EuG: Finanzielle Unterstützung der Tercas-Bank durch italienischen Einlagensicherungsfonds keine staatliche Beihilfe

Die finanzielle Unterstützung, die der italienische Einlagensicherungsfonds der italienischen Bank Tercas gewährt hat, stellt keine staatliche Beihilfe dar. Dies hat das Gericht der Europäischen Union mit Urteil vom 19.03.2019 entschieden und einen Beschluss der Europäischen Kommission für nichtig erklärt (Az.: T-98/16, T-196/16 und T-198/16).

Einlagensicherungsfonds sollte als Bedingung für Kapitalerhöhung-Zeichnung negatives Eigenkapital von Tercas decken

2013 bekundete die italienische Volksbank Bari Bank (Banca Popolare di Bari, im Folgenden: BPB) ihr Interesse an der Zeichnung einer Kapitalerhöhung für die italienische Tercas-Bank (Banca Tercas, im Folgenden: Tercas), die seit 2012 aufgrund festgestellter Unregelmäßigkeiten unter Sonderverwaltung steht. Die BPB machte dieses Geschäft unter anderem davon abhängig, dass der Fondo Interbancario di Tutela dei Depositi (italienisches Einlagensicherungssystem, im Folgenden: FITD) das negative Eigenkapital von Tercas deckt und dass bei Tercas ein Audit durchgeführt wird.

FITD kann neben gesetzlich verpflichtenden auch freiwillige Maßnahmen ergreifen

Der FITD ist ein privatrechtliches, auf Wechselseitigkeit beruhendes Konsortium zwischen Banken, das Maßnahmen zugunsten seiner Mitglieder ergreifen kann, und zwar nicht nur aufgrund der gesetzlichen Einlagensicherung im Fall einer Zwangsliquidation eines seiner Mitglieder (verpflichtende Maßnahme), sondern auch auf freiwilliger Basis gemäß seiner Satzung, wenn mit dieser Maßnahme die Lasten reduziert werden können, die sich aus der auf seinen Mitgliedern lastenden Einlagensicherung ergeben können (freiwillige Maßnahmen).

FITD gewährte geforderte Unterstützung

2014 entschied der FITD, das negative Eigenkapital von Tercas zu decken und ihr bestimmte Garantien zu gewähren. Zuvor hatte sie sich vergewissert, dass die Maßnahme zugunsten von Tercas wirtschaftlich vorteilhafter war als die Entschädigung der Einleger dieser Bank. Die italienische Zentralbank (Banca d’Italia) genehmigte diese Maßnahmen.

Kommission wertete Unterstützung als staatliche Beihilfe für Tercas

Die Kommission kam 2015 nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis, dass diese Maßnahmen eine staatliche Beihilfe Italiens zugunsten von Tercas darstellten. Italien (Rechtssache T-98/16), die BPB (Rechtssache T-196/16) und der FITD, unterstützt durch die Banca d’Italia (Rechtssache T-198/16), beantragten beim EuG, den Beschluss der Kommission für nichtig zu erklären.

EuG: Maßnahmen weder dem Staat zurechenbar noch aus staatlichen Mitteln gewährt

Das EuG hat den Beschluss der Kommission für nichtig erklärt. Die Kommission habe die Maßnahmen zu Unrecht als staatliche Beihilfe für Tercas eingestuft. Für das Vorliegen einer "staatliche Beihilfe" im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV müssten zwei unterschiedliche Voraussetzungen kumulativ erfüllt werden: Sie müsse dem Staat zurechenbar sein und aus staatlichen Mitteln gewährt werden. Daran fehle es hier.

Bei Unterstützung durch private Einheit Indizien für staatliche Zurechenbarkeit erforderlich

Werde die Maßnahme von einer privaten Einheit – wie hier der FITD – durchgeführt, müsse die Kommission über Indizien verfügen, die den Schluss zuließen, dass die Intervention unter dem Einfluss oder der tatsächlichen Kontrolle der Behörden erfolgt und daher dem Staat zurechenbar ist, legt das EuG dar. Im vorliegenden Fall hätten ausreichende Indizien gefehlt. Vielmehr gebe es in den Akten zahlreiche Anhaltspunkte, die zeigten, dass der FITD selbstständig handelte, als er die Maßnahme zugunsten von Tercas ergriff.

Unterstützungsmaßnahmen keine Erfüllung öffentlicher Aufgabe

Laut Gericht besteht die dem FITD vom italienischen Gesetz übertragene Aufgabe nur darin, als Einlagensicherungssystem die Einleger zu entschädigen, wenn eine Mitgliedsbank dieses Konsortiums zwangsliquidiert wird. Außerhalb dieses Rahmens erfülle der FITD keine öffentliche Aufgabe, die ihm von den italienischen Rechtsvorschriften auferlegt worden sei. Die Maßnahmen zur Unterstützung von Tercas hätten daher einen anderen Zweck als den, der sich aus dem Einlagensicherungssystem im Fall einer Zwangsliquidation ergebe, und stellten keine Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dar.

Beteiligung italienischer Behörden an Erlass der Maßnahmen nicht nachgewiesen

Die Kommission habe die Beteiligung der italienischen Behörden am Erlass der in Rede stehenden Maßnahme auch nicht nachgewiesen, so das Gericht weiter. Der FITD sei ein privatrechtliches Konsortium, das gemäß seiner Satzung "für und im Interesse der Mitglieder des Konsortiums" handle. Zudem würden seine Leitungsorgane von der Generalversammlung des FITD gewählt und seien wie diese ausschließlich aus Vertretern der Banken, die Mitglieder des Konsortiums seien, zusammengesetzt. Unter diesen Umständen stelle die Genehmigung der Maßnahme des FITD zugunsten von Tercas durch die Banca d’Italia kein Indiz dar, das es erlaube, die in Rede stehende Maßnahme dem italienischen Staat zuzurechnen.

Genehmigung durch Zentralbank diente nur Aufsichtszwecken

Denn als die Banca d’Italia diese Beihilfen genehmigt habe, habe sie lediglich deren Vereinbarkeit mit dem rechtlichen Rahmen für die Zwecke der Beaufsichtigung kontrolliert und dem FITD keineswegs aufgegeben, Maßnahmen zugunsten von Tercas zu ergreifen, erläutert das EuG. Überdies hätten die Beauftragten der Banca d’Italia, die an den Versammlungen der Leitungsorgane des FITD teilnähmen, eine rein passive Beobachterrolle. Ferner sei die Teilnahme der Banca d’Italia an den Verhandlungen zwischen dem FITD, der BPB und dem Sonderkommissar von Tercas nur Ausdruck eines legitimen und gewöhnlichen Dialogs mit der Aufsichtsbehörde, ohne dass dieser einen Einfluss auf die Entscheidung des FITD hatte, Maßnahmen zugunsten von Tercas zu ergreifen.

Finanzierung aus staatlichen Mitteln nicht dargelegt

Hinsichtlich der zweiten Voraussetzung (Finanzierung aus staatlichen Mitteln) hat die Kommission laut EuG nicht dargelegt, dass die Tercas im Rahmen der Unterstützungsmaßnahme des FITD gewährten Mittel von den italienischen Behörden kontrolliert worden seien. Die Maßnahme des FITD zugunsten von Tercas gehe auf einen Vorschlag zurück, der gemäß der Satzung des FITD ursprünglich von der BPB gemacht und dann von Tercas aufgegriffen worden sei. Es seien von den Mitgliedsbanken des FITD bereitgestellte Mittel im Interesse der Mitglieder des FITD verwendet worden, da die Beihilfe für Tercas günstiger war als die Inanspruchnahme der gesetzlichen Garantie zugunsten der Einleger von Tercas im Fall ihrer Zwangsliquidation.

EuG, Urteil vom 19.03.2019 - T-98/16

Redaktion beck-aktuell, 20. März 2019.