EU-Parlament muss Daten über verurteilten Abgeordneten herausgeben

Ein griechischer Europaabgeordneter, der in seiner Heimat inzwischen für lange Zeit inhaftiert ist, erhält bis heute weiter Bezüge aus Brüssel. Drei Mitglieder der Organisation FragDenStaat haben nun vor dem EuG erstritten, dass das Parlament Informationen hierüber preisgeben muss.

Der griechische Europaabgeordnete Ioannis Lagos sitzt seit 2021 in seiner Heimat in Haft, nachdem er in Athen zusammen mit anderen wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Anführens einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren und 8 Monaten verurteilt worden ist. Bis zum heutigen Tag erhält er weiterhin Bezüge als Abgeordneter, darunter auch Mittel für seine parlamentarische Assistenz.

Die Aktivistin Luisa Izuzquiza und die Aktivisten Arne Semsrott und Stefan Wehrmeyer von der Organisation FragDenStaat beantragten daher beim EU-Parlament, ihnen Dokumente über die bewilligten Entschädigungen und Kosten von Herrn Lagos zugänglich zu machen. Sie wollten wissen, welche konkreten Beträge der verurteilte Parlamentarier bekam und ob diese ggf. unmittelbar oder mittelbar zur Finanzierung krimineller Machenschaften genutzt worden waren.

Nachdem das Parlament die Auskunft unter Verweis auf die Vertraulichkeit dieser Daten abgelehnt hatte, erstritten die drei nun einen überwiegenden Erfolg vor dem EuG. Das Gericht entschied am Mittwoch, dass das Brüsseler Parlament ihnen Informationen über gezahlte Reisekostenerstattungen und Tagesgelder sowie zu den für parlamentarischen Assistentinnen und Assistenten gezahlte Reisekostenerstattungen gewähren muss (Urteil vom 08.05.2024 - T-375/22).

Partei als kriminelle Vereinigung eingestuft

Lagos ist 2019 als Mitglied der griechischen Neonazipartei Goldene Morgenröte in das Europaparlament gewählt worden. Diese wurde 2020 in Griechenland als kriminelle Vereinigung eingestuft, woraufhin Lagos verurteilt und schließlich im Jahr 2021 seine Immunität aufgehoben wurde. Heute sitzt er in Haft, ist aber weiterhin Abgeordneter. Bis heute ist keine Mitteilung der griechischen Behörden an das Parlament ergangen, wonach Lagos das Mandat entzogen worden wäre.

Das EuG entschied nun, dass das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu den Dokumenten in diesem Fall Vorrang vor dem Schutz von Lagos' Privatsphäre genieße. Es gehe hier um außergewöhnliche Umstände, die eine erhöhte öffentliche Kontrolle und Rechenschaftspflicht erforderten. Da Lagos trotz seiner Verurteilung und sogar Inhaftierung weiterhin Mitglied des Parlaments geblieben war und auch weiter Entschädigungen erhalten hatte, sah das Gericht es als legitimes öffentliches Interesse an, zu erfahren, wozu die gezahlten Gelder seither verwendet worden waren. Dies betreffe vor allem Reisen des Abgeordneten und seiner parlamentarischen Assistentinnen und Assistenten zu der Zeit, als er bereits verurteilt, aber noch nicht inhaftiert worden war.

Kein Interesse der Öffentlichkeit sah das Gericht jedoch am Zugang zu Dokumenten über die parlamentarische Entschädigung und die allgemeine Kostenvergütung von Lagos wie auch über die Gehälter seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, da diese der Öffentlichkeit ohnehin frei zugänglich seien und keine Rückschlüsse über deren Verwendung erlaubten, da die Zahlung automatisch bzw. in Form eines Pauschalbetrags erfolge.

EuG, Urteil vom 08.05.2024 - T-375/22

Redaktion beck-aktuell, mam, 10. Mai 2024.