EU-Länder ebnen Weg für mehr Steuertransparenz großer Unternehmen

Umsatzstarke Unternehmen in der EU könnten künftig zu deutlich mehr Steuertransparenz verpflichtet werden. Bei einer Videokonferenz der nationalen Wirtschaftsminister am Donnerstag signalisierte eine Mehrheit Zustimmung für den Plan, Finanzbehörden über das sogenannten Public Country-by-Country-Reporting (CbCR) zusätzliche Informationen zu grenzüberschreitenden Konzernstrukturen an die Hand zu geben.

Mehr Steuertransparenz ist das Ziel

Dabei geht es darum, Firmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro pro Jahr dazu zu verpflichten, Informationen über ihre Gewinne und Steuern öffentlich zu machen. Durch länderbezogene Berichte für multinational tätige Unternehmen und deren automatischen Austausch sollen Finanzbehörden besser prüfen können - so soll Steuervermeidung stärker entgegengewirkt werden. Weil sich die Minister und ihre Vertreter am Donnerstag nur per Videokonferenz getroffen haben, konnte formell noch keine bindende Entscheidung getroffen werden. Es besteht jedoch der Plan, dies zeitnah nachzuholen und offiziell grünes Licht für die noch notwendigen Verhandlungen mit dem EU-Parlament zu geben.

Deutschland hat sich bei Abstimmung enthalten

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) machte die Union dafür verantwortlich, dass sich Deutschland bei der Konferenz nicht offen dafür ausgesprochen hatte, das Vorhaben in dieser Form zu unterstützen. CDU und CSU würden diesen Schritt hin zu mehr Steuertransparenz partout nicht mitgehen wollen. Aus dem CDU-geführten Wirtschaftsministerium hieß es, man habe Vertrauen darin, dass Finanzbehörden solche Informationen bereits nutzten, da sie ihnen schon zur Verfügung stünden. Einige EU-Länder wie Luxemburg, Malta, Zypern und Irland sind der Meinung, dass Einstimmigkeit herrschen müsse, weil es um Steuerpolitik gehe. Die Mehrheit der Länder und die EU-Kommission vertreten dagegen den Standpunkt, dass es um Transparenz gehe und Steuerregeln nicht direkt geändert würden. Daher reiche eine qualifizierte Mehrheit.

Nichtregierungsorganisationen begrüßen den Schritt - Wirtschaftsverbände üben Kritik

Kritik kommt auch von Wirtschaftsverbänden. Der Verband der Automobilindustrie fürchtet, dass sensible Unternehmensdaten öffentlich werden könnten. Auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) spricht von "erheblichen Wettbewerbsnachteilen" für europäische Firmen. Aus Sicht der Stiftung Familienunternehmen wäre ein öffentliches CbCR vor dem Europäischen Gerichtshof "wegen des unverhältnismäßigen Eingriffs in den Datenschutz und der Rechtsgrundlage für die Entscheidung auch angreifbar". Sozialdemokratische und grüne Europapolitiker feierten die Entscheidung. So twitterte der grüne Finanzexperte Sven Giegold: "Das ist ein riesiger Erfolg gegen Steuervermeidung".

Redaktion beck-aktuell, 26. Februar 2021 (dpa).