Rabattwerbung vor dem EuGH: Wenn das "Preis-Highlight" kein Highlight ist
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Wenn der Tiefpreis bloß der Tiefpreis der vergangenen zwei Tage ist, liest er sich gleich weniger verlockend. Am Donnerstag entscheidet der EuGH zur Frage, wie Unternehmen ihre Rabatte bewerben dürfen. Stefan Weidert erklärt, worum sich der Streit dreht.

Werbung mit Preis-Reduzierungen und Rabatten gehören mittlerweile zum Alltag und fast immer findet irgendwo ein "Sale" statt. Nachdem die Werbung mit Zugaben und Rabatten in Deutschland zunächst relativ streng in der ZugabeVO und dem RabattG geregelt war, führte deren Aufhebung im Jahr 2001 nicht selten zu "Rabatt-Schlachten", insbesondere an Tagen wie dem sogenannten Black Friday. Und sie haben mitunter große Wirkung auf Verbraucherinnen und Verbraucher. In jüngerer Zeit hat dann der europäische Gesetzgeber versucht, dem entgegenzuwirken, und zwar insbesondere durch erweiterte Vorgaben in Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 der EU-Richtlinie 98/6 (sogenannte Preisangabenrichtlinie, PAngRL), die in Deutschland durch § 11 Abs. 1 Preisangabenverordnung (PAngV) umgesetzt wurden. Danach sind Unternehmen u.a. verpflichtet, bei jeder Werbung mit Preisermäßigungen den vorherigen Preis anzugeben. Der "vorherige Preis" meint dabei den niedrigsten Preis, den es innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tagen vor der Reduzierung angewandt hat.

So einfach und einleuchtend die Norm auch klingt – sie lässt zahlreiche Fragen offen, und zwar insbesondere im Zusammenhang mit dem Preis, auf den sich der Vergleich bezieht (im Folgenden: Referenzpreis) und der Angabe etwaiger weiterer Preise. Zwei dieser Fragen hat das LG Düsseldorf in erster Instanz am 25. Mai 2023 dem EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens zur Entscheidung vorgelegt. Zum einen will die Kammer wissen, ob nach der PreisangabenRL ein in Prozent beworbener Rabatt ausschließlich auf den niedrigsten Preis der vergangenen 30 Tage bezogen sein darf. Außerdem soll der EuGH klären, ob die Richtlinie auch verlangt, dass werbliche Hervorhebungen eines neuen Rabatts, wie bspw. die Bezeichnung als "Preis-Highlight", auf diesen vorherigen niedrigsten Preis bezogen sein müssen.

"Preis-Highlight": Gleicher Preis wie schon einmal zuvor

Anlass des Verfahrens waren Rabatt-Werbungen in einem Prospekt von Aldi Süd. Geworben wurde u.a. mit einer Preisermäßigung von "-23 %" auf Bananen. Diese Preisermäßigung bezog sich allerdings nicht auf den "vorherigen Preis" im Sinne von Art. 6a Abs. 1 u. 2 PAngRL, sondern auf den direkt vor der Reduzierung zuletzt geforderten Preis (1,69 Euro), der als durchgestrichener Preis in der Werbung genannt wurde. Der von der PreisangabenRL geforderte vorherige niedrigste Preis der letzten 30 Tage betrug 1,29 Euro; dieser wurde in erheblich kleinerer Schrift darunter angegeben. Hervorgehoben wurde also eine Preisreduzierung von 23%, die sich auf den unmittelbar vor der Reduzierung geforderten Preis bezog. Da es den reduzierten Preis in den letzten 30 Tagen allerdings schon einmal gegeben hatte, lag im Vergleich zu diesem Preis keine Preisreduzierung vor, was sich allerdings erst aus dem "Kleingedruckten" ergab.

In einer anderen Werbeanzeige des Discounters wurden ein durchgestrichener Preis (1,69), der aktuelle rabattierte Preis (1,49) und ein Werbebanner mit der Aufschrift "Preis-Highlight" dargestellt, während der "vorherige" niedrigste Preis der letzten 30 Tage ebenfalls nur im "Kleingedruckten" zu finden war und sogar noch unter dem lag, der nunmehr als "Preis-Highlight" bezeichnet wurde.

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Das Problem im Fall des LG Düsseldorf bestand also im Wesentlichen in der Frage, ob es ausreicht, den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage im Kleingedruckten anzugeben, während als Referenz für die hervorgehobene Preisreduzierung – sei es durch prozentuale Angaben oder Worte wie "Preis-Highlight" – ein anderer, insbesondere der zuletzt geforderte, höhere Preis, als durchgestrichener Preis in der Werbung angegeben wird. 

Worauf müssen sich die "Prozente" beziehen bzw. wie müssen sie dargestellt werden?

Sowohl den europäischen als auch den deutschen Vorschriften lassen sich dazu keine eindeutigen Antworten entnehmen. Der Wortlaut des Art. 6a Abs. 1 und 2 PAngRL gibt nicht vor, auf welche Art und Weise der "vorherige Preis" anzugeben ist, wie auch das LG Düsseldorf in seiner Vorlage anführt. Ebenso wenig befassen sich die Erwägungsgründe der Richtlinie genauer mit dem "vorherigen Preis", sodass auch daraus keine weiteren Schlüsse gezogen werden können. In Art. 4 Abs. 1 S. 1 PAngRL wird lediglich die Vorgabe aufgestellt, dass "der Verkaufspreis […] unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar" sein muss. Darüber hinaus finden sich dort aber keine weiteren Vorgaben zur Darstellung, insbesondere nicht zur Angabe des Referenzpreises. Hieraus könnte man schließen, dass es den Werbenden überlassen bleibt, wie sie ihre Rabatte bewerben. So könnte es ausreichen, dass der "vorherige Preis" zwar irgendwo angegeben wird, aber nicht zwingend als Grundlage für die prozentuale Preisermäßigung genommen werden muss. Auch der Hinweis auf ein "Preis-Highlight" müsste sich nach dieser Auslegung nicht notwendigerweise auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen.

Allerdings treffen die "Leitlinien der Kommission zur Auslegung und Anwendung von Art. 6a der RL 98/6/EG22" und die Verordnungsbegründung zur deutschen PAngV Aussagen über das Verständnis des vorherigen Preises. Nach der Begründung statuiert § 11 PAngV "eine zusätzliche Informationspflicht", wonach neben dem "vorherigen" niedrigsten Preis der letzten 30 Tage auch weitere Preise angegeben werden können, sofern klar und eindeutig ist, dass sich die Preisermäßigung auf den niedrigsten Preis bezieht. Dies spricht gegen ein Wahlrecht der Werbenden und stützt die Annahme, den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage als ausschlaggebend für die prozentuale Preisermäßigung festzulegen. 

Dies würde auch mit den Leitlinien übereinstimmen, wonach "die Preisermäßigung unter Verwendung des angegebenen 'vorherigen' Preises als Vergleichswert anzugeben [ist], d.h. jede angegebene prozentuale Ermäßigung muss auf dem gemäß Art. 6a ermittelten 'vorherigen' Preis beruhen." Gleichzeitig hindert dies Unternehmen nicht daran, zusätzlich auch andere Referenzpreise anzugeben, "sofern diese zusätzlichen Referenzpreise klar erläutert werden, keine Verwirrung stiften und die Aufmerksamkeit des Verbrauchers nicht von der Angabe des 'vorherigen Preises' nach Art. 6a PAngRL ablenken".

Zu betonen ist allerdings, dass die Leitlinien nur der Orientierung dienen und daher ebenso wenig Bindungswirkung für den EuGH haben wie die Begründung der deutschen Verordnung. Für das deutsche Recht ist § 11 PAngV maßgebend. Jedoch dient die Regelung der Umsetzung von Art. 6a PAngRL – und für dessen Auslegung ist der EuGH zuständig. Dessen Entscheidung könnte sowohl für Unternehmen, die Preiswerbung betreiben, als auch für Verbraucherinnen und Verbraucher weitreichende Folgen mit sich bringen. 

Kein Schwarz-weiß aus Luxemburg zu erwarten

Dabei muss es nicht zwingend eine klare Antwort des EuGH im Sinne eines Schwarz-weiß-Musters, also ein klares Ja oder Nein auf die Vorlagefrage, geben. Im Gegenteil: Solch klare Antworten durch den EuGH sind eher selten. Es spricht viel dafür, dass der in der Werbung hervorgehobene Referenzpreis der günstigste Preis der letzten 30 Tage sein muss, weil sich so "Preisschaukeleien", also die kurzfristige Anhebung eines Preises und die danach beworbene Senkung dieses Preises verhindern lassen. Zwar lässt sich dieses Ergebnis zumindest in Deutschland auch bereits aus der Rechtsprechung zu unlauterer Werbung (§§ 5, 5a UWG) ableiten; in anderen Ländern mag dies jedoch anders gesehen werden, sodass eine EU-weite Statuierung in der PAngRL sinnvoll ist. 

Zugleich geht zumindest die erste Frage des LG Düsseldorf über das hinaus, was zur Beantwortung des dortigen Rechtsstreits erforderlich wäre. Denn die Frage, ob sich ein Preisvergleich immer auf den "vorherigen" Wert beziehen muss, ist eine andere als die, ob sich der Preisvergleich ausschließlich auf den vorherigen Wert beziehen darf. Denkbar wäre, dass sich der Vergleich immer und primär auf den "vorherigen" Preis zu beziehen hat, dies aber nicht die ausschließliche Preisangabe sein muss. Stattdessen können daneben auch andere Werte angegeben werden, sofern dies untergeordnet geschieht, beispielsweise durch Bezugnahme auf eine unverbindliche Preisempfehlung (UVP) des Produktherstellers. Denn warum sollte es dem Werbenden verwehrt sein, zumindest auch darauf hinzuweisen, dass sein Preis günstiger ist als die UVP?

Denkbar wäre auch, die Regelung des Art. 6a PAngRL nur auf den Vergleich mit den eigenen Preisen des Werbenden zu beziehen, jedoch nicht auf Preise oder Preisempfehlungen Dritter (wie z.B. UVP). Allerdings gibt der Wortlaut der Regelungen eine solche Unterscheidung eigentlich nicht her und auch in der Vorlagefrage wird das nicht angesprochen.

Letzten Endes geht es um Verbraucherschutz. Grundsätzlich fördern mehr Informationen bzw. die Möglichkeit, auf weitere Informationen zuzugreifen, den Verbraucherschutz stärker als die Beschränkung auf bestimmte Angaben. Ein einfaches Ja auf die Vorlagefrage ist daher nicht zu erwarten und es wäre auch nicht hilfreich. Entscheidend ist vielmehr, ob mehrere Referenzpreise angegeben werden können und, falls ja, welcher davon hervorgehoben werden muss. Es wäre gut, wenn die Entscheidung des EuGH dazu Klarheit bringen würde.

Der Autor Dr. Stefan Weidert ist Rechtsanwalt und Leiter der Fachgebietsgruppe Gewerblicher Rechtsschutz bei Gleiss Lutz in Berlin.

Gastbeitrag von Dr. Stefan Weidert, 25. September 2024.