EuG-Präsident versagt BASF Grenzach Eilrechtsschutz gegen Pflicht zu Durchführung von Tierversuchen

Der Präsident des Gerichts der Europäischen Union hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz der BASF Grenzach GmbH zu Triclosan, einem Konservierungsstoff für Kosmetika, zurückgewiesen. BASF Grenzach habe die Dringlichkeit der Aussetzung der Vollziehung der Entscheidung, mit der die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) sie zur Durchführung von Tierversuchen verpflichtet hat, nicht dargetan, so die Begründung des Beschlusses vom 13.07.2017 (Az.: T-125/17 R).

BASF Grenzach soll Informationen zwecks Bewertung des Bakterizids liefern

Die deutsche Gesellschaft BASF Grenzach stellt das Bakterizid Triclosan her, das sie nach der REACH-Verordnung (VO (EG) Nr. 1907/2006) zum kosmetischen Gebrauch angemeldet hat. Wegen Bedenken hinsichtlich der Persistenz, der Bioakkumulation und der Toxizität des Produkts sowie hinsichtlich der endokrinen Disruptionen, die durch das Produkt hervorgerufen werden können, hat die ECHA der BASF Grenzach mit Entscheidung vom 19.09.2014 aufgegeben, Informationen zu übermitteln, damit Triclosan im Rahmen des fortlaufenden Aktionsplans der Gemeinschaft bewertet werden kann.

Durchzuführende Studien beinhalten auch Tierversuche

Hierzu muss BASF Grenzach insbesondere drei Studien durchführen: (1) Simulationstests des Endabbaus im Oberflächenwasser und in Meerwasser (Persistenztest), (2) eine Studie mit Ratten über die Entwicklungs- und Reproduktionsneurotoxizität wegen der Bedenken, die bei Triclosan hinsichtlich potenzieller endokriner Wirkungen bestehen (Rattentest), (3) einen Versuch mit Zebrabärblingen oder Medakas über die sexuelle Entwicklung von Fischen (Fischtest).

Widerspruch der BASF Grenzach erfolglos

Die Frist für die Übermittlung der Informationen war ursprünglich auf den 26.09.2016 festgesetzt worden. Die Verpflichtung von BASF Grenzach zur Durchführung der drei Studien wurde von der Widerspruchskammer der ECHA, bei der BASF Grenzach einen Widerspruch erhoben hatte, mit Entscheidung vom 19.12.2016 bestätigt (Az.: A-018-2014). Die Frist zur Übermittlung der Informationen wurde jedoch bis zum 26.12.2018 verlängert.

BASF Grenzach begehrt vorläufigen Rechtsschutz

BASF Grenzach hat beim EuG eine Klage erhoben, mit der sie im Wesentlichen die Nichtigerklärung der Entscheidung begehrt, mit der die Widerspruchskammer der ECHA ihren Widerspruch zurückgewiesen hat. BASF Grenzach hat beim Gericht ferner einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Sie begehrt insbesondere die Aussetzung der Vollziehung der Entscheidung der Widerspruchskammer der ECHA hinsichtlich des Ratten-, des Fisch- und des Persistenztests.

Verbot und Verluste am Markt geltend gemacht

Die BASF Grenzach hat geltend gemacht, ihr könne ein schwerer, nicht wiedergutzumachender Schaden entstehen. Sie befinde sich in einem Dilemma. Komme sie der angefochtenen Entscheidung nach, laufe sie Gefahr, wegen Verstoßes gegen die Kosmetikverordnung (VO (EG) Nr. 1223/2009), die Tierversuche für kosmetische Bestandteile grundsätzlich verbiete, zur Verantwortung gezogen zu werden, auch strafrechtlich. Außerdem bestehe die Gefahr, dass sie den gesamten europäischen Triclosan-Markt verliere. Denn die Kunden, die Triclosan in kosmetischen Mitteln verwendeten, würden durch die angefochtene Entscheidung veranlasst, dieses Bakterizid durch andere Bestandteile zu ersetzen.

EuG-Präsident: Individuelle Anordnung der Tierversuche schließt Inanspruchnahme nach Kosmetikverordnung aus

Der Präsident des EuG hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz von BASF Grenzach zurück. Das Unternehmen habe die Dringlichkeit der beantragten einstweiligen Anordnungen nicht dargetan. Zur behaupteten Gefahr einer Haftung wegen Verstoßes gegen die Kosmetikverordnung stellt der Präsident des Gerichts fest, dass BASF Grenzach, wenn sie der individuell an sie gerichteten Entscheidung der Widerspruchskammer der ECHA, nach der sie verpflichtet ist, Tierversuche durchzuführen, nachkomme, nicht wegen eines anderen Unionsrechtsakts mit allgemeiner Geltung (hier der Kosmetikverordnung) zur Verantwortung gezogen werden könne. Die behauptete Gefahr sei deshalb rein hypothetischer Natur. Mit ihr sei nicht nachgewiesen, dass ein schwerer, nicht wiedergutzumachender Schaden unmittelbar bevorstünde.

Finanzieller Schaden rechtfertigt Eilrechtsschutz nur bei Gefahr für finanzielle Lebensfähigkeit

Zum behaupteten Verlust des gesamten europäischen Triclosan-Markts stellt der Präsident des EuG zunächst fest, dass es sich dabei um einen finanziellen Schaden handelt. Er erinnert sodann daran, dass ein finanzieller Schaden – abgesehen von außergewöhnlichen Situationen – nicht als irreparabel anzusehen ist, da in der Regel ein Ersatz in Geld den Geschädigten wieder in die Lage versetzen kann, in der er sich zuvor befand. Wenn der geltend gemachte Schaden finanzieller Art ist, könne die beantragte einstweilige Anordnung nur gerechtfertigt sein, sofern erkennbar sei, dass der Antragsteller andernfalls in eine Lage geriete, die seine finanzielle Lebensfähigkeit vor dem Ergehen der abschließenden Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache bedrohen könnte, oder dass seine Marktanteile insbesondere im Hinblick auf den Zuschnitt und den Umsatz seines Unternehmens sowie gegebenenfalls die Merkmale des Konzerns, dem er angehört, wesentlich verändert würden.

Angaben zu zu erwartendem Verlust unzureichend

Zu ihrem Zuschnitt, ihrem Umsatz, einer Zugehörigkeit zum BASF-Konzern und gegebenenfalls zu dessen Merkmalen habe BASF Grenzach aber überhaupt keine Angaben gemacht. Dasselbe gelte für die Bedeutung von Triclosan in ihrem Produktportfolio. BASF Grenzach habe auch nicht dargelegt, welchen Anteil Triclosan an ihren Verkäufen in der Union und weltweit hat, und auch nicht den Umsatz beziffert, den sie mit Triclosan in der Union oder anderswo erzielt. Der Präsident des Gerichts gelangt daher zu dem Schluss, dass BASF Grenzach nicht dargetan hat, welche Bedeutung der Verlust des europäischen Triclosan-Markts für das Unternehmen und gegebenenfalls für den Konzern, dem es angehört, hat.

EuG, Beschluss vom 13.07.2017 - T-125/17 R

Redaktion beck-aktuell, 14. Juli 2017.

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