In dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht spricht das EU-Parlament von "einer Vielzahl besorgniserregender Entwicklungen" sowie "systemischer und neuer Bedrohungen der Rechtsstaatlichkeit in der EU". Dazu zählten die Nichteinhaltung von Gerichtsurteilen, die Aushöhlung des zivilen Raums sowie Angriffe auf EU-Werte. Die Parlamentarier zeigten sich außerdem besorgt angesichts einer Verschlechterung des Schutzes von Minderheiten und schutzbedürftiger Gruppen, insbesondere aus der LGBTIQ -Community, wie es in einer Pressemitteilung heißt.
Von der EU-Kommission fordert das Parlament nun verbindlichere Empfehlungen und eine verbesserte Methodik zur Bekämpfung dieser Herausforderungen. Der Bericht dient als parlamentarischer Beitrag zum jährlichen Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU-Kommission, der im Juli veröffentlicht werden soll.
"Die Tür für Autoritarismus öffnet sich"
Die Parlamentarier heben in ihrem Bericht zudem die zentrale Bedeutung einer unabhängigen Justiz hervor. Es dürfe keine politische Eingriffe in Ermittlungen geben und juristische Mittel nicht zu parteipolitischen Zwecken missbraucht werden. Die Abgeordneten mahnen eine konsequente Durchsetzung der EU-Werte und der Urteile des Gerichtshofs der EU an – andernfalls stehe die Legitimität der EU-Rechtsordnung auf dem Spiel.
"Die Demokratie lebt von der Gewaltenteilung, der Pressefreiheit, dem Zugang zur Justiz und der Achtung der Grundfreiheiten. Ohne diese wird die Rechtsstaatlichkeit zu einer leeren Formel - und die Tür für Autoritarismus öffnet sich", sagte die Berichterstatterin Ana Catarina Mendes aus Portugal nach der Abstimmung. "Dieses Parlament kann die Bedrohung unserer Werte nicht ignorieren."
Der Bericht kritisiert zudem die geplante Rücknahme der EU-Anti-Diskriminierungsrichtlinie durch die Kommission. Zudem fordern die Abgeordneten, Hassverbrechen und Hassrede unionsweit unter Strafe zu stellen. Journalisten würden angegriffen, grundlegende bürgerliche Freiheiten seien unter Beschuss geraten, kritisiert Mendes. "Das Schweigen der Demokraten ist der größte Segen für die Extremisten."
Systemische Probleme und politische Verantwortung
Besonders im Fokus des Berichts steht Ungarn. Der Bericht verweist auf systematische Einflussnahme auf die Staatsanwaltschaft, Missbrauch von EU-Geldern und gezielte Einschränkungen für LGBTIQ -Personen. Das Parlament drängt den Rat, das eingefrorene Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags wieder aufzunehmen. Auch Polen, Italien und weitere Staaten werden wegen Rückschritten bei Grundrechten erwähnt.
Auch der Zustand der Pressefreiheit in der EU steht im Fokus. Der Einsatz von Spähsoftware gegen Journalistinnen und Journalisten und die Zivilgesellschaft sowie die Verbreitung von Desinformation werden als Bedrohungen demokratischer Prozesse benannt. Das Parlament fordert daher die vollständige Umsetzung der jüngsten Rechtsvorschriften, darunter das Gesetz über digitale Dienste und das Gesetz über Medienfreiheit. Der Bericht wird nun der EU-Kommission vorgelegt.