Entscheidung soll in schriftlichem Verfahren formalisiert werden
Die Entscheidung fiel am 28.10.2019 beim Treffen der EU-Botschafter in Brüssel. Sie soll noch in einem schriftlichen Verfahren formalisiert werden, wie EU-Ratschef Donald Tusk im Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte. EU-Chefunterhändler Michel Barnier sprach von einem "sehr kurzen, effektiven und konstruktiven Treffen".
Johnson will Neuwahl im Dezember
Premierminister Boris Johnson wollte Großbritannien ursprünglich am 31.10.2019 aus der EU führen – "komme, was wolle". Inzwischen musste er allerdings mehrere Niederlagen im britischen Parlament hinnehmen. Dort verfügt er über keine Mehrheit mehr. Er strebt daher eine Neuwahl am 12.12.2019 an, über die die Abgeordneten noch am späten Montagnachmittag abstimmen sollen. Auch hier gelten seine Erfolgsaussichten allerdings als äußerst gering. Johnson braucht für eine Neuwahl eine Zweidrittelmehrheit. Die größte Oppositionspartei Labour sperrt sich aber bislang. Deren Chef Jeremy Corbyn hatte deutlich gemacht, seine Partei werde einer Neuwahl nicht im Wege stehen, sobald ein Brexit ohne Deal vom Tisch sei.
Brüssel schließt weitere Verhandlungen über Austrittsabkommen aus
Brüssel schließt weitere Verhandlungen über das Austrittsabkommen aus. Die EU-Staaten rufen London dazu auf, sich während der Verlängerung in einer "konstruktiven und verantwortungsvollen Weise" zu verhalten. Zudem wurde festgelegt, dass Großbritannien für die kommende EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen einen Kommissar nominieren muss. Denkbar wäre, dass der aktuelle britische EU-Kommissar Julian King bis zum Brexit in Brüssel bleibt. Er ist derzeit für die Sicherheit in der Staatengemeinschaft zuständig.
Auch Frankreich trägt Kompromiss mit
Der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli, begrüßte die Entscheidung der EU-Staaten für einen flexiblen Brexit-Aufschub. "Das gibt dem Vereinigten Königreich mehr Zeit, klarzumachen, was es will", schrieb Sassoli am 28.10.2019 auf Twitter. Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan bezeichnete die Einigung der EU-Staaten als "gute Nachricht". Die Gefahr eines unmittelbar bevorstehenden "katastrophalen" EU-Austritts ohne Abkommen sei gebannt, twitterte der Labour-Politiker. Ähnlich positiv äußerte sich Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. Dänemark habe stets die Position vertreten, dass eine Verlängerung richtig sei. Auch Frankreich, das den Briten zunächst nur eine kurze Verlängerung von etwa zwei bis vier Wochen gewähren wollte, trägt den Kompromiss mit.
Regierung sieht Vorschlag kleinerer Oppositionsparteien skeptisch
Hoffnung, dass es doch vor Jahresende zu einer Neuwahl in Großbritannien kommen könnte, machten kürzlich die kleineren Oppositionsparteien. Die Liberaldemokraten und die Schottische Nationalpartei SNP boten Johnson an, per Gesetzesänderung die Erfordernis der Zweidrittelmehrheit für einen vorgezogenen Urnengang zu umgehen. Die Regierung reagierte skeptisch, denn der Preis könnten eine Senkung des Wahlalters oder weitergehende Forderungen sein. Junge Briten gelten als überwiegend proeuropäisch.