EuG: Mehrere EU-Zulassungen für Lebens- und Futtermittel mit Gen-Soja müssen überprüft werden

Mehrere EU-Zulassungen für Lebens- und Futtermittel mit gentechnisch veränderten Sojabohnen müssen überprüft werden. Dies hat das Gericht der Europäischen Union mit Urteil vom 14.03.2018 entschieden und einen Ablehnungsbeschluss der EU-Kommission für nichtig erklärt. Es gab damit einer Nichtregierungsorganisation Recht, die sich für ihren Antrag auf die Aarhus-Verordnung gestützt hatte (Az.: T-33/16).

Kommission erteilte Zulassung für Lebens- und Futtermittel mit Gen-Soja

Zwischen 2007 und 2010 stellten die Unternehmen Pioneer Overseas und Monsanto Europe Anträge auf Zulassung des Inverkehrbringens von Lebensmitteln, Lebensmittelzutaten und Futtermitteln mit gentechnisch veränderten Sojabohnen. Für jeden dieser Anträge stellte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Wesentlichen fest, dass genetisch veränderte Sojabohnen im Rahmen ihres Verwendungszwecks im Hinblick auf ihre potenziellen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder auf die Umwelt ebenso sicher seien wie genetisch nicht veränderte Sojabohnen. Auf der Grundlage dieser Stellungnahme der EFSA ließ die Kommission das Inverkehrbringen der betreffenden Erzeugnisse zu.

Nichtregierungsorganisation forderte Überprüfung der Zulassungen

TestBioTech, eine Nichtregierungsorganisation, die gegen die Markteinführung dieser Erzeugnisse ist, beantragte bei der Kommission auf der Grundlage der Aarhus-Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 eine interne Überprüfung der Zulassungsbeschlüsse. Voraussetzung dafür ist, dass es sich um Entscheidungen in Umweltangelegenheiten handelt.

Kommission: Organisation kann Überprüfungsantrag nicht auf Aarhus-Verordnung stützen

Die Kommission lehnte den Antrag auf Überprüfung weitgehend ab und vertrat im Wesentlichen die Auffassung, dass Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Beurteilung genetisch veränderter Lebensmittel oder Futtermittel im Rahmen der Aarhus-Verordnung nicht geprüft werden könnten, da diese Gesichtspunkte nicht die Beurteilung der Umweltrisiken, sondern vielmehr den Gesundheitsbereich beträfen. TestBioTech sah dies anders und erhob beim EuG Klage auf Nichtigerklärung des Ablehnungsbeschlusses der Kommission.

EuG: Kommission muss erneut über Überprüfungsantrag entscheiden

Das EuG hat den Kommissionbeschluss für nichtig erklärt. Die von TestBioTech in ihrem Überprüfungsantrag erhobenen Rügen fielen vollständig in den Bereich des Umweltrechts im Sinne der Aarhus-Verordnung. Die Kommission sei damit zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Rügen im Rahmen der genannten Verordnung nicht geprüft werden könnten, und müsse nun erneut über den Antrag entscheiden.

Verordnung über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel unterfällt Aarhus-Verordnung

Das Gericht weist zunächst darauf hin, dass die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel, auf die die Zulassungen gestützt würden, vollumfänglich zu den Angelegenheiten des Umweltrechts im Sinne der Aarhus-Verordnung gehöre und diese Zulassungen demnach einer internen Überprüfung unterzogen werden könnten.

GVO-Anbau gehört grundsätzlich zu Umweltbereich

Zu der Frage, ob das Vorbringen von TestBioTech im Rahmen ihres Antrags auf Überprüfung in den Bereich des Umweltrechts im Sinne der Aarhus-Verordnung falle, stellt das Gericht unter anderem fest, dass jeder gentechnisch veränderte Organismus (GVO) angebaut werden müsse, bevor er zu einem Lebensmittel oder Futtermittel verarbeitet werden könne. Bei ihrem Anbau gehörten GVO grundsätzlich zur natürlichen Umgebung und seien daher regelmäßig Teil der Umwelt. Infolgedessen fielen die Vorschriften, mit denen in der Verordnung über die Kennzeichnung von GVO deren Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch oder Tier geregelt werden sollen, ebenfalls in den Umweltbereich.

GVO-Vorschriften unterfallen damit der Aarhus-Verordnung  

Das EuG folgert daraus, dass das Umweltrecht im Sinne der Aarhus-Verordnung jede Rechtsvorschrift der Union umfasse, mit der GVO geregelt würden, um ein sich aus diesen GVO oder aus Umweltfaktoren, die sich auf die GVO bei deren Anbau oder Zucht in der natürlichen Umgebung auswirken könnten, ergebendes Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier zu steuern. Diese Feststellung gelte unterschiedslos für Fälle, in denen GVO nicht innerhalb der Union angebaut worden seien.

EuG, Urteil vom 14.03.2018 - T-33/16

Redaktion beck-aktuell, 14. März 2018.

Mehr zum Thema