EuG bestätigt Beschränkungen für 3 Insektizide

Die 2013 auf EU-Ebene für die Insektizide Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid wegen der von diesen ausgehenden Gefahren für Bienen eingeführten Beschränkungen sind gültig. Dies hat das Gericht der Europäischen Union mit Urteil vom 17.05.2018 klargestellt. Die Maßnahmen zur Beschränkung der Verwendung des Pestizids Fipronil sind dagegen nach Auffassung des EuG nichtig, da sie ohne vorherige Folgenabschätzung ergangen waren. Das Gericht gab der entsprechenden Klage von BASF weitgehend statt (Az.: T-451/13 und T-584/13, BeckRS 2018, 8538).

Verlust von Bienenvölkern durch Pestizide

Nach dem Verlust von Bienenvölkern aufgrund mehrerer Fälle unsachgemäßer Verwendung von Pestiziden beschloss die Kommission im Jahr 2012, die Zulassungen zu überprüfen, die auf Unionsebene für die (zur Gruppe der Neonicotinoide zählenden) Wirkstoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid und den (zur Gruppe der Phenylpyrazole zählenden) Wirkstoff Fipronil erteilt worden waren. Insbesondere ersuchte sie die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die von diesen Stoffen für die Gesundheit von Bienen ausgehenden Gefahren zu untersuchen. Auf dieser Basis erließ die Kommission im Mai 2013 die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013, die ab dem 26.05.2013 für Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid das Verbot zahlreicher Anwendungen im Innen und Außenbereich vorsieht.

Beschränkungen für Fipronil

Diese Durchführungsverordnung verbietet ab dem 01.12.2013 auch die Verwendung und das Inverkehrbringen von Saatgut bestimmter Kulturpflanzen (unter anderem Sommergetreide, Raps, Soja, Sonnenblume und Mais), das mit diese Wirkstoffe enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt worden ist, außer Saatgut, das in Gewächshäusern verwendet wird. Darüber hinaus erließ die Kommission am 14.08.2013 die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 781/2013 über Fipronil. Diese beschränkt ab dem 16.08.2013 die Verwendung von Fipronil enthaltenden Pflanzenschutzmitteln in zahlreichen Anwendungsfällen. Außerdem verpflichten die beiden Verordnungen die Mitgliedstaaten, geltende Zulassungen für Pflanzenschutzmittel, die Clothianidin, Thiamethoxam oder Imidacloprid als Wirkstoff enthalten, bis zum 30.09.2013 (mit einer möglichen Aufbrauchfrist bis spätestens 30.11.2013) zu ändern oder zu widerrufen. Was Fipronil enthaltende Pflanzenschutzmittel betrifft, ist die gleiche Verpflichtung für den 31.12.2013 (mit einer möglichen Aufbrauchfrist bis spätestens 28.02.2014) vorgesehen.

Konzerne verlangen Aufhebung der Verbote

Der Bayer-Konzern, der in der Union Imidacloprid und Clothianidin herstellt und vertreibt, der Syngenta-Konzern, der Thiamethoxam (sowie behandeltes Saatgut) herstellt und vertreibt, und der BASF-Konzern, der Fipronil herstellt und vertreibt, haben beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung dieser Verbote und Beschränkungen erhoben. Syngenta hat zudem Schadensersatz in Höhe von mindestens 367,9 Millionen Euro beantragt.

Neue Anforderungen zum Bienenschutz maßgeblich

Das Gericht hat jetzt die Klagen von Bayer und Syngenta, die die Neonicotinoide Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid betreffen, in vollem Umfang abgewiesen. Mit Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 1107/2009 am 14.06.2011 seien die Anforderungen in Bezug auf das Fehlen unannehmbarer Auswirkungen auf Bienen (die, zusammen mit den anderen Bestäubern, eine bedeutende Rolle sowohl für die natürliche Flora als auch für die Kulturpflanzen spielen) auf Unionsebene erheblich verstärkt worden. Es werde inzwischen ausdrücklich verlangt, dass Bienen den fraglichen Wirkstoffen nur "in vernachlässigbarer Weise" ausgesetzt werden dürfen oder die Verwendung dieser Wirkstoffe "unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf Honigbienenlarven und das Verhalten von Honigbienen keine unannehmbaren akuten oder chronischen Auswirkungen auf das Überleben und die Entwicklung der Bienenvölker" haben darf. Diese neuen Anforderungen würden auch bei Überprüfung der geltenden Zulassungen gelten.

Neue Studien rechtfertigten Überprüfung der Zulassungen

Angesichts des Vorliegens neuer Studien, deren Ergebnisse gegenüber dem bei der vorangehenden Beurteilung vorhandenen Wissensstand Bedenken hinsichtlich der Frage aufwarfen, ob die Zulassungsvoraussetzungen noch erfüllt sind, konnte die Kommission nach Auffassung des Gerichts zutreffend davon ausgehen, dass die Zulassung der fraglichen Wirkstoffe zu überprüfen sei. Darüber hinaus sei die Frist von etwa acht Monaten, über die die EFSA vorliegend für die neue Risikobeurteilung verfügte, weder ausnehmend kurz noch ungewöhnlich gewesen.

Zulassungen durften aufgehoben werden

Was die im Jahr 2013 beschränkten oder verbotenen Verwendungen betrifft, entschied das Gericht, dass die Kommission darlegen konnte, dass in Anbetracht der erheblichen Verschärfung der Anforderungen die von der EFSA festgestellten Gefahren den Schluss zuließen, dass die drei fraglichen Wirkstoffe nicht mehr den Zulassungskriterien entsprächen. Bei der Prüfung der von Bayer und Syngenta insoweit vorgebrachten Argumente hätten sich weder Fehler (insbesondere keine offensichtliche Beurteilungsfehler) noch eine falsche Anwendung des Vorsorge- oder des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ergeben. Was den Vorsorgegrundsatz betrifft, wies das Gericht darauf hin, dass danach die Organe, wenn wissenschaftliche Ungewissheiten bezüglich der Existenz oder des Umfangs von Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt bestehen, Schutzmaßnahmen treffen könnten, ohne abwarten zu müssen, bis das tatsächliche Vorliegen und die Schwere dieser Risiken in vollem Umfang nachgewiesen sind oder bis die nachteiligen Wirkungen für die Gesundheit eintreten. Außerdem räume der Vorsorgegrundsatz den Anforderungen in Verbindung mit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen ein.

Verbot der Verwendung behandelten Saatguts nicht zu beanstanden

Was das Verbot der Verwendung und des Inverkehrbringens behandelten Saatguts betrifft, stellte das Gericht fest, dass nur mit diesem Verbot die praktische Wirksamkeit der Beschränkung der Zulassung der fraglichen Wirkstoffe sichergestellt werden konnte. Ohne ein solches Verbot hätten nämlich die vorhandenen Saatgutvorräte, die vor dem Widerruf oder der tatsächlichen Änderung der auf nationaler Ebene bestehenden Zulassungen ohne Rechtsverstoß behandelt worden sind, in den Mitgliedstaaten, die keine nationalen Maßnahmen ergriffen hatten, frei zirkulieren und verwendet werden können.

Beschränkungen für Fipronil weitgehend aufgehoben

In Bezug auf Fipronil erklärte das Gericht allerdings die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 781/2013 für nichtig, soweit diese erstens ab dem 16.08.2013 die Verwendung von diesen Wirkstoff enthaltenden Pflanzenschutzmitteln auf Kulturpflanzen im Gewächshaus sowie auf Saatgut für Lauch-, Zwiebel-, Schalotten- und Kohlpflanzen, die im Freien kultiviert und vor der Blüte geerntet werden, beschränkt und zweitens die Mitgliedstaaten verpflichtet, geltende Zulassungen für Fipronil enthaltende Pflanzenschutzmittel zu ändern oder zu widerrufen. Die Kommission habe diese Beschränkungen nämlich erlassen, ohne zuvor die Folgen ihres Handelns nach Maßgabe der möglichen Folgen ihrer Untätigkeit für die verschiedenen beteiligten Interessen abgeschätzt zu haben. Indem sie auf eine solche Folgenabschätzung verzichtet hat, habe sie gegen den Vorsorgegrundsatz verstoßen. Was dagegen das Verbot betrifft, ab dem 01.03.2014 mit Fipronil enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandeltes Saatgut zu verwenden und in Verkehr zu bringen, wies das Gericht die Klage von BASF ab. Da dieser Konzern mit diesen Stoffen behandeltes Saatgut nämlich nicht selbst vertreibt, betreffe ihn das Verbot nicht unmittelbar, so dass der Antrag auf dessen Nichtigerklärung unzulässig war.

EuG, Urteil vom 17.05.2018 - T-451/13

Redaktion beck-aktuell, 18. Mai 2018.

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