Seit 2025 verpflichtet die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die CSRD ist 2022 in Kraft getreten, wurde jedoch vom deutschen Gesetzgeber bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Das allein hat bereits für viel Verunsicherung bei Unternehmen in Deutschland gesorgt. Die Ankündigung von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im vergangenen November, die europäischen Regeln der Berichtspflichten von Unternehmen vereinfachen zu wollen, zog viele Spekulationen in den sozialen Netzwerken sowie noch mehr Planungsunsicherheit für Unternehmen nach sich.
Am 26. Februar 2025 wurde der Vorschlag für ein "Simplification Omnibus package" veröffentlicht. Darin schlägt die Kommission unter anderem weitreichende Änderungen an der CSRD und der Taxonomie-VO vor. Hierbei versucht sie einen Spagat: Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen soll durch gestraffte Regeln für Berichterstattung gestärkt werden, gleichzeitig sollen die Unternehmen jedoch die Dekarbonisierungsziele aus dem Green Deal der EU erfüllen. Mit Blick auf die Berichtspflichten unter der CSRD und Taxonomie-VO möchte die Kommission den Kreis der Unternehmen, die in die Anwendungsbereiche der beiden Rechtsakte fallen, deutlich reduzieren.
CSRD: Berichtspflichten und Stop-the-clock-Vorschlag
Die Einführung der Nachhaltigkeitsberichtspflichten unter der CSRD erfolgt bislang schrittweise. Ab 2025 berichten Unternehmen der sogenannten ersten Welle, die bereits unter der Non Financial Reporting Directive (NFRD) verpflichtet sind, eine sogenannte nicht finanzielle Erklärung abzugeben. Das sind Unternehmen des öffentlichen Interesses mit mehr als 500 Beschäftigten. Im zweiten Schritt sollen dann sämtliche bilanzrechtlich großen Unternehmen und im dritten Schritt kapitalmarktorientierte kleinere Unternehmen berichtspflichtig werden.
Nach dem Omnibus-Vorschlag soll ein einheitlicher Schwellenwert eingeführt werden und es sollen nur noch große Unternehmen berichtspflichtig sein, die über 1.000 Mitarbeitende beschäftigen und entweder einen Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von mehr als 25 Millionen Euro aufweisen. Damit fallen nach Angaben der Kommission etwa 80% der Unternehmen aus dem Anwendungsbereich der CSRD heraus, die nach aktueller Rechtslage unter die Berichtspflicht fallen würden.
Daneben plant die Kommission, die Berichtspflicht für Unternehmen der zweiten Welle erst zwei Jahre später einzuführen (sogenannter Stop-the-clock-Vorschlag). Für Unternehmen der ersten Welle, die aktuell bereits berichtspflichtig unter der CSRD sind, gilt diese Regelung nicht. Sie müssen für die Geschäftsjahre 2024 und 2025 Bericht erstatten. In Deutschland geben Unternehmen der ersten Welle jedoch mangels Umsetzung der CSRD in deutsches Recht weiterhin eine nicht finanzielle Erklärung unter dem sogenannten CSR-RUG ab, das die NFRD umsetzt.
Reduktion der Berichtspflichten unter der CSRD
Die CSRD regelt bislang, dass die zu berichtenden Nachhaltigkeitsinformationen "Angaben zur eigenen Geschäftstätigkeit des Unternehmens und zu seiner Wertschöpfungskette" umfassen. Das führt dazu, dass häufig große bereits berichtspflichtige Unternehmen entlang ihrer Wertschöpfungskette kleinere Unternehmen dazu verpflichten, ihnen die entsprechenden Informationen zuzuliefern.
Nach dem Omnibus-Vorschlag sollen große Unternehmen keine Nachhaltigkeitsinformationen mehr verlangen dürfen, die über die freiwillig anzuwendenden Berichtsstandards hinausgehen. Auf diese Weise soll der sogenannte Trickle-Down-Effekt abgeschwächt werden, der dazu führt, dass auch nicht berichtspflichtige Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette faktisch verpflichtet werden, umfangreiche Daten zu erheben und Informationen weiterzugeben. Das soll künftig nur noch in Ausnahmefällen möglich sein.
Taxonomie-VO: Eingeschränkter Anwendungsbereich
Auch mit Blick auf Art. 8 Taxonomie-VO soll ein Großteil der Unternehmen von der Berichtspflicht befreit werden. Für Unternehmen im Anwendungsbereich der NFRD wurden mit dem Inkrafttreten der Taxonomie-VO und ihren Delegierten Rechtsakten Angaben zur ökologischen Nachhaltigkeit eingeführt. Bislang geht der Anwendungsbereich von Art. 8 Taxonomie-VO mit dem Anwendungsbereich von der NFRD und CSRD einher.
Nach dem Omnibus-Vorschlag sollen nur noch die größten Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD mit mehr als 450 Millionen Euro Umsatzerlösen im Geschäftsjahr berichtspflichtig unter der Taxonomie-VO sein. Da die Berichtspflicht unter der Taxonomie-VO auf den Anwendungsbereich der CSRD aufsetzt, gelten die zeitlichen Verschiebungen der Erstanwendung der CSRD-Berichterstattung auch für die Taxonomie-Berichterstattung.
Flexiblere Offenlegungen unter der Taxonomie-VO
Berichtspflichtige Unternehmen müssen unter Art. 8 Taxonomie-VO den Anteil ihrer Umsatzerlöse, Investitionen (Capex) und Betriebsausgaben (Opex), die mit ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten unter der Taxonomie-Verordnung verbunden sind, berichten.
Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD, die weniger als 450 Millionen Euro Umsatzerlöse im Geschäftsjahr erwirtschaften, können nach dem Omnibus-Vorschlag freiwillig ihre Taxonomiequoten offenlegen. Wenn eine Offenlegung erfolgt, müssen Umsatzerlöse und Capex offengelegt werden. Opex kann wiederum freiwillig berichtet werden.
Zudem sollen Unternehmen auf freiwilliger Basis auch KPI von Wirtschaftstätigkeiten offenlegen können, die nicht alle technischen Bewertungskriterien der Taxonomie-Verordnung erfüllen. Hierdurch will die Kommission die Bedeutung von Wirtschaftstätigkeiten hervorheben, die noch nicht alle Voraussetzungen unter der Taxonomie erfüllen, aber mit Blick auf die Transformation hin zu einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaft einen relevanten Beitrag leisten.
Fortbestehende Unsicherheit
Wenig hilfreich ist für Unternehmen die fortbestehende Unsicherheit angesichts politischer Uneinigkeit auf EU-Ebene. Das haben zuletzt die heftigen Debatten im EU-Parlament verdeutlicht, bei denen sich Sozialdemokraten, Grüne, Linke und S&D überwiegend ablehnend äußerten. Anstelle der angekündigten Vereinfachungen sei der Vorschlag eine Deregulierung. Demgegenüber sprachen EVP und ESN-Fraktion davon, Bürokratie noch weiter abbauen zu wollen.
Vertreter der Mitgliedsstaaten äußerten sich im Rahmen einer Sitzung des EU-Rats am 10. März 2025 überwiegend zustimmend zu den Omnibus-Vorschlägen der Kommission. Der deutsche Interims-Finanzminister Jörg Kukies signalisierte Zustimmung für den Vorschlag, obgleich es noch an einigen Stellen Verbesserungsbedarf gebe.
Wie sollten Unternehmen jetzt verfahren?
Der Omnibus ist bisher nur ein Vorschlag der Kommission, der noch von Parlament und Rat bestätigt werden muss und vorher noch Änderungen erfahren kann. Unternehmen sollten daher auf keinen Fall die Stifte fallenlassen und sämtliche Vorbereitungshandlungen für eine Berichterstattung stoppen. Unternehmen, die bislang nicht berichtspflichtig sind und nach den Vorschlägen aus der CSRD-Berichterstattung rausfallen würden, könnten die Zeit nutzen, um sich mit freiwilligen Berichtsstandards auseinanderzusetzen.
Die Vorschläge zu flexibleren Offenlegungen unter der Taxonomie-VO zeigen, wohin der Trend geht: Es zählen nicht nur Aktivitäten, die bereits ökologisch nachhaltig sind, sondern auch konkrete Schritte dahin. Investitionen in den Übergang werden auch mit einer dahingehenden Anpassung der Taxonomie-VO an Bedeutung gewinnen.
Auch für Unternehmen, die nach den Vorschlägen nicht in den Anwendungsbereich der Taxonomie fallen, ist es sinnvoll, sich mit dem Gedanken an eine freiwillige Berichterstattung unter der Taxonomie-VO auseinanderzusetzen. Im Übrigen gilt nach wie vor, dass Unternehmen, die sich im Wandel befinden und nachvollziehbare Transitionspläne erstellen, in Zukunft für Investoren und Banken attraktiver sind.
Dr. Anna-Maja Schaefer ist Rechtsanwältin und Counsel bei CMS mit einem Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich Sustainable Finance. Sie ist Mitglied der sozietätsweiten Nachhaltigkeitsinitiative und mitverantwortlich für den ersten CMS-Nachhaltigkeitsbericht.