EuGH: Abgabe auf Ausfuhr von Elektrizität ist unzulässig

Die EU-Mitgliedstaaten dürfen keine Abgabe auf die Ausfuhr von in ihrem Hoheitsgebiet erzeugter Elektrizität einführen. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union unter Verweis auf den Grundsatz des freien Warenverkehrs entschieden. Das Ziel, im Inland die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung zu gewährleisten, stelle keine Rechtfertigung für eine solche Abgabe dar, so das Urteil vom 06.12.2018 (Az.: C-305/17).

Slowakei führte Ausfuhrabgabe ein

Nachdem der Betrieb von zwei Blöcken des Kernkraftwerks Jaslovské Bohunice eingestellt worden war, wurde in der Slowakei erstmals im Jahr 2008 ein spezielles Entgelt für die Nutzung des Elektrizitätsnetzes auf die Ausfuhr von in der Slowakei erzeugter Elektrizität erhoben, und zwar auch bei der Ausfuhr in andere Mitgliedstaaten. Dies sollte die Zuverlässigkeit und die Stabilität des Elektrizitätsnetzes in der Slowakei sicherstellen.

Slowakische Elektrizitätsversorgerin klagt gegen Abgabe

Korlea Invest, eine Elektrizitätsversorgerin slowakischen Rechts, wurde daher die Zahlung eines Betrags von rund 6,8 Millionen Euro als entsprechendes Entgelt auferlegt. Korlea Invest klagte gegen die Rechtmäßigkeit dieses Entgelts, das inzwischen nicht mehr erhoben wird, vor den slowakischen Gerichten und machte geltend, es stelle eine Abgabe mit gleicher Wirkung wie ein Zoll dar, deren Auferlegung der Grundsatz des freien Warenverkehrs verbiete. Das Bezirksgericht Bratislava II, bei dem dieser Rechtsstreit gegenwärtig anhängig ist, fragt den Gerichtshof, ob das fragliche Entgelt gegen diesen Grundsatz des Unionsrechts verstößt.

EuGH: AEUV-Vorschriften über freien Warenverkehr anwendbar

Der EuGH hält zunächst fest, dass Elektrizität eine Ware im Sinn des Unionsrechts ist und dass eine Abgabe, die nicht auf eine Ware als solche, sondern auf die Nutzung des Netzes, das ihrer Übertragung dient, erhoben wird, als eine die Ware selbst treffende Abgabe anzusehen ist. Somit falle das angegriffene Entgelt unter die Vorschriften des AEUV über den freien Warenverkehr.

Entgelt wird aufgrund Grenzübertritts der Ware erhoben

Der Gerichtshof stellt sodann fest, dass dieses Entgelt ausschließlich die in der Slowakei erzeugte und ausgeführte Elektrizität trifft, sodass es aufgrund des Umstands erhoben wird, dass die Elektrizität über die Grenze verbracht wird. In diesem Zusammenhang weist der EuGH das Vorbringen der Slowakei zurück, die geltend macht, dass aufgrund des Bestehens der gleichen Belastung für die in der Slowakei verbrauchte Elektrizität die in der Slowakei erzeugte und ausgeführte Elektrizität auf die gleiche Weise behandelt werde wie die in der Slowakei erzeugte und dort verbrauchte Elektrizität. Denn diese beiden finanziellen Belastungen, von denen die eine vom Ausführer und die andere insbesondere vom Endkunden gezahlt werden, träfen die Elektrizität nicht auf der gleichen Handelsstufe, sodass das streitige Entgelt die Ware gerade aufgrund des Grenzübertritts treffe.

Verbot von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung greift

Daher gelangt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass dieses Entgelt eine Abgabe mit gleicher Wirkung wie ein Zoll darstellt, und zwar sowohl für die in einen anderen Mitgliedstaat ausgeführte Elektrizität als auch für die aus dem Gebiet der EU ausgeführte Elektrizität. In Bezug auf Ausfuhren in andere Mitgliedstaaten hebt der EuGH hervor, dass der Grundsatz des freien Warenverkehrs der Auferlegung einer solchen Abgabe entgegensteht. In Bezug auf Ausfuhren in Nicht-EU-Staaten weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Mitgliedstaaten zu einer gemeinsamen Handelspolitik verpflichtet sind, deren Funktionieren beeinträchtigt wäre, wenn sie berechtigt wären, einseitig Abgaben mit gleicher Wirkung wie Zölle auf Ausfuhren in Drittstaaten zu erheben.

Rechtfertigung ausgeschlossen

Schließlich weist der Gerichtshof darauf hin, dass das Verbot von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung eine grundlegende Vorschrift des Unionsrechts darstellt, für die im AEUV keine Möglichkeit von Ausnahmen oder Rechtfertigungen vorgesehen ist, unabhängig davon, ob es sich um Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten oder deren Beziehungen zu Nicht-EU-Staaten handelt.

Verstoß gegen Grundsatz freien Warenverkehrs

Unter diesen Umständen gelangt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass das im vorliegenden Fall beanstandete Entgelt mit dem Grundsatz des freien Warenverkehrs nicht vereinbar ist.

Redaktion beck-aktuell, 6. Dezember 2018.