EZB forderte zusätzlichen Eigenkapitalbetrag
Der Crédit mutuel ist eine dezentrale Bankengruppe, die aus einem Netz örtlicher Sparkassen besteht, die als Genossenschaften organisiert sind. Jede örtliche Sparkasse muss einem Regionalverband beitreten, und jeder Verband muss der CNCM, dem Zentralorgan des Netzes, beitreten. Der Crédit mutuel Arkéa ist eine genossenschaftliche Kredit-Aktiengesellschaft mit variablem Grundkapital, die als Kreditinstitut zugelassen ist. Er wurde 2002 durch Annäherung mehrerer Regionalverbände von Kreditgenossenschaften gegründet. Mit Beschlüssen vom 05.10.2015 und 04.12.2015 organisierte die EZB ihre Aufsicht über die Institute der Crédit mutuel-Gruppe – darunter der Crédit mutuel Arkéa – auf konsolidierter Basis durch die CNCM. Die EZB vertrat zudem die Auffassung, der Crédit mutuel Arkéa müsse einen zusätzlichen Eigenkapitalbetrag (hartes Kernkapital) vorhalten, so dass die harte Kernkapitalquote zunächst bei 11% und dann bei 10,75% liege.
Gericht bestätigte EZB-Entscheidungen
Mit jetzt ergangenen Urteilen wies das Gericht die dagegen gerichtete Klage des Crédit mutuel Arkéa ab und bestätigte die beiden Beschlüsse der EZB. Das Gericht stellte zunächst fest, dass im Rahmen der Unionsregelung auf dem Gebiet der Aufsicht (VO (EU) Nr. 468/2014) die Absicht des Gesetzgebers darin besteht, der EZB zu einem Gesamtüberblick über sämtliche Gefahren für ein Kreditinstitut zu verhelfen sowie eine Aufteilung der Aufsicht zwischen der EZB und den nationalen Behörden zu vermeiden.
Begriff "Zentralorgan" erfordert keine Qualifikation als Kreditinstitut
Hinsichtlich des ersten Klagegrundes des Crédit mutuel Arkéa, wonach die Aufsicht auf konsolidierter Basis über einem Zentralorgan angeschlossene Institute nur möglich sei, wenn dieses Zentralorgan die Eigenschaft eines Kreditinstituts habe (was bei der CNCM nicht der Fall sei), stellte das Gericht fest, dass aus der Unionsregelung auf dem Gebiet der Aufsicht nicht hervorgeht, dass der Begriff "Zentralorgan" dahin zu verstehen wäre, dass die Qualifikation als Kreditinstitut erforderlich wäre. Daher falle eine "unter Aufsicht stehende Gruppe" unter diese Regelung, wenn sie die darin vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt, und zwar unabhängig davon, ob das Zentralorgan dieser Gruppe die Eigenschaft eines Kreditinstituts hat. Da die durch das Zentralorgan gebildete Gesamtheit und die angeschlossenen Institute konsolidierte Abschlüsse erstellen, könne sich die zuständige Behörde vergewissern, dass die Liquidität und Solvenz dieser Gesamtheit den aufsichtsrechtlichen Anforderungen entsprechen, und zwar unabhängig davon, ob das Zentralorgan die Eigenschaft eines Kreditinstituts hat.
Vorgesehene Voraussetzungen sind erfüllt
Hinsichtlich des zweiten Klagegrundes des Crédit mutuel Arkéa, wonach der Crédit mutuel nicht als "Gruppe" im Sinn der Unionsregelung auf dem Gebiet der Aufsicht qualifiziert werden könne, stellte das Gericht klar, dass der Crédit mutuel über die CNCM alle von dieser Regelung vorgesehenen Voraussetzungen erfülle, um als solche qualifiziert zu werden. Zum einen schließe die Verbandseigenschaft der CNCM eine Solidarität mit den angeschlossenen Instituten nicht aus, da die Verpflichtung bestehe, Eigenkapital und flüssige Mittel innerhalb der Crédit mutuel-Gruppe zu übertragen, um sicherzustellen, dass die Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern erfüllt werden. Zum anderen würden die Konten der Crédit mutuel-Gruppe auf konsolidierter Basis erstellt, was es der zuständigen Behörde ermögliche, sich zu versichern, dass die Liquidität und Solvenz der Gesamtheit der die Gruppe bildenden Institute den aufsichtsrechtlichen Anforderungen entsprechen.
Vorschreibung zusätzlichen Eigenkapitals nicht fehlerhaft
Schließlich sei die CNCM befugt, der Leitung der angeschlossenen Institute Weisungen zu erteilen, die einzuhalten sind und bei Nichtbeachtung sanktioniert werden könnten. Hinsichtlich des dritten Klagegrundes des Crédit mutuel Arkéa, wonach die EZB ihn nicht hätte verpflichten dürfen, zusätzliches Eigenkapital vorzuhalten, betonte das Gericht, dass der EZB keine Fehler unterlaufen seien, als sie sich auf die Eventualität eines Ausscheidens des Crédit mutuel Arkéa aus der Crédit mutuel-Gruppe gestützt habe. Eine solche Eventualität sei nämlich nicht dermaßen unwahrscheinlich, dass ihre Berücksichtigung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler seitens der EZB begründen könnte. Außerdem sei der EZB kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie zu dem Schluss gelangt ist, dass der Verlust des Solidaritätsmechanismus infolge eines Ausscheidens aus der Crédit mutuel-Gruppe negative Auswirkungen auf die externen Ratings des Crédit mutuel Arkéa und folglich auf seine Refinanzierungskosten haben könnte. Schließlich liege der Vorschreibung zusätzlichen Eigenkapitals, um einem solchen Ausscheiden begegnen können, weder ein offensichtlicher Beurteilungsfehler zugrunde, noch sei sie offensichtlich unverhältnismäßig.