EU-Kommission prüft weiterhin Verfahren gegen Deutschland wegen Karlsruher EZB-Urteils

Drei Wochen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Europäischen Zentralbank (EZB) prüft die EU-Kommission weiter, ob sie gegen Deutschland vorgeht. Die zuständige Vizepräsidentin Vera Jourova sagte am 25.05.2020 in einer Anhörung des Europaparlaments: "Wir benötigen noch mehr Zeit, um das Urteil zu analysieren und um zu entscheiden, ob wir rechtlich vorgehen und wenn ja, wie wir das tun." Sie bekräftigte, dass europäisches Recht Vorrang vor nationalem Recht habe und die EZB unabhängig agiere.

BVerfG hatte sich gegen EuGH gestellt

Das Bundesverfassungsgericht hatte m 05.05.2020 die milliardenschweren Staatsanleihenkäufe der EZB beanstandet und sich damit erstmals gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs gestellt. Kommissionschefin Ursula von der Leyen kündigte deshalb an, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland zu prüfen. Sie betonte, dass EuGH-Urteile für alle nationalen Gerichte verbindlich seien.

Schaden für "Rechtsgemeinschaft Europas"

Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber hatte am 24.05.2020 im ZDF einen europäischen "Kompetenzgerichtshof" vorgeschlagen, der Streit zwischen nationalen Gerichtshöfen und dem EuGH schlichten könnte. Dieser solle aus nationalen Verfassungsrichtern zusammengesetzt sein, die dann künftig über die Zuständigkeit entscheiden. "Die politische Wirkung des Urteils ist eindeutig: Es gab Applaus aus Polen, es gab Applaus aus Ungarn", sagte Weber. "Also die politische Wirkung des Urteils ist leider Gottes für die Rechtsgemeinschaft Europas ein großer Schaden."

Redaktion beck-aktuell, 25. Mai 2020 (dpa).