EU will Ermittlungsteams zu Kriegsverbrechen in die Ukraine schicken

Wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag nach einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mitteilte, sind die EU-Justizbehörde Eurojust und die Strafverfolgungsbehörde Europol zu Unterstützung bereit. So könnte die Arbeit einer bereits vereinbarten gemeinsamen Ermittlungsgruppe verstärkt werden. Diese soll Beweise sammeln und Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufklären.

Weltweites Entsetzen nach Gräueltaten in Butscha

Über die aus befreiten ukrainischen Städten wie Butscha gemeldeten Gräueltaten zeigte sich von der Leyen schockiert. "Diese entsetzlichen Bilder dürfen und werden nicht folgenlos bleiben", kommentierte sie. "Die Urheber dieser abscheulichen Verbrechen dürfen nicht ungestraft davonkommen." Bilder von Einwohnern der kleinen Stadt Butscha, deren Leichen nach dem Abzug russischer Truppen auf den Straßen lagen, lösen seit dem Wochenende weltweit Entsetzen aus. Die ukrainische Seite macht russische Soldaten dafür verantwortlich. Selenskyj hatte bereits am Sonntag von "Völkermord" gesprochen. Moskau hingegen streitet die Schuld am Tod der Menschen vehement ab.

IStGH soll in gemeinsame Ermittlungsgruppe eingebunden werden

Mit Blick auf das weitere Vorgehen sprach sich von der Leyen für eine "globale Antwort" aus. Ihren Angaben zufolge laufen derzeit Gespräche zwischen Eurojust und dem Internationalen Strafgerichtshof, "um Kräfte zu bündeln und den Strafgerichtshof in die gemeinsame Ermittlungsgruppe einzubinden". Ein solcher koordinierter Ansatz der ukrainischen Behörden, der EU, ihrer Mitgliedstaaten und Agenturen sowie des Internationalen Strafgerichtshofs werde es ermöglichen, die Beweismittel so vollständig und rechtswirksam wie möglich zu sammeln, zu analysieren und zu verarbeiten.

EU-Kommission sichert technische und finanzielle Unterstützung zu

Wie eine Entsendung von EU-Ermittlungsteams in die Ukraine umgesetzt werden könnte, soll nun EU-Justizkommissar Didier Reynders mit dem ukrainischen Generalstaatsanwalt klären. "Die Kommission wird die erforderliche technische und finanzielle Unterstützung für alle EU-geführten Untersuchungen bereitstellen", erklärte von der Leyen.

Auch Vereinte Nationen wollen Experten schicken

Auch die Vereinten Nationen wollen die Tötung von mehreren Hundert Zivilisten in der ukrainischen Stadt Butscha von eigenen Menschenrechtsexperten untersuchen lassen. Das kündigte eine Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros am Dienstag in Genf an. Derzeit ist ein Team des UN-Büros mit etwa 50 Mitarbeitern in Uschgorod im Westen der Ukraine stationiert, etwa 800 Kilometer von der Hauptstadt Kiew und dem Vorort Butscha entfernt. Ein Termin wurde nicht genannt. Zusätzlich werde sich eine Untersuchungskommission aus unabhängigen Juristen mit dem Geschehen in Butscha beschäftigen, kündigte Sprecherin Liz Throssell an. Das Gremium soll im Auftrag des UN-Menschenrechtsrats Beweise für mögliche Kriegsverbrechen sammeln. "Es geht auf mehreren Ebenen voran", sagte Throssell.

Gitta Kharraz, Redaktion beck-aktuell, 5. April 2022 (dpa).