EuG: Vespa-Hersteller mit Klage gegen Gemeinschaftsgeschmacksmuster für Motorroller aus China gescheitert

Der Vespa-Hersteller Piaggio ist mit seiner Klage auf Nichtigerklärung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters für den Motorroller des chinesischen Herstellers Zhejiang vor dem Gericht der Europäischen Union gescheitert. Die beiden Roller vermittelten einen unterschiedlichen Gesamteindruck, so das EuG (Urteil vom 24.09.2019, Az.: T-219/18).

Vespa-Hersteller ging gegen Gemeinschaftsgeschmacksmuster für Zhejiang-Motorroller vor

Im Jahr 2010 erwirkte das chinesische Unternehmen Zhejiang Zhongneng Industry Group beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Eintragung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters für einen von ihm hergestellten Motorroller (im Folgenden: Zhejiang-Motorroller). Im Jahr 2014 stellte das italienische Unternehmen Piaggio & C. beim EUIPO einen Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit und wies darauf hin, dass es ihm in Bezug auf das der Öffentlichkeit ab 2005 zugänglich gemachte Geschmacksmuster "Vespa LX" (im Folgenden: Motorroller Vespa LX) mit den Konturen und Formmerkmalen des berühmten Kraftrads ("Vespa"), einer italienischen Design-Ikone seit 1945, an Neuheit und Eigenart fehle. Außerdem sei der Motorroller Vespa LX in Italien als nicht eingetragene dreidimensionale Marke sowie in Frankreich und in Italien als schöpferisches Werk urheberrechtlich geschützt. EUIPO wies den von Piaggio gestellten Antrag auf Nichtigerklärung mit einer Entscheidung aus dem Jahre 2015 zurück. Auf eine von Piaggio eingelegte Beschwerde hin wurde diese Entscheidung im Jahr 2018 bestätigt.

EuG: Motorroller vermitteln unterschiedlichen Gesamteindruck 

Das EuG hat die Klage von Piaggio auf Aufhebung der Entscheidung des EUIPO abgelehnt und somit deren Rechtmäßigkeit bestätigt. Der Schutz eines Geschmacksmusters werde nach der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (VO (EG) Nr. 6/2002) nur gewährleistet, soweit es neu sei und Eigenart habe. Das Gericht stellt zunächst fest, dass Piaggio zum einen die fehlende Neuheit des Zhejiang-Motorrollers nicht mehr geltend gemacht und zum anderen nur den Motorroller Vespa LX im Vergleich zum vorbestehenden Formschatz älterer Geschmacksmuster herausgegriffen habe. Laut EuG hat das EUIPO zutreffend festgestellt, dass der Zhejiang-Motorroller und der Motorroller Vespa LX einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorriefen und der Erstgenannte im Verhältnis zum Zweitgenannten Eigenart besitze. Während nämlich beim Zhejiang-Motorroller im Wesentlichen eckige Konturen vorherrschten, stünden beim Motorroller Vespa LX runde Linien im Vordergrund. Auch fänden sich die dem Motorroller Vespa LX eigenen Formmerkmale beim Zhejiang-Motorroller nicht wieder. Die trennenden Unterschiede zwischen den beiden seien dagegen zahlreich und signifikant und würden der Aufmerksamkeit des informierten Benutzers nicht entgehen.

Keine Verwechslungsgefahr

Das Gericht führt weiter aus, dass das EUIPO auf der Grundlage des Vorbringens von Piaggio nicht habe feststellen können, dass der Zhejiang-Motorroller die nicht eingetragene dreidimensionale Marke hinsichtlich des Motorrollers Vespa LX benutzt habe. Insoweit betont das Gericht, dass die relevanten Verkehrskreise, die für den Kauf eines Motorrollers in Frage kämen und einen erhöhten Aufmerksamkeitsgrad aufwiesen, den Stil, die Konturen und das Erscheinungsbild, die den Motorroller Vespa LX auszeichneten, visuell anders wahrnähmen als den Stil, die Konturen und das Erscheinungsbild des Zhejiang-Motorrollers. Aufgrund der unterschiedlichen Eindrücke, die durch die beiden Motoroller vermittelt würden, bestehe keine Verwechslungsgefahr bei den maßgeblichen Verkehrskreisen.

Urheberrechte nicht verletzt

Schließlich bestätigt das Gericht die Auffassung des EUIPO, dass eine Verletzung der Urheberrechte von Piaggio an dem Motorroller Vespa LX in Italien wie in Frankreich ausgeschlossen sei. Der Motorroller Vespa LX – der durch italienisches und französisches Urheberrecht als konkrete Ausformung des schöpferischen Kerngedankens der Ur-"Vespa" insoweit geschützt sei, als er deren Formmerkmale und ihr spezifisches Gesamterscheinungsbild im Sinne eines "rundlichen, femininen Vintage-Charakters" verkörpert – wurde nach Ansicht des EuG durch den Zhejiang-Motorroller nicht unerlaubt in Anspruch genommen.

EuG, Urteil vom 24.09.2019 - T-219/18

Redaktion beck-aktuell, 25. September 2019.