vorteils als implizites Interbankenentgelt eingestuft werden könne, ohne dass der Co-Branding-Partner oder der Vertreter, mit dem das Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren eine Vereinbarung schließe, notwendigerweise an dessen Kartenausgabe beteiligt sein müsse. Daher könnte es sich als schwierig erweisen, die Ziele der Verordnung, insbesondere das Ziel der Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt, zu erreichen, wenn die Sachverhalte, in denen der Co-Branding-Partner oder der Vertreter nicht als Emittent handle, aus diesem Grund von ihren Regeln in Bezug auf das Interbankenentgelt auszunehmen wären.
Zugangsanforderungen gelten für Drei-Parteien-Verfahren mit Co-Branding-Vereinbarung nicht immer
In der Rechtssache C-643/16 führt der EuGH aus, dass ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, das eine Vereinbarung über Co-Branding abgeschlossen habe, nicht den in der Richtlinie vorgesehenen Zugangsanforderungen unterworfen sei, wenn der Co-Branding-Partner kein Zahlungsdienstleister sei und hinsichtlich des Produktangebots des Co-Brandings keine Zahlungsdienste in diesem Verfahren erbringe. Ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, das sich für die Erbringung von Zahlungsdiensten eines Agenten bediene, unterliege hingegen den in der Richtlinie vorgesehenen Zugangsanforderungen.