EU-Par­la­ment stimmt für Ver­bren­ner-Ver­bot ab 2035
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Im Kampf für mehr Kli­ma­schutz will das EU-Par­la­ment den Ver­kauf von Neu­wa­gen mit Ver­bren­nungs­mo­tor ab 2035 ver­bie­ten. Eine Mehr­heit der Ab­ge­ord­ne­ten stimm­te am 08.06.2022 in Straßburg dafür, dass Her­stel­ler ab Mitte des nächs­ten Jahr­zehnts nur noch Autos und Trans­por­ter auf den Markt brin­gen dür­fen, die keine kli­ma­schäd­li­chen Treib­haus­ga­se aus­sto­ßen. Bevor eine sol­che Re­ge­lung in Kraft tre­ten kann, muss sich das Par­la­ment dar­über noch mit den EU-Staa­ten einig wer­den.

Aus für Ver­bren­nungs­mo­to­ren ab 2035 um­strit­ten

Ende des Mo­nats wol­len die Mit­glied­staa­ten ihre Po­si­ti­on zu einem Ver­kaufs­ver­bot für Ben­zin- und Die­sel­au­tos fest­le­gen. Da­nach müss­ten beide EU-In­sti­tu­tio­nen ge­ge­be­nen­falls einen Kom­pro­miss fin­den, damit die Vor­ga­be in Kraft tre­ten kann. Nach der Ab­stim­mung sagte der deut­sche Grü­nen-Ab­ge­ord­ne­te Mi­cha­el Bloss: “Damit haben wir uns für die Zu­kunft des Au­to­mo­bil­stand­orts Eu­ro­pa ent­schie­den.“ Künf­tig wür­den die bes­ten Elek­tro­au­tos und neu­es­ten Bat­te­ri­en aus Eu­ro­pa kom­men. Ganz an­ders sieht das sein CDU-Amts­kol­le­ge Jens Gie­se­ke. “Grüne, Li­be­ra­le und So­zi­al­de­mo­kra­ten set­zen lei­der lie­ber alles auf die Karte Elek­tro­mo­bi­li­tät.“ Er fürch­tet nach ei­ge­nen Wor­ten um die Wett­be­werbs­fä­hig­keit Eu­ro­pas und zahl­rei­che Ar­beits­plät­ze. Er räum­te aber ein: “Das Ver­bren­ner­ver­bot 2035 wird wohl nicht mehr zu ver­hin­dern sein.“ ADAC und der Ver­band der Au­to­mo­bil­in­dus­trie (VDA) sehen die Ent­schei­dung eben­falls kri­tisch. Sie hät­ten es be­vor­zugt, auch eine Per­spek­ti­ve für kli­ma­neu­tral be­tank­te Ver­bren­nungs­mo­to­ren zu öff­nen. Die Ent­schei­dung wolle nicht wahr­ha­ben, so VDA-Prä­si­den­tin Hil­de­gard Mül­ler, dass es in wei­ten Tei­len Eu­ro­pas keine aus­rei­chen­de La­de­in­fra­struk­tur für E-Autos gebe.

Keine Aus­nah­me für kli­ma­freund­li­che syn­the­ti­sche Kraft­stof­fe

Die Ab­ge­ord­ne­ten spra­chen sich auch dafür aus, dass es keine Aus­nah­men für kli­ma­freund­li­che syn­the­ti­sche Kraft­stof­fe geben solle. Mit die­sen könn­te ein klas­si­scher Ver­bren­ner kli­ma­neu­tral be­trie­ben wer­den. Kri­ti­ker be­fürch­ten je­doch, dass es von dem “grü­nen“ Kraft­stoff schon zu wenig für Luft- und Schiff­fahrt gibt, die we­ni­ger leicht als Autos oder Trans­por­ter elek­trisch be­trie­ben wer­den kön­nen. Um­welt­or­ga­ni­sa­tio­nen be­grü­ß­ten das Er­geb­nis zu­meist. “Heute wurde vom Eu­ro­päi­schen Par­la­ment ein kla­res Si­gnal Rich­tung An­triebs­wech­sel ge­setzt“, so Jens Hil­gen­berg, Lei­ter Ver­kehrs­po­li­tik beim BUND. Der Ver­bren­nungs­mo­tor sei ein Aus­lauf­mo­dell, das müsse nun allen Be­tei­lig­ten klar sein. Vom Nabu heißt es: "Das EU-Ver­bren­ner-Aus 2035 ist ein gro­ßer Schritt und Ar­beits­auf­trag zu­gleich." Die Bun­des­re­gie­rung müsse nun drin­gend Maß­nah­men er­grei­fen, damit das Ziel er­reicht werde. Der Deut­schen Um­welt­hil­fe geht die Maß­nah­me nicht weit genug, sie for­dert ein Ver­bren­ner-Aus schon ab 2030.

Re­form des EU-Emis­si­ons­han­dels vor­erst ge­schei­tert

Am 08.06.2022 fan­den auch wei­te­re Ab­stim­mun­gen zum Ge­set­zes­pa­ket “Fit for 55“ statt, mit dem die EU bis 2030 kli­ma­schäd­li­che Treib­haus­gas­emis­sio­nen im Ver­gleich zu 1990 um 55% sen­ken und bis 2050 kli­ma­neu­tral zu wer­den will. Eine Re­form des EU-Emis­si­ons­han­dels schei­ter­te zu­nächst. Eine Mehr­heit der Ab­ge­ord­ne­ten lehn­te eine ge­plan­te Aus­wei­tung des Sys­tems auf Ge­bäu­de und Ver­kehr ab - weil sie die Vor­ga­ben zu lax fin­den. Das Ge­setz wurde zu­rück an den Um­welt­aus­schuss ver­wie­sen, um einen neuen Kom­pro­miss zu fin­den. Auch der ge­plan­te EU-Grenz­aus­gleichs­me­cha­nis­mus - eine Art Im­port­zoll auf CO2-Emis­sio­nen von Waren - und der Kli­ma­so­zi­al­fonds für ein­kom­mens­schwa­che Haus­hal­te lie­gen erst­mal auf Eis, da sie eng mit dem Emis­si­ons­han­del zu­sam­men­hän­gen. Wie lange es dau­ern könn­te, bevor das Par­la­ment über einen neuen Kom­pro­miss ab­stim­men kann, ist offen.

Ge­gen­sei­ti­ge Schuld­zu­wei­sun­gen der Par­tei­la­ger

Der CDU-Ab­ge­ord­ne­te Peter Liese (CDU), der für die Ver­hand­lung des Dos­siers im EU-Par­la­ment zu­stän­dig ist, sagte: “Die So­zi­al­de­mo­kra­ten und die Grü­nen sind ihrer Ver­ant­wor­tung für Kli­ma­schutz nicht ge­recht ge­wor­den." Aus Sicht der Grü­nen und So­zi­al­de­mo­kra­ten da­ge­gen war der Text schluss­end­lich nicht ehr­gei­zig genug. “Das Eu­ro­päi­sche Par­la­ment lehnt den von der fos­si­len Lobby und Al­li­anz auf­ge­weich­ten Emis­si­ons­han­del ab“, sagte Grü­nen-Po­li­ti­ker Mi­cha­el Bloss. Der Um­welt­aus­schuss hatte zuvor dafür ge­stimmt, den vom Emis­si­ons­han­del ab­ge­deck­ten Aus­stoß von Treib­haus­ga­sen bis 2030 um 67% zu sen­ken. Eine Mehr­heit im Par­la­ment stimm­te je­doch für einen Än­de­rungs­vor­schlag der kon­ser­va­ti­ven EVP für eine Re­duk­ti­on von 63%. “Die christ­de­mo­kra­ti­sche EVP hat mit der rech­ten Seite des Hau­ses ver­sucht, den Kom­mis­si­ons­vor­schlag zu ver­wäs­sern, wo es nur mög­lich war“, sagte Wöl­ken von der SPD.

Redaktion beck-aktuell, Laura Dubois und Marek Majewsky, 9. Juni 2022 (dpa).

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