Mit Android Auto können Benutzer über einen Bildschirm in ihrem Auto auf bestimmte Apps auf ihrem Smartphone zugreifen. Drittentwickler können mit Hilfe von Templates, die Google bereitstellt, Versionen eigener Apps erstellen, die mit Android Auto kompatibel sind.
Das zur Enel Group gehörende Unternehmen Enel X brachte 2018 die App JuicePass auf den Markt, die eine Reihe von Funktionen für das Laden von Elektrofahrzeugen anbietet. Enel X bat Google, JuicePass mit Android Auto kompatibel zu machen. Google lehnte das ab, weil es dafür kein Template gebe. Medien- und Messaging-Apps seien die einzigen Apps von Drittanbietern, die mit Android Auto kompatibel seien. Das Unternehmen machte Sicherheitserwägungen geltend. Ferner seien für die Entwicklung eines Templates Ressourcen notwendig. Die italienische Wettbewerbsbehörde sah in dem Verhalten von Google einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Das Unternehmen habe seine beherrschende Stellung missbraucht, indem es die Veröffentlichung der JuicePass-App auf der Plattform Android Auto behindert und verzögert habe. Google focht diese Entscheidung vor dem italienischen Staatsrat an, der den EuGH einschaltete.
Die Generalanwältin schreibt, dass die "Bronner-Voraussetzungen" (vgl. EuGH, Urteil vom 26.11.1998 - C-7/97) nicht anwendbar sind, wenn eine Plattform, zu der Zugang gefordert wird, von dem beherrschenden Unternehmen nicht zu dessen ausschließlicher Nutzung entwickelt wurde. So sei es hier. Android Auto sei so konzipiert und gestaltet worden sei, dass es Apps von Drittentwicklern aufnimmt. Dann müsse nicht nachgewiesen werden, dass diese Plattform für den benachbarten Markt unentbehrlich ist. Dagegen missbrauche ein Unternehmen seine beherrschende Stellung, wenn es mit seinem Verhalten den Zugang einer von einem Drittanbieter entwickelten App zur Plattform ausschließe, behindere oder verzögere, sofern sein Verhalten wettbewerbswidrige Wirkungen zum Nachteil der Verbraucher entfalten könne und nicht objektiv gerechtfertigt sei.
Laut EuGH-Generalanwältin Laila Medina (Schlussanträge vom 5.09.2024 - C-233/23) kann sich ein beherrschendes Unternehmen wie Google weigern, einem Drittanbieter Zugang zu seiner Plattform zu gewähren. Das könne objektiv gerechtfertigt sein, wenn der Zugang technisch nicht möglich ist, er die Leistung der Plattform beeinträchtigen könnte oder wenn die App dem wirtschaftlichen Modell oder Zweck zuwiderläuft.
Dass das beherrschende Unternehmen erst ein spezielles Software-Template entwickeln müsste, um die App aufzunehmen, könne dagegen allein keine Zugangsverweigerung rechtfertigen, wenn das Unternehmen für die Entwicklung ausreichend Zeit habe und dafür angemessen vergütet werde. Das beherrschende Unternehmen müsse den um Zugang bittenden Anbieter über diese beiden Aspekte informieren.