Bürgerinitiative zur Verbesserung des Minderheitenschutzes in der EU vorgeschlagen
Mitte 2013 legten Bürger aus sieben EU-Staaten (Bürgerausschuss) der Kommission den Vorschlag für eine europäische Bürgerinitiative zur Verbesserung des Minderheitenschutzes sowie zur Stärkung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt in der EU ("Minority SafePack – one million signatures for diversity in Europe") vor. Im Anhang des Vorschlags wurden elf Bereiche dargestellt, in denen die EU-Organe Vorschläge für Rechtsakte ausarbeiten sollten. Dabei wurden die zu erlassenden Rechtsakte und ihr Inhalt genau beschrieben sowie die entsprechenden Rechtsgrundlagen im AEUV angegeben. Danach sollten unter anderem Förderprogramme angepasst werden, um auch kleinen Regional- und Minderheitensprachen Zugang zu ihnen zu ermöglichen. Auch sollte es Maßnahmen zur Förderung der Gleichbehandlung nationaler Minderheiten geben.
Kommission verweigerte Registrierung geplanter Initiative
Die Kommission lehnte die Registrierung der geplanten Bürgerinitiative ab, da sie offenkundig außerhalb des Rahmens liege, in dem die Kommission befugt sei, einen Vorschlag für den Erlass eines EU-Rechtsakts vorzulegen, um die Unionsverträge umzusetzen (siehe Art. 4 Abs. 2 lit. b der Verordnung über die Bürgerinitiative 211/2011/EU). Zwar könnten einige der geforderten Rechtsakte in ihren Zuständigkeitsbereich fallen. Die Verordnung 211/2011/EU sehe aber die Registrierung eines oder mehrerer Teile einer geplanten Initiative nicht vor. Im Ergebnis gebe es in den Unionsverträgen keine Rechtsgrundlage für die Vorlage eines ganzen Bündels von Vorschlägen wie der im Antrag auf Registrierung genannten, so dass der fragliche Vorschlag offenkundig außerhalb des Rahmens ihrer Befugnis liege. Der Bürgerausschuss erhob gegen die Kommissionentscheidung Nichtigkeitsklage beim EuG.
EuG: Kommission hätte Entscheidung detailliert begründen müssen
Das EuG hat der Klage stattgegeben und die Kommissionsentscheidung für nichtig erklärt. Die Kommission habe offensichtlich unzureichend begründet, warum es die Registrierung der geplanten Bürgerinitiative verweigert habe. Die Kommission hätte vielmehr angeben müssen, welche der Maßnahmen im Anhang des Vorschlags nicht in ihre Zuständigkeit fallen und auf welchen Gründen diese Schlussfolgerung beruht. So sei für den Bürgerausschuss weder ersichtlich gewesen, welche der im Anhang angeführten Vorschläge nach Ansicht der Kommission außerhalb des Rahmens ihrer Befugnisse liegen, noch habe er die Gründe für diese Beurteilung erfahren. Er sei somit daran gehindert gewesen, die Richtigkeit dieser Beurteilung in Frage zu stellen. Zudem sei das Gericht daran gehindert, die Beurteilung der Kommission auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.
Zweck europäischer Bürgerinitiativen ohne vollständige Begründung gefährdet
Das EuG hebt außerdem hervor, dass der Bürgerausschuss ohne eine vollständige Begründung kaum einen neuen Vorschlag vorlegen könnte, der den Einwänden der Kommission Rechnung trüge. Damit werde zugleich die Verwirklichung der Zielsetzung der europäischen Bürgerinitiative gefährdet, die Bürger zur Teilnahme am demokratischen Leben zu ermutigen und die EU zugänglicher zu machen.
Frage der Registrierbarkeit trotz partieller Unzuständigkeit der Kommission offen gelassen
Das Gericht hat in seiner Entscheidung die Frage offen gelassen, ob eine geplante europäische Bürgerinitiative nicht registriert werden könne, wenn die vorgeschlagenen Maßnahmen teilweise außerhalb der Zuständigkeit der Kommission liegen.