Bytedance zu Recht als Torwächter eingestuft
© picture alliance / ZUMAPRESS.com | Jaque Silva

Die EU-Kommission hat den TikTok-Betreiber Bytedance zu Recht nach dem DMA als Torwächter eingestuft. Das entschied nun das EuG und wies eine Nichtigkeitsklage des chinesischen Unternehmens ab. Bytedance habe die für seine Torwächter-Stellung eingreifende Vermutung nicht eindeutig entkräftet.

Seit Anfang März müssen sich Unternehmen an den Digital Markets Act (DMA) halten. Bei Verstoß drohen empfindliche Strafen. Er soll für mehr Wettbewerb bei digitalen Diensten sorgen und neuen Rivalen bessere Chancen ermöglichen. Die Grundannahme dabei ist, manche große Plattform-Betreiber seien so mächtig geworden, dass sie ihre Marktposition zementieren könnten. Der DMA soll dies mit Regeln für die sogenannten Gatekeeper aufbrechen. Darunter sind etwa die US-Schwergewichte Apple, Amazon, Microsoft, Alphabet und Meta.

Nach Art. 3 Abs. 1 DMA wird ein Unternehmen als Torwächter benannt, wenn es mehrere Voraussetzungen erfüllt: Es muss erheblichen Einfluss auf den Binnenmarkt haben, einen zentralen Plattformdienst bereitstellen, der gewerblichen Nutzern als wichtiges Zugangstor zu Endnutzern dient, und hinsichtlich seiner Tätigkeiten eine gefestigte und dauerhafte Position innehaben oder absehbar in naher Zukunft erlangen. Art. 3 Abs. 2 DMA regelt quantitative Schwellenwerte, deren Erreichen dazu führt, dass die Torwächter-Eigenschaft vermutet wird.

Die Kommission hatte Bytedance im September 2023 als Torwächter benannt. Das EuG hat die Nichtigkeitsklage nun abgewiesen (Urteil vom 17.07.2024 T-1077/23). Es entschied im beschleunigten Verfahren. Laut EuG erreicht Bytedance unstreitig die vorgesehenen quantitativen Schwellenwerte, die u.a. an den globalen Marktwert des Unternehmens und die Zahl der TikTok-Nutzer in der EU anknüpfen, sodass vermutet werden könne, dass Bytedance ein Torwächter sei. Das EuG hielt das Vorbringen des Unternehmens für nicht hinreichend substantiiert, "um eindeutig die Vermutung zu entkräften".

Vermutung nicht widerlegt

Bytedance habe gegen einen erheblichen Einfluss auf den Binnenmarkt eingewandt, sein globaler Marktwert beruhe hauptsächlich auf seinen Tätigkeiten in China. Sein geringer Umsatz in der EU belege das. Laut EuG greift das nicht durch. Die Kommission habe davon ausgehen dürfen, "dass der hohe Marktwert, den Bytedance weltweit hat, in Verbindung mit der großen Zahl der Nutzer von TikTok in der Union die finanzielle Leistungsfähigkeit von Bytedance und ihr Potenzial zur Monetarisierung dieser Nutzer widerspiegelt".

Bytedance habe auch bestritten, dass TikTok den gewerblichen Nutzern als wichtiges Zugangstor zu Endnutzern diene. Das Unternehmen habe argumentiert, dass es kein Plattformökosystem habe und von keinen Netzwerk- oder Bindungseffekten profitiert habe. Außerdem sei TikTok im Vergleich etwa zu Facebook und Instagram kleiner, was die Nutzerzahl anbetreffe. Diese Argumentation weist das EuGebenfalls zurück: TikTok sei es seit seiner Einführung in der EU 2018 gelungen, die Zahl seiner Nutzer "sehr schnell und exponentiell" zu steigern. In kurzer Zeit sei eine halb so große Verbreitung wie Facebook und Instagram erzielt worden. Vor allem jüngere Menschen nutzten Tiktok teils intensiv.

Bytedance habe auch bestritten, eine gefestigte und dauerhafte Position innezuhaben. Es habe sich darauf berufen, ein neuer Marktteilnehmer zu sein, dem Wettbewerber wie Meta und Alphabet mit TikTok nachahmenden Diensten seine Position erfolgreich streitig gemacht hätten. Auch das lässt das EuG nicht gelten: Zwar sei TikTok 2018 ein neuer Marktteilnehmer im Binnenmarkt gewesen. In den folgenden Jahren habe sich seine Position aber schnell gefestigt, wenn nicht gar gestärkt. Trotz Reels und Shorts sei in kurzer Zeit – gemessen an der Nutzerzahl in der EU – eine halb so große Verbreitung wie Facebook und Instagram erreicht worden.

Das Gericht bestätigte außerdem die von der Kommission angewandten Beweisanforderungen als richtig. Bei der Beurteilung des Vorbringens von Bytedance seien der Kommission zwar einige Fehler unterlaufen; diese hätten aber keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Beschlusses gehabt. 

EuG, Urteil vom 17.07.2024 - T-1077/23

Redaktion beck-aktuell, hs, 17. Juli 2024 (ergänzt durch Material der dpa).