EU-Kommission durfte von Facebook interne Dokumente fordern

Das Gericht der Europäischen Union hat eine Nichtigkeitsklage des Facebook-Konzerns gegen eine Aufforderung der EU-Kommission zur Übermittlung interner, anhand bestimmter Suchbegriffe zu identifizierender Dokumente abgewiesen. Das Auskunftsverlangen sei nicht über das Erforderliche hinausgegangen, der Schutz sensibler personenbezogener Daten durch die Einrichtung eines virtuellen Datenraums hinreichend gewährleistet worden. 

Kommission richtete Auskunftsverlangen an Facebook

Die EU-Kommission hegte gegen den Facebook-Konzern den Verdacht wettbewerbswidriger Datenpraktiken und forderte ihn deshalb im Rahmen eines Auskunftsverlangen mit Zwangsgeldandrohung auf, umfangreiche interne Dokumente zu übermitteln. Die zu übermittelnden Dokumente waren von Facebook anhand bestimmter, von der Kommission in ihrem Beschluss genannter Suchbegriffe zu identifizieren. Das Unternehmen klagte dagegen auf Nichtigkeit und beantragte Eilrechtsschutz. Es monierte, dass ein Großteil der angeforderten Dokumente irrelevant sei oder sensible persönliche Informationen enthalte, etwa medizinische Informationen über Mitarbeiter und deren Familien oder Informationen über persönliche Finanzinvestitionen. Der EuG-Präsident verlangte die Einrichtung eines virtuellen Datenraums für Dokumente, die keinen Bezug zur Geschäftstätigkeit haben und außerdem sensible personenbezogene Daten enthalten, und setzte den Vollzug des Auskunftsverlangens bis dahin aus. Danach dürfen solche Dokumente erst zu den Untersuchungsakten genommen werden, nachdem sie in dem virtuellen Datenraum nach bestimmten Modalitäten – so in Anwesenheit der Facebook-Anwälte – geprüft wurden. Facebook passte seine Klageschrift entsprechend an.

EuG: Auskunftsverlangen rechtmäßig

Das EuG hat die Nichtigkeitsklage abgewiesen. Das Auskunftsverlangen sei durch Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 gedeckt. Danach könne die Kommission zur Kontrolle der Einhaltung des EU-Wettbewerbsrechts von Unternehmen verlangen, dass sie "alle erforderlichen Auskünfte" erteilen, um die Einhaltung des Wettbewerbsrechts der Union zu kontrollieren. Erforderlich seien die verlangten Auskünfte, wenn die Kommission zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens vernünftigerweise annehmen könne, dass ihr die Auskünfte bei der Klärung, ob ein Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln vorliege, helfen könnten. Die Rüge zu allgemeiner, vager Suchbegriffe greife nicht. Dabei seien nur die konkret von Facebook mit der Klage gerügten Suchbegriffe zu prüfen, für die der Nachweis der mangelnden Erforderlichkeit nicht erbracht worden sei. Bei den übrigen Suchbegriffen müsse hingegen in Anbetracht der für Handlungen der Unionsorgane geltenden Vermutung der Rechtmäßigkeit davon ausgegangen werden, dass sie im Einklang mit dem Grundsatz der Erforderlichkeit festgelegt worden seien.

Auskunftsverlangen mit Blick auf virtuellen Datenraum verhältnismäßig

Das Auskunftsverlangen verletzt laut EuG auch nicht das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens. Insbesondere greife es mit Blick auf die Einrichtung eines virtuellen Datenraums nicht unverhältnismäßig in dieses Recht ein. In dem virtuellen Datenraum seien die geschützten Dokumente in Anwesenheit der Facebook-Anwälte zu prüfen und die zu den Akten zu nehmenden Dokumente auszuwählen. Für den Fall einer nicht auszuräumenden Uneinigkeit über die Einstufung eines Dokuments sei zudem ein Streitschlichtungssystem vorgesehen. Ferner könnten die geschützten Dokumente der Kommission durch Schwärzungen anonymisiert übermittelt werden, wobei diese Dokumente auf ein durch die Erfordernisse der Untersuchung gerechtfertigtes Verlangen der Kommission allerdings vollständig übermittelt werden müssten.

EuG, Urteil vom 24.05.2023 - T-451/20

Redaktion beck-aktuell, 24. Mai 2023.