Disziplinarrechtliche Verfolgung wegen richterlicher Entscheidungen problematisch
Die Behörde kritisiert, dass polnische Richter an ordentlichen Gerichten wegen des Inhalts ihrer richterlichen Entscheidungen disziplinarrechtlich verfolgt werden können. Das betreffe auch das Recht, den EuGH um Vorabentscheidungen zu ersuchen. Die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der zuständigen Disziplinarkammer des Obersten Gerichts sei zudem nicht gesichert.
Polen weist Klage als politisch motiviert zurück
Polens Justizminister Zbigniew Ziobro bezeichnete die Klage als "politische Aktion" im Zusammenhang mit der polnischen Parlamentswahl am 13.10.2019. Er sprach von einem Versuch, in den Wahlverlauf einzugreifen. Die nationalkonservative Regierungspartei PiS hat nach Umfragen gute Aussichten auf einen Wahlerfolg.
Bereits mehrere Verfahren vor EuGH
Die EU-Kommission ist bereits mehrfach wegen diverser Justizreformen der PiS vor den EuGH gezogen. Darüber hinaus startete sie 2017 ein Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge gegen das Land. Damit können einem Staat bei Verstößen gegen EU-Grundrechte in letzter Konsequenz Stimmrechte entzogen werden. Das Verfahren gegen Polen stockt jedoch.
Neuregelung bereits im April kritisiert
Die neuen Disziplinarregeln für Richter hatte die Kommission bereits im April moniert. Mit Erklärungen aus Warschau war sie nicht zufrieden. "Auch in seiner jüngsten Erwiderung ist es Polen nicht gelungen, die Bedenken der Kommission auszuräumen", hieß es in einer Mitteilung.
Polnische Richter mussten Rückschlag einstecken
Die polnische Regierung verteidigt ihre Reform und betont, diese stelle in keiner Weise eine Bedrohung der richterlichen Unabhängigkeit dar. Polnische Richter waren ihrerseits bereits gegen die Disziplinarregeln vor den EuGH gezogen, hatten aber zuletzt einen Rückschlag einstecken müssen. Der zuständige Generalanwalt erklärte Ende September, das Anliegen der Richter sollte derzeit kein Fall für den EuGH sein. Das Urteil steht noch aus.