Rechtskräftiges EuG-Urteil vom Mai 2015
Im Mai 2015 wies das EuG eine Klage Dallis auf Nichtigerklärung des "mündlichen Beschlusses [des Kommissionspräsidenten] vom 16.10.2012 über sein Ausscheiden aus dem Amt [als Kommissionsmitglied] mit sofortiger Wirkung" und auf Gewährung von immateriellem Schadensersatz in Höhe eines symbolischen Betrags von einem Euro sowie materiellem Schadensersatz in Höhe von vorläufig 1.913.396 Euro ab. Im April 2016 wies der EuGH das Rechtsmittel zurück, das Dalli gegen dieses Urteil eingelegt hatte.
Dalli klagte erneut vor dem EuG auf Schadensersatz
Dalli rief nun erneut das EuG an, um Ersatz des insbesondere immateriellen Schadens zu verlangen, der ihm hauptsächlich durch das seiner Ansicht nach rechtswidrige Verhalten der Kommission und des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) im Zusammenhang mit seinem sofortigen Ausscheiden aus seinem Amt als Kommissionsmitglied am 16.10.2012 entstanden sei.
EuG: Rechtskraft ersten EuG-Urteils steht Zulässigkeit der Klage nicht entgegen
Das EuG hat die Klage abgewiesen. Zwar greife die Einrede der Unzulässigkeit, die die Kommission mit Verweis auf die Rechtskraft des Urteils vom Mai 2015 erhoben habe, nicht. Aus diesem Urteil gehe nicht hervor, dass die Rechts- und Tatsachenfragen, die das in der ersten Klage geltend gemachte Fehlverhalten des OLAF betreffen, tatsächlich oder notwendigerweise Gegenstand der Entscheidung gewesen seien, so dass dieses Urteil insoweit keine Rechtskraft entfalte.
Voraussetzungen einer außervertraglichen EU-Haftung
Die Klage sei aber unbegründet. Das Gericht weist zunächst darauf hin, dass die außervertragliche Haftung der Union und der Anspruch auf Schadensersatz davon abhängen, dass eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt ist. Das den Organen vorgeworfene Verhalten müsse rechtswidrig sein, der Schaden müsse tatsächlich vorliegen und zwischen dem rechtswidrigen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden müsse ein Kausalzusammenhangs bestehen. Dabei sei die Voraussetzung der Rechtswidrigkeit des den Organen zur Last gelegten Verhaltens nach der Rechtsprechung nur dann erfüllt, wenn ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm nachgewiesen wird, die bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen.
Kein rechtswidriges Verhalten des OLAF
Das EuG weist dann jede der sieben Rügen zurück, die Dalli in Bezug auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens von OLAF vorgebracht hat. Diese Rügen hätten unter anderem betroffen: die Rechtswidrigkeit der Entscheidung, eine Untersuchung einzuleiten, Fehler bei der Beschreibung der Untersuchung und rechtswidrige Ausweitung derselben, einen Verstoß gegen die Grundsätze der Beweiserhebung sowie Verfälschung oder Fälschung von Beweisen, eine Verletzung der Verteidigungsrechte, einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung und eine Verletzung des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten.
Kein rechtswidriges Verhalten der Kommission
Anschließend weist das Gericht die beiden Rügen zurück, die Dalli erhoben hat, um die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Kommission geltend zu machen. Diese Rügen hätten zum einen die Verletzung des Grundsatzes der guten Verwaltung sowie der Pflicht betroffen, sich loyal, unparteiisch und objektiv sowie unter Wahrung des Grundsatzes der Unabhängigkeit zu verhalten, und zum anderen die Verletzung der Unabhängigkeit des OLAF.
Auch kein Schaden und kein ausreichender Kausalzusammenhang nachgewiesen
Das Gericht gelangt zu dem Schluss, dass Dalli kein rechtswidriges Verhalten des OLAF und der Kommission nachgewiesen hat. Im Rahmen einer hilfsweise vorgenommenen Prüfung stellt das Gericht fest, dass Dalli weder einen hinreichend direkten Kausalzusammenhang zwischen dem beanstandeten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden noch überhaupt das Vorliegen eines Schadens nachgewiesen hat.