EU-Kommission legt Notfallplan zur Gaseinsparung vor
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Russland liefert gerade weniger Gas nach Europa, viele befürchten, dass die Lieferungen ganz ausfallen. Um verheerenden Auswirkungen zu verhindern, soll Gas gespart werden. Zu diesem Zweck präsentiert die Europäische Union einen Notfallplan aus dem hervorgeht, dass Staaten im Zweifel zum Gassparen gezwungen werden sollen. Sollte sich die EU-Kommission durchsetzen und der Notfallplan in Kraft treten, könnten Länder künftig bei Weigerung bestraft werden.

Vorerst kein Zwang zum Gassparen für Verbraucher

Im Gesetzesvorschlag heißt es, den EU-Staaten stehe es frei, geeignete Maßnahmen selbst zu wählen. Wie genau auf Verbraucherseite gespart wird, ist also nicht vorgegeben. Dass auch Bürgerinnen und Bürger Gas sparen müssen, ist aber sehr wahrscheinlich. Denn die Einsparziele sind hoch. Auf zunächst freiwilliger Basis soll der Gasverbrauch in den EU-Ländern um 15% sinken. Im Verordnungsentwurf wird aber betont, dass sogenannte geschützte Kunden "ununterbrochen" versorgt werden sollen. Für den Fall einer Gasnotlage gibt es bereits einheitliche Regeln in der EU, die in der sogenannten SoS-Verordnung verankert sind. Diese regelt etwa, welche Kunden in einem Ernstfall noch mit Gas versorgt werden sollen: Haushalte und essenzielle soziale Dienste werden als geschützte Verbraucher besonders behandelt. Sie genießen eine besondere Stellung und ihnen kann von den Mitgliedsländern Vorrang eingeräumt werden. 

Unternehmen sollen auf andere Energieträger umsteigen

In einem Punkt kommen aber vermutlich auch weniger Auswirkungen auf die Menschen im Land zu als zunächst angedacht: Während in einem früheren Entwurf vorgesehen war, dass öffentliche Gebäude, Büros und kommerzielle Gebäude bis maximal 19 Grad beheizt und mit Klimaanlagen auf nicht weniger als 25 Grad heruntergekühlt werden sollen, findet sich dies in den aktuellen Vorschlägen nicht mehr. Der Entwurf der Kommission, dem die EU-Staaten noch zustimmen müssen, sieht unter anderem vor, dass Unternehmen auf andere Energieträger umsteigen sollen. Dafür könnten Firmen finanzielle Anreize erhalten. Wenn die Versorgungslage sehr kritisch wird, könnten bestimmten Wirtschaftszweigen der Gashahn abgedreht werden. Der Gesetzesvorschlag sieht aber vor, dass bestimmte Bereiche geschützt werden sollen. Bei Sparmaßnahmen soll etwa darauf geachtet werden, ob diese Auswirkungen auf Versorgungs- und Lieferketten hätten oder langfristige Schäden an Industrieanlagen anrichten könnten.

DIHK begrüßt Notfallplan

Der Deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK) begrüßte den Plan grundsätzlich. "Die EU-Kommission ist mit ihrem Gasplan auf dem richtigen Weg: Nur durch schnelle und pragmatische Gaseinsparungen kommen wir durch den nächsten Winter", sagte Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer. Er fordert von der Bundesregierung finanzielle Anreize und eine bürokratische Vereinfachung des Wechsels von Gas auf andere Energieträger. Nach geltenden EU-Regeln müsste die deutsche Industrie theoretisch Gas an Haushalte eines Nachbarlands wie Österreich abgeben, falls das Land sich nicht anders versorgen kann und auch Deutschland keine weiteren Vorräte hat. Umgekehrt würden deutsche Haushalte über die Industrie von Nachbarländern versorgt, wenn es zum Äußersten käme. Dies wäre der aller letzte Ausweg und würde wohl nur eintreten, wenn Gas in mehreren Ländern gleichzeitig knapp wird. Die genauen Modalitäten müssten noch ausgearbeitet werden.

EU-Länder zu Einsparmaßnahmen verpflichtet

Die EU-Länder sollen nun Maßnahmen entwickeln, wie Gas gespart werden kann. Wenn der Vorschlag in seiner jetzigen Form Realität wird, sind sie im Zweifel auch dazu verpflichtet. Weigert sich dann ein EU-Staat, kann er von der Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt werden. Dies kann dazu führen, dass Strafen fällig werden. Schon jetzt gibt es Mitgliedsstaaten, die sich nicht an die bereits geltenden EU-Regeln halten wollen. So hat Ungarn vergangene Woche einen Notstand ausgerufen und angekündigt, dass es ab August kein Gas und andere Energieträger mehr an andere EU-Länder liefern will. Die EU-Kommission untersucht diesen Schritt gerade. Für Deutschland begrüßte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das Vorhaben der EU-Kommission. "Wir müssen daher gemeinsam unsere Vorsorge stärken", teilte er mit. Ein entscheidender Hebel sei es, den Gasverbrauch zu reduzieren. "Daran müssen wir alle mit ganzer Kraft arbeiten."

Marek Majewsky; Laura Dubois, 21. Juli 2022 (dpa).