EU-Kommission: Vorerst kein europäisches Gesetz gegen Hass im Netz

Die EU setzt im Umgang mit Hass und Hetze im Internet vorerst weiter auf die Kooperation sozialer Netzwerke. Erst wenn das scheitere, könnten europäische Vorgaben in Frage kommen, sagte EU-Justizkommissarin Vera Jourova am 07.07.2017 im estnischen Tallinn am Rande eines Treffens der EU-Justizminister. Es sei deshalb "ziemlich wichtig, jetzt auf Deutschland zu schauen und wie das dort klappt". Denn der deutsche Bundestag hatte das Gesetz gegen Hass im Internet in der in der letzten Juniwoche 2017 verabschiedet.

Deutscher Justizminister sieht deutsche Regelung als taugliches Modell für EU

Online-Netzwerken wie Facebook, Twitter und YouTube sollen Strafen von bis zu 50 Millionen Euro drohen, wenn sie systematisch gegen die Pflicht zur Löschung strafbarer Inhalte verstoßen. Die deutsche Regelung könne ein Modell auch für andere sein, meint Bundesjustizminister Heiko Maas. "Deshalb glaube ich, (...) dass andere Länder sich jetzt sehr genau anschauen werden, wie das in Deutschland funktioniert, um zu überprüfen, ob das auch für ihr Land eine Alternative sein kann", sagte der SPD-Politiker. In Deutschland sei die Hasskriminalität um 300% gestiegen in den letzten zwei Jahren. Dieser Entwicklung könne sein Ministerium nicht tatenlos zusehen, fügte Maas hinzu. Kritiker fürchten hingegen eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, weil Netzwerke sich aus Angst vor Strafen eher für das Löschen grenzwertiger Beiträge entscheiden könnten.

Österreichs Justizminister plädiert für europaweite Regelung

Das deutsche Gesetz führe dazu, dass Anbieter grundsätzlich sensibler mit dem Thema umgingen, sagte Österreichs Justizminister Wolfgang Brandstetter. Der deutsche Vorstoß habe "insofern was gebracht, dass, glaube ich, auch Facebook insgesamt vorsichtiger und verständnisvoller geworden ist für unsere Anliegen". Brandstetter plädierte für eine EU-Regelung. "Letztlich kann man dieses Problem nur auf europäischer Ebene lösen. Und nur die EU insgesamt kann diesen Internetgiganten, die ja global agieren, einigermaßen auf Augenhöhe begegnen", sagte er.

EU-Kommission setzt dagegen auf Kooperation mit Social-Media-Unternehmen

Die EU-Kommission setzt indes vorerst auf eine Fortsetzung der Gespräche mit Unternehmen wie Facebook, Twitter und YouTube. "Wir haben riesige Fortschritte gesehen bei der Entfernung von Hassinhalten von ihren Websites und aus sozialen Medien", lobte Jourova.

Unternehmen zeigen Engagement bei der Entfernung von Hasskommentaren

Nach dem jüngsten Bericht der EU-Kommission von Anfang Juni 2017 nahmen Facebook, Twitter und YouTube zuletzt zwar doppelt so oft beanstandete Texte von ihren Seiten wie noch vor sechs Monaten. In vier von zehn Fällen blieb die gewünschte Reaktion allerdings weiter aus. Zudem wurde im Schnitt nur jede zweite Meldung über einen mutmaßlich illegalen Hasskommentar innerhalb von 24 Stunden geprüft. Anfang des Jahres 2018 solle ein weiterer Bericht veröffentlicht werden, kündigte Jourova an.

Redaktion beck-aktuell, 7. Juli 2017 (dpa).

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