EuG: Name bulgarischer Stadt Devin als Unionsmarke für Mineralwasser eintragbar

Devin, der Name einer bulgarischen Stadt, kann als Unionsmarke für Mineralwasser eingetragen werden. Dies hat das Gericht der Europäischen Union entschieden. Es argumentiert, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Durchschnittsverbraucher in der EU das Wort "Devin" als geografischen Ort in Bulgarien wahrnimmt. Zudem bleibe der geografische Name für Dritte nicht nur zur beschreibenden Verwendung, etwa zur Förderung des Tourismus in dieser Stadt, verfügbar, sondern auch als Unterscheidungszeichen bei "rechtfertigendem Grund" und fehlender Verwechslungsgefahr, heißt es in dem Urteil vom 25.10.2018 (Az.: T-122/17).

Unionswortmarke Devin für alkoholfreie Getränke eingetragen

Im Januar 2011 erwirkte die Devin AD beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Eintragung der Unionswortmarke DEVIN für alkoholfreie Getränke. Im Juli 2014 beantragte die Industrie- und Handelskammer von Haskovo (Bulgarien) beim EUIPO die Nichtigerklärung dieser Marke.

EUIPO erklärte Marke vollumfänglich für nichtig

Das EUIPO stellte daraufhin im Wesentlichen fest, dass die bulgarische Stadt Devin der breiten Öffentlichkeit in diesem Land und einem erheblichen Teil der Verbraucher in Nachbarländern wie Griechenland und Rumänien insbesondere als bedeutendes Thermalbad bekannt sei und dass der Name dieser Stadt in Fachkreisen mit der Gruppe der von der streitigen Marke erfassten Waren, vor allem Mineralwässern, in Verbindung gebracht werde. Das EUIPO erklärte die streitige Marke deshalb in vollem Umfang für nichtig.

EuG geht von mindestens normaler Unterscheidungskraft der Marke in Bulgarien aus

Devin erhob daraufhin beim EuG mit Erfolg Klage auf Aufhebung der Entscheidung des EUIPO. Das Gericht führt zunächst aus, dass der bulgarische Verbraucher in dem Wort "Devin" zwar einen geografischen Namen erkennen möge. Es erscheine aber äußerst unwahrscheinlich, dass die Marke Devin in Bulgarien nicht zumindest normale Unterscheidungskraft erlangt hat, wobei es keiner Entscheidung über ihren Ruf bedürfe.

Bekanntheit der Stadt Devin im Ausland nicht nachgewiesen

Zum griechischen und zum rumänischen Durchschnittsverbraucher stellt das Gericht fest, dass die Existenz eines "touristischen Profils im Internet" als solche nicht zum Nachweis dafür ausreicht, dass die relevanten Verkehrskreise im Ausland eine Kleinstadt kennen. Auch die Tatsache, dass die Stadt Devin eine "erhebliche touristische Infrastruktur" hat, lasse nicht den Schluss zu, dass die Stadt einem solchen Verbraucher über die Landesgrenzen hinweg bekannt sein könnte oder dass er eine direkte Verbindung zu ihr herstellen wird.

Abstellen auf Bulgarien besuchende Touristen nicht ausreichend

Das Gericht hebt hervor, dass das EUIPO sich zu Unrecht auf die ausländischen, insbesondere die griechischen oder rumänischen Touristen konzentriert hat, die Bulgarien oder Devin besuchen, statt die gesamten relevanten Verkehrskreise zu berücksichtigen, die aus den Durchschnittsverbrauchern in der Union und insbesondere in diesen Mitgliedstaaten bestehen. Der Durchschnittsverbraucher von Mineralwasser und Getränken in der Union verfüge nicht über einen hohen Grad an Spezialisierung in den Bereichen der Geografie oder des Tourismus, und es gebe keinen konkreten Beweis dafür, dass er das Wort "Devin" als geografischen Ort in Bulgarien wahrnimmt.

Stadt kann ihren Namen weiter für Werbung zu touristischen Zwecken verwenden

Zur Verfügbarkeit des geografischen Namens für Dritte stellt das Gericht fest, dass nach den Rechtsvorschriften und der Rechtsprechung eine beschreibende Verwendung des Namens "Devin" zum Zweck der Werbung für die Stadt als touristisches Ziel erlaubt bleibt und dass die streitige Marke daher kein Hindernis für wirtschaftliche Anstrengungen zur Erhöhung der Reputation der Stadt Devin für ihre Thermalquellen über die bulgarischen Grenzen hinaus darstellen kann.

Interessen Dritter bleiben gewahrt

Das EuG weist ferner darauf hin, dass das Unionsrecht schon in der Definition des durch eine Marke verliehenen ausschließlichen Rechts Vorkehrungen zur Wahrung der Interessen Dritter vorsieht. Zum einen erstrecke sich der Schutz der herkunftshinweisenden Funktion der Marke nur auf ihre Verwendung für gleiche oder ähnliche Waren (oder Dienstleistungen) und setze voraus, dass bei den relevanten Verkehrskreisen Verwechslungsgefahr besteht. Diese werde vermutet, wenn sowohl die Zeichen als auch die Waren identisch sind. Zum anderen erstrecke sich der Schutz der Werbefunktion einer bekannten Marke auch auf unähnliche Waren, setze aber Verwässerungsgefahr oder die Gefahr des Trittbrettfahrens voraus und erfasse zudem keine Verwendungen mit "rechtfertigendem Grund". Im vorliegenden Fall bleibe der Name der Stadt Devin somit für Dritte nicht nur zur beschreibenden Verwendung, etwa zur Förderung des Tourismus in dieser Stadt, verfügbar, sondern auch als Unterscheidungszeichen bei "rechtfertigendem Grund" und fehlender Verwechslungsgefahr.

Allgemeines Interesse an weiterer Verfügbarkeit des Stadtnamens geschützt

Das allgemeine Interesse daran, dass ein geografischer Name wie der des Thermalbads Devin verfügbar bleibt, könne somit, weil beschreibende Verwendungen solcher Namen weiterhin erlaubt sind und weil es Vorkehrungen zur Begrenzung des ausschließlichen Rechts des Inhabers der streitigen Marke gibt, geschützt werden, ohne dass es einer Nichtigerklärung der Marke bedarf. Dieses notwendige Gleichgewicht zwischen den Rechten der Markeninhaber und den Interessen Dritter gestatte unter bestimmten Voraussetzungen die Eintragung von Marken, die wie die Unionsmarken Vittel und Evian auf einen gleichlautenden geografischen Namen zurückgehen.

EuG, Urteil vom 25.10.2018 - T-122/17

Redaktion beck-aktuell, 25. Oktober 2018.