Geplante Europäische Bürgerinitiative betrifft Handel mit besetzten Gebieten
Es ging um die geplante europäische Bürgerinitiative "Gewährleistung einer mit den EU-Verträgen und dem Völkerrecht im Einklang stehenden gemeinsamen Handelspolitik". Ziel war es, die Einfuhr von Erzeugnissen aus besetzten Gebieten in die EU sowie die Ausfuhr von Erzeugnissen aus der EU in diese Gebiete zu unterbinden. In diesem Zusammenhang verwiesen die Kläger auf verschiedene Bestimmungen der Verträge, auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, auf mehrere Verordnungen und Urteile des Europäischen Gerichtshofs sowie auf Bestimmungen und Quellen des Völkerrechts.
EU-Kommission lehnt geplante Bürgerinitiative ab
Die Kommission lehnte die Registrierung der geplanten Bürgerinitiative ab. Sie begründete die damit, die Bürgerinitiative ziele auf einen Rechtsakt, der nur auf der Grundlage des Art. 215 AEUV angenommen werden könne. Dies erfordere jedoch einen Beschluss, der die Aussetzung, Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu dem betreffenden Drittland vorsehe. Die Kommission sei aber nicht befugt, auf dieser Grundlage einen Vorschlag für einen Rechtsakt vorzulegen.
EuG: Ablehnung wegen unzureichender Begründung nichtig
Das EuG hat den Beschluss der Kommission mangels ausreichender Begründung für nichtig erklärt. Der Beschluss enthalte keine ausreichenden Angaben, die den Klägern das Erkennen der Gründe für die Ablehnung der Registrierung der geplanten Bürgerinitiative und dem Gericht die Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieser Ablehnung ermöglichten. Der Kommissionsbeschluss genüge nicht der Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV und nach der Verordnung über die Bürgerinitiative (Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 1 VO (EU) Nr. 211/2011). Das EuG betont, dass die Verwirklichung der Ziele der Verordnung über die Bürgerinitiative (Stärkung der EU-Bürgerschaft, Verbesserung der demokratischen Funktionsweise der Union, Ermutigung der Bürger zur Teilnahme am demokratischen Leben, Zugänglichere Union) ohne eine vollständige Begründung des Ablehnungsbeschlusses ernsthaft gefährdet wäre.
Fehlende Zuständigkeit der Kommission nicht genügend begründet
Gemäß Art. 4 Abs. 2 Buchst. b VO (EU) Nr. 211/2011werde eine geplante Bürgerinitiative von der Kommission registriert, sofern sie nicht offenkundig außerhalb des Rahmens liege, in dem diese befugt sei, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen. Der angefochtene Beschluss enthalte im vorliegenden Fall keine ausreichende Begründung der fehlenden Befugnis der Kommission zur Unterbreitung eines Vorschlags, der dem Gegenstand und den Zielen der geplanten Bürgerinitiative entsprechen könne. Der bloße Hinweis auf Art. 215 AEUV, der restriktive Maßnahmen betreffe, lasse nicht erkennen, warum die Kommission der Ansicht gewesen sei, dass die geplante Maßnahme ausschließlich in den Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) fällt. Die Kommission habe nämlich nicht erläutert, warum die von der geplanten europäischen Bürgerinitiative vorgesehene Maßnahme ihrer Meinung nach einen Rechtsakt bezwecke, der die Aussetzung oder Einschränkung der Handelsbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern im Sinn von Art. 215 Abs. 1 AEUV vorsehe.
Kontext der Bürgerinitiative nicht berücksichtigt
Ferner sei bei der Beurteilung, ob die Begründung ausreichend ist, der maßgebliche Kontext zu berücksichtigen. Die Kläger hätten in der geplanten Bürgerinitiative mehrfach ausdrücklich auf die gemeinsame Handelspolitik sowie auf Bestimmungen dieses Bereichs, zum Beispiel Art. 207 AEUV, Bezug genommen. Im vorliegenden Fall habe die Kommission also die Gründe darlegen müssen, die sie im angefochtenen Beschluss zu dem impliziten Schluss veranlasst hätten, dass die mit der geplanten europäischen Bürgerinitiative bezweckte Maßnahme im Hinblick auf ihren Gegenstand und ihre Ziele nicht in den Bereich der gemeinsamen Handelspolitik fällt und daher nicht auf der Grundlage von Art. 207 AEUV erlassen werden kann. Dieser Einschätzung sei im angefochtenen Beschluss eine wesentliche Bedeutung zugekommen, da die gemeinsame Handelspolitik im Unterschied zur GASP ein Bereich ist, in dem die Kommission befugt sei, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union auf der Grundlage von Art. 207 AEUV zu unterbreiten.
Verordnungsziele erfordern vollständige Begründung
Außerdem sei die Frage, ob der angefochtene Beschluss ausreichend begründet ist, auch im Hinblick auf die Ziele der Bestimmungen der Verträge (Art. 11 Abs. 4 EUV und Art. 24 Abs. 1 AEUV) und der Verordnung über die Bürgerinitiative zu beurteilen, die darin bestünden, die Bürger zur Teilnahme am demokratischen Leben zu ermutigen und die Union zugänglicher zu machen. Aufgrund dieser Ziele habe die Kommission klar darzulegen, mit welchen Gründen die Ablehnung der Registrierung einer geplanten Bürgerinitiative gerechtfertigt worden sei. Ohne eine vollständige Begründung wäre es aufgrund der Einwände der Kommission gegen die Zulässigkeit der geplanten Bürgerinitiative kaum möglich, eine neue Bürgerinitiative vorzulegen, so das EuG.