EU-Bürgerschaft für Europäer unabhängig von Staatsangehörigkeit gefordert
Die erste Bürgerinitiative fordert die Kommission angesichts des bevorstehenden Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU auf, die Unionsbürgerschaft von der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates abzukoppeln ("Unionsbürgerschaft für die Europäerinnen und Europäer: ‚In Vielfalt geeint‘ trotz Bodenrecht und Abstammungsrecht", englisches Original "EU Citizenship for Europeans: United in Diversity in spite of jus soli and jus sanguinis").
Aufrechterhaltung der Freizügigkeit verlangt
In der zweiten Initiative wird die Kommission aufgefordert, das Recht der Unionsbürger, sich innerhalb der EU frei zu bewegen und aufzuhalten, beizubehalten ("Erhalt der Unionsbürgerschaft", englisches Original "Retaining European Citizenship").
"Stopp dem Brexit"-Initiative als unzulässig abgelehnt
Eine dritte Vorlage für eine Bürgerinitiative lehnte die Kommission als unzulässig ab. Diese hatte die Kommission aufgefordert, den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zu verhindern ("Stopp dem Brexit").
Die ersten beiden Initiativen sind registrierbar
Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die ersten beiden genannten Initiativen die notwendigen Voraussetzungen für eine Registrierung nach Maßgabe der Verordnung über die Bürgerinitiative erfüllen. Beide Initiativen fordern die Kommission mit Blick auf den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU auf, den Status der Unionsbürgerschaft und die damit zusammenhängenden Rechte zu schützen.
Kommission will von Brexit betroffene Bürger nicht im Ungewissen lassen
Es sei ein grundlegendes Anliegen der Kommission, für die insgesamt gut vier Millionen Bürger (3,2 Millionen EU-Bürger im Vereinigten Königreich und 1,2 Millionen Bürger des Vereinigten Königreichs in der EU), deren Zukunft aufgrund der Austrittsentscheidung des Vereinigten Königreichs unsicher ist, Gewissheit und Sicherheit zu schaffen. Zwar könne die Kommission keine abgeleiteten Rechtsvorschriften vorschlagen, die darauf abzielen, natürlichen Personen ohne Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates die Unionsbürgerschaft zu verleihen. Doch würden die Rechte von betroffenen EU-Bürgern nach dem Austritt ein zentraler Punkt in den anstehenden Verhandlungen nach Art. 50 EUV sein. Die Kommission kündigte an, "alles in ihrer Macht Stehende" zu tun, "damit die Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich nicht auf dem Rücken der EU-Bürger ausgetragen werden".
"Stopp dem Brexit"-Initiative erfüllt Registrierungsbedingungen nicht
Im Fall der "Stopp dem Brexit"-Initiative kam die Kommission zu dem Schluss, dass die Registrierungsbedingungen nicht gegeben sind. Nach Art. 50 Abs. 1 EUV sei es jedem Mitgliedstaat ausdrücklich erlaubt, im Einklang mit den eigenen verfassungsrechtlichen Anforderungen aus der Union auszutreten.
Weiteres Vorgehen
Die Initiative "Erhalt der Unionsbürgerschaft" wird nach Angaben der Kommission am 02.05.2017 formal registriert. Die Registrierung der Initiative "Unionsbürgerschaft für die Europäerinnen und Europäer" erfolge ihrerseits am 27.03.2017. In beiden Fällen markiere dies den Beginn der Jahresfrist, in der die Organisatoren Unterstützungsbekundungen für die vorgeschlagene Initiative sammeln.
Hintergrund
Die europäischen Bürgerinitiativen wurden mit dem Vertrag von Lissabon eingeführt. Seit dem Inkrafttreten der Verordnung über die europäische Bürgerinitiative im April 2012 haben die Bürger die Möglichkeit, ein bestimmtes Thema auf die politische Tagesordnung der Kommission setzen zu lassen. Nach der Verordnung Nr. 211/2011 über die europäische Bürgerinitiative ist eine Initiative zulässig, sofern sie nicht offenkundig außerhalb des Rahmens liegt, in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen, nicht offenkundig missbräuchlich, unseriös oder schikanös ist und nicht offenkundig gegen die Werte der Union verstößt. Ist eine europäische Bürgerinitiative formal registriert, so können eine Million Bürger aus mindestens einem Viertel der EU-Mitgliedsstaaten die Europäische Kommission dazu auffordern, im Rahmen der Befugnisse der Kommission einen Rechtsakt vorzulegen. Nur wenn eine Initiative innerhalb eines Jahres ab der Registrierung eine Million gültige Unterstützungsbekundungen aus mindestens sieben Mitgliedstaaten erhält, muss die Kommission entscheiden, ob sie tätig wird oder nicht und die Gründe für ihre Entscheidung darlegen.