Urlaub nicht genommen: Ver­gü­tung auch bei vor­zei­tigem Ruhe­stand
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Wenn Beschäftigte ihren Urlaub trotz Aufforderung nicht nehmen, verfällt ihr Urlaubsanspruch. Wer ihn hingegen nicht nehmen konnte, erhält Geld als Ausgleich. Das gilt auch bei vorzeitigem Eintritt in den Ruhestand, entschied der EuGH im Fall eines italienischen Mitarbeiters im öffentlichen Dienst.

Der Verwaltungsleiter einer italienischen Gemeinde ging nach 24 Jahren auf eigenen Wunsch in den vorzeitigen Ruhestand und verlangte die Abgeltung von 79 Urlaubstagen, die er nicht genommen hatte. Die Gemeinde weigerte sich und berief sich das italienische Recht: Danach hätten im öffentlichen Dienst beschäftigte Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in keinem Fall Anspruch auf eine Vergütung für nicht genommenen Resturlaub.

Das italienische Gericht, an das sich der Arbeitnehmer wandte, bezweifelte die Vereinbarkeit der Regelung mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und rief den EuGH an. Danach hat ein Arbeitnehmer, der seinen gesamten bezahlten Jahresurlaub vor dem Ende seines Arbeitsverhältnisses nicht nehmen konnte, Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub.

Der EuGH hat entschieden, dass ein Abgeltungsverbot bei freiwilliger Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich unionsrechtswidrig ist (Urteil vom 18.01.2024 - C-218/22). Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub beziehungsweise Abgeltung dürfe nicht rein wirtschaftlichen Überlegungen wie der Eindämmung öffentlicher Ausgaben untergeordnet werden.

Nur wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub aus freien Stücken nicht genommen habe, obwohl ihn der Arbeitgeber dazu aufgefordert und über das Risiko des Verlusts dieses Anspruchs am Ende eines Bezugs- oder zulässigen Übertragungszeitraums informiert hat, sei ein Verlust des Anspruchs nicht zu beanstanden. Es sei am Arbeitgeber nachzuweisen, dass er mit aller gebotenen Sorgfalt gehandelt hat, um dem Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage zu versetzen, seinen Jahresurlaub zu nehmen. Die Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten des Arbeitgebers ergeben sich bereits aus früheren Entscheidungen des EuGH.

EuGH, Urteil vom 18.01.2024 - C-218/22

Redaktion beck-aktuell, hs, 18. Januar 2024.