Hintergrund des Falls war die Löschung einer Marke durch die EUIPO, dem Amt für Geistiges Eigentum der EU, auf Antrag eines Großhändlers. Dieser nutzte den geschützten Namen für den Vertrieb von Fahrzeugfelgen. Mit der jetzt gelöschten Unionsmarke, die ihren Rang zusätzlich aus einer vorangegangenen Anmeldung vom 4. Januar 2010 in Österreich ableitete, gab es allerdings eine ältere Eintragung. Grundsätzlich hätte die ältere Eintragung Priorität gehabt, was die Abwehr von Markenverletzungen ermöglicht hätte.
Allerdings warf das hinter der Anmeldung stehende Geschäftsmodell Zweifel auf: So war die österreichische Anmeldung von 2010 die letzte in einer Kette. Diese Anträge wurden seit 2007 alle sechs Monate erneut gestellt und vom Österreichischen Patentamt dann wegen Nichtzahlung der Gebühren zurückgewiesen. Eine Nutzung des Namens im normalen Geschäftsverkehr war dabei für die Behörden und Gerichte nicht erkennbar. Bemerkenswert war auch, dass alle beteiligten Unternehmen, zwischen denen die Markenrechte mehrfach übertragen wurden, letztlich auf eine Person zurückzuführen waren. Dieser Akteur ist wohl unter Markenrechtlern kein Unbekannter. Jedenfalls bemerkte der Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz Oliver Löffel in einem Post auf LinkedIn zum Verfahren: "Um wen es geht, weiß vermutlich jeder Markenrechtler, ohne die Entscheidung gelesen zu haben."
Das LG Köln hatte bereits 2016 geurteilt, dass gegenüber den gewerblichen Kunden des Großhändlers nicht mehr behauptet werden durfte, dass dieser eine Markenverletzung begehe. Zuvor war ein Unternehmen aus dem Geflecht an den Händler herangetreten und hatte verlangt, er möge die Verwendung unterlassen und seine Schadensersatzpflicht anerkennen. Das Landgericht ging dabei davon aus, dass die Berufung auf das ältere Schutzrecht rechtsmissbräuchlich sei. Ähnlich begründete das EUIPO 2019 die Löschung.
Das EuG (Urt. v. 17.01.2024 – T 650/22) legte ausführlich dar, warum es diese Entscheidung der EU-Behörde für richtig hielt. Nach Art. 59 Abs. 1 Buchst. B Unionsmarken-VO nF sei eine Anmeldung nichtig, wenn der Antragsteller "bösgläubig" sei, wenn er also, so die Europarichterinnen und -richter, im Geschäftsverkehr unredliche Ziele verfolge.
Hier sei davon auszugehen, dass die sukzessiven Markenanmeldungen erfolgt seien, um eine Sperrposition gegenüber anderen Nutzern zu erreichen: "Daraus ergibt sich, dass Herr A. oder mit ihm verbundene Gesellschaften durch aufeinanderfolgende nationale Markenanmeldungen vor Ablauf der Prioritätsfrist diese jeweils künstlich um sechs Monate verlängert haben. Während dieses Zeitraums konnten sie, gestützt auf das letzte Glied dieser Kette von Anmeldungen, die Priorität der Unionsmarke beanspruchen. Eine solche Strategie, die nicht frei von Anklängen an die Rechtsfigur des ‚Rechtsmissbrauchs‘ ist, ist dadurch gekennzeichnet, dass zum einen trotz formaler Einhaltung der unionsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Unionsregelung nicht erreicht wird und zum anderen die Absicht besteht, sich dadurch einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden."
Damit sollte nach Ansicht des EuG Druck auf den Großhändler ausgeübt werden: "Gemäß der Verfahrensakte des EUIPO, die dem Gericht vorliegt, und insbesondere gemäß den wesentlichen Feststellungen der von der Beschwerdekammer bestätigten Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung wollten die mit dem Geschäftsführer der Klägerin verbundenen Gesellschaften lediglich Druck auf die Streithelferin ausüben, damit diese ihre Marke A. nicht mehr verwendet und gegebenenfalls einen finanziellen Ausgleich leistet."