Von der Leyens SMS zu Corona-Impfstoff: Kommission durfte Journalistin nicht abspeisen

SMS-Nachrichten der Kommissionspräsidentin an den Pfizer-Konzernchef über milliardenschwere Impfstoff-Deals hat die EU-Kommission einer Journalistin nicht gegeben, angeblich sei sie gar nicht in Besitz der Dokumente. Nun hat das EuG entschieden: So leicht kann sie es sich nicht machen.

Im Rechtsstreit um Textnachrichten an Pharma-Konzernchef Albert Bourla hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Niederlage kassiert. Einen Beschluss, wonach die Kommission angefragte Nachrichten nicht an eine Journalistin herausgeben werde, die sich inhaltlich um Impfstoff-Deals drehten, erklärte das EuG für nichtig (Urteil vom 14.05.2025 -T-36/23). Es stützte sich dabei auf die Verordnung über den Zugang zu Dokumenten, die das Recht der Öffentlichkeit auf größtmögliche Transparenz gewährleisten soll. Demnach sollten grundsätzlich alle Dokumente, die sich im Besitz von EU-Organen befinden, zugänglich sein, so das Gericht. Die Kommission habe nicht plausibel darlegen können, dass sie nicht in Besitz der entsprechenden Dokumente sei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Im Fokus des Rechtsstreits steht ein Deal zwischen der Kommission und dem Impfstoff-Hersteller Biontech/Pfizer aus dem Frühjahr 2021. Die Parteien einigten sich auf die Lieferung von bis zu 1,8 Milliarden Dosen Corona-Impfstoff, das Vertragsvolumen wurde damals auf 35 Milliarden Euro geschätzt. Wie die New York Times berichtete, war der persönliche Kontakt zwischen von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla für den Abschluss entscheidend. Dabei sollen sie auch per SMS kommuniziert haben.

Eine Journalistin der New York Times beantragte daraufhin zusammen mit ihrer Zeitung den Zugang zu sämtlichen Textnachrichten, die von der Leyen und Bourla ausgetauscht hatten. Die Kommission aber wiegelte mit der Begründung ab, in ihrem Besitz befänden sich keine solchen Dokumente. Das fochten die Journalistin und ihre Zeitung vor dem EuG an.

EuG: Fehlende Plausibilität und widersprüchliche Angaben

Die Aussage der Kommission hielt das Gericht nicht für plausibel. Während des gesamten Verfahrens habe sich die Kommission zu den angeforderten Textnachrichten nur auf Hypothesen gestützt oder wechselnde sowie ungenaue Informationen geliefert, so das Gericht.

Die Journalistin habe jedoch im Verfahren relevante und übereinstimmende Anhaltspunkte dafür vorgelegt, dass es zu einem wiederholten Austausch von Textnachrichten zwischen von der Leyen und dem Pfizer-CEO gekommen war. Diese Hinweise entkräfteten nach Auffassung des Gerichts die Vermutung, dass die Dokumente nicht existierten.

Die Kommission habe außerdem nicht im Detail erklärt, welche konkreten Nachforschungen sie angestellt habe, um die angeforderten Nachrichten zu finden, oder an welchen Orten sie danach gesucht habe. Ebenso wenig sei plausibel gemacht worden, ob die Textnachrichten gelöscht wurden und – falls ja – ob dies automatisch, freiwillig oder im Zusammenhang mit einem Austausch des Mobiltelefons von Präsidentin von der Leyen geschehen sei.

Schließlich sei auch nicht überzeugend dargelegt worden, weshalb die Kommission der Ansicht war, dass die Nachrichten keine Informationen enthielten, die eine Aufbewahrung erforderlich gemacht hätten. In dieser Konstellation könne sich ein EU-Organ nicht auf die bloße Behauptung zurückziehen, ein Dokument nicht zu besitzen. Es müsse vielmehr nachvollziehbare Erklärungen liefern, die sowohl der Öffentlichkeit als auch dem Gericht ermöglichen zu verstehen, warum die Dokumente nicht auffindbar seien.

EuG, Urteil vom 14.05.2025 - T-36/23

Redaktion beck-aktuell, cil, 14. Mai 2025 (ergänzt durch Material der dpa).

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