EU-Kommission legt Klimapaket vor
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© Dursun Aydemir / picture alliance

Die Europäische Kommission hat ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen, um das Klimaziel 2030 zu erreichen, das vorsieht, bis dahin die Treibhausgasemissionen um mindestens 55% gegenüber 1990 zu senken. Das Paket sieht unter anderem ein neues Emissionshandelssystem für die Berieche Straßenverkehr und Gebäude, strengere Emissionssenkungsziele, schärfere CO2-Vorgaben für Autos und ein CO2-Grenzausgleichssystem vor.

Emissionshandel für Straßenverkehr und Gebäude

Aktuell werde CO2 durch das EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS) bepreist und die Obergrenzen für die Emissionen einzelner Wirtschaftszweige würden jedes Jahr gesenkt. So hätten die Emissionen aus der Stromerzeugung und energieintensiven Industriezweigen in den letzten 16 Jahren um 42,8% gesenkt werden können. Nun schlägt die Kommission vor, die Obergrenze für alle Emissionen noch weiter zu senken und die jährliche Kürzung zu erhöhen. Ein weiterer Vorschlag der Kommission ist, die kostenlosen Emissionszertifikate für den Luftverkehr schrittweise abzuschaffen und mit dem internationalen System zur Verrechnung und Reduzierung von Kohlenstoffdioxid für die internationale Luftfahrt (CORSIA) gleichzuziehen und Schifffahrtsemissionen erstmals in das EU-EHS einzubeziehen. Um die fehlenden Emissionsreduktionen im Straßenverkehr und im Gebäudesektor anzugehen, werde ein separates neues Emissionshandelssystem für die Treib- beziehungsweise Brennstoffversorgung in diesen Sektoren eingeführt. Die Kommission schlägt auch vor, den Innovationsfonds und den Modernisierungsfonds aufzustocken.

Strengere Emissionssenkungsziele 

Um die erheblichen Klimaausgaben des EU-Haushalts zu ergänzen, sollten laut Kommission die Mitgliedstaaten die Gesamtheit ihrer Einnahmen aus dem Emissionshandel für klima- und energiebezogene Projekte bereitstellen. Ein bestimmter Teil der Einnahmen aus dem neuen Emissionshandelssystem für den Straßenverkehr und den Gebäudesektor sollte zur Abfederung etwaiger sozialer Auswirkungen auf sozial schwächere Privathaushalte, Kleinstunternehmen und Verkehrsteilnehmer vorgesehen werden. In der Lastenteilungsverordnung würden den Mitgliedstaaten neue strengere Emissionssenkungsziele zugewiesen für Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und kleine Unternehmen. Dabei sei den unterschiedlichen Ausgangssituationen und Kapazitäten in den einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung getragen und das jeweilige Pro-Kopf-BIP zugrunde gelegt sowie Anpassungen aus Gründen der Kosteneffizienz vorgenommen worden.

Klimaneutralität in der Landwirtschaft bis 2035

Die Mitgliedstaaten seien auch gemeinsam für die Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre verantwortlich. Deshalb sei in der Verordnung über Landnutzung, Forstwirtschaft und Landwirtschaft ein EU-Gesamtziel für den CO2-Abbau durch natürliche Senken im Umfang von 310 Millionen Tonnen CO2-Emissionen bis 2030 festgelegt. Nationale Zielvorgaben sorgten dafür, dass die Mitgliedstaaten ihre Senken pflegen und vergrößern, damit das Gesamtziel erreicht werde. Ziel der EU sollte sein, bis 2035 Klimaneutralität in den Sektoren Landnutzung, Forstwirtschaft und Landwirtschaft zu erreichen. Die EU-Waldstrategie solle die Quantität, Qualität und Resilienz der Wälder in der EU verbessern. Sie unterstütze Forstwirtschaftsbetriebe und die forstbasierte Bioökonomie, sorge gleichzeitig für Nachhaltigkeit bei Holzeinschlag und Nutzung von Biomasse sowie den Erhalt der biologischen Vielfalt und beinhalte einen Plan zur Pflanzung von drei Milliarden Bäumen in ganz Europa bis 2030.

Mehr erneuerbare Energie

75% der Emissionen in der EU stammten aus der Erzeugung und dem Verbrauch von Energie. Deshalb sei ein schnellerer Übergang zu einem umweltfreundlicheren Energiesystem von grundlegender Bedeutung. Daher werde die Zielvorgabe für die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen bis 2030 in der Richtlinie über erneuerbare Energien auf 40% erhöht. Alle Mitgliedstaaten würden zu diesem Ziel beitragen, und es würden spezifische Ziele für die Nutzung erneuerbarer Energien in den Sektoren Verkehr, Heizung und Kühlung, Gebäude und Industrie vorgeschlagen. Im Interesse der EU-Klima- und unserer Umweltziele würden die Nachhaltigkeitskriterien für die Nutzung von Bioenergie verstärkt, und die Mitgliedstaaten müssten Förderregelungen für Bioenergie so ausgestalten, dass der Grundsatz der Kaskadennutzung für Holzbiomasse gewahrt werde.

Mehr Energieeinsparung

Um den Energieverbrauch insgesamt zu senken, Emissionen zu verringern und Energiearmut zu bekämpfen, sehe die Energieeffizienz-Richtlinie ein ehrgeizigeres verbindliches Jahresziel für die Senkung des Energieverbrauchs auf der EU-Ebene vor. Sie diene als Richtschnur für die Festlegung der nationalen Beiträge und erhöhe die jährliche Energieeinsparverpflichtung der Mitgliedstaaten auf fast das Doppelte. Der öffentliche Sektor müsse jährlich 3% seines Gebäudebestands renovieren, damit die Renovierungswelle vorankomme, Arbeitsplätze geschaffen werden und der Energieverbrauch und die Kosten für den Steuerzahler sinken. 

Strengere CO2-Vorgaben für Autos - Ab 2035 faktisch keine Verbrenner mehr

Um gegen die zunehmenden Emissionen aus dem Straßenverkehr vorzugehen, sei eine Kombination von Maßnahmen erforderlich, die den Emissionshandel ergänze. Strengere CO2-Emissionsnormen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge würden den Übergang zur emissionsfreien Mobilität beschleunigen, da die durchschnittlichen jährlichen Emissionen neuer Fahrzeuge ab 2030 55% und ab 2035 100% niedriger sein müssten als 2021. Im Ergebnis würden alle ab 2035 zugelassenen Neuwagen emissionsfrei sein. 

Mehr Ladekapazitäten für alternative Kraftstoffe

Damit Fahrzeuge in einem verlässlichen EU-weiten Netz aufgeladen oder aufgetankt werden könnten, schreibe die überarbeitete Verordnung über Infrastruktur für alternative Kraftstoffe vor, dass die Mitgliedstaaten die Ladekapazität nach Maßgabe der Absatzmengen emissionsfreier Fahrzeuge ausbauen und entlang der großen Verkehrsstraßen in regelmäßigen Abständen Tank- und Ladestationen installieren, und zwar alle 60 Kilometer für das Aufladen elektrischer Fahrzeuge und alle 150 Kilometer für die Betankung mit Wasserstoff. 

Mehr nachhaltige Kraftstoffe im Flugverkehr

Flug- und Schiffstreibstoffe verschmutzten die Umwelt erheblich und müssten ebenfalls gezielt angegangen werden, um den Emissionshandel zu ergänzen. Gemäß der Verordnung über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe müssten Flugzeuge und Schiffe in großen Häfen und Flughäfen Zugang zu sauberem Strom haben. Im Rahmen der Initiative "ReFuelEU Aviation" würden Kraftstoffanbieter verpflichtet, dem an Flughäfen in der EU angebotenen Turbinenkraftstoff nach und nach mehr nachhaltige Flugkraftstoffe beizumischen, einschließlich synthetischer CO2-armer Kraftstoffe, die E-Fuels genannt werden. Die Initiative "FuelEU Maritime" werde ihrerseits die Nutzung nachhaltiger Schiffskraftstoffe und emissionsfreier Technologien fördern im Wege einer Obergrenze für den Treibhausgasgehalt des Energieverbrauchs von Schiffen, die europäische Häfen anliefen.

Energiebesteuerung an Klimapolitik ausrichten

Das Besteuerungssystem für Energieerzeugnisse müsse den Binnenmarkt schützen und verbessern und den grünen Wandel fördern, indem die richtigen Anreize gegeben würden. Der Vorschlag für die überarbeitete Energiebesteuerungsrichtlinie sehe vor, dass die Besteuerung von Energieerzeugnissen auf die Energie- und Klimapolitik der EU abgestimmt wird. So könnten saubere Technologien gefördert und überholte Steuerbefreiungen und ermäßigte Steuersätze abgeschafft werden, die zurzeit die Nutzung fossiler Brennstoffe förderten. Durch die neuen Regeln sollen die schädlichen Auswirkungen des Energiesteuerwettbewerbs verringert und den Mitgliedstaaten zu Einnahmen aus Ökosteuern verholfen werden, die dem Wachstum abträglich seien als Steuern auf den Faktor Arbeit.

CO2-Grenzausgleichssystem

Im Wege eines neuen CO2-Grenzausgleichssystems werde ein CO2-Preis für Einfuhren bestimmter Produkte eingeführt, damit die ehrgeizige Klimapolitik in Europa nicht zu einer Verlagerung von CO2-Emissionen führe. Dies werde sicherstellen, dass europäische Emissionssenkungen zu einem weltweiten Emissionsrückgang beitragen, statt dass CO2-intensive Produktionskapazitäten aus Europa abwanderten. Außerdem solle dies Industrieunternehmen in Drittländern und unsere internationalen Partner dazu motivieren, Schritte in dieselbe Richtung zu unternehmen.

Klima-Sozialfonds 

Um die Kosten der Bekämpfung und Anpassung an den Klimawandel gerecht zu verteilen, sollen laut Kommission die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in Innovation, Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze investiert werden. Aus einem neuen Klima-Sozialfonds erhielten die Mitgliedstaaten eigens Mittel, die sie Bürgerinnen und Bürgern für Investitionen in Energieeffizienz, neue Heiz- und Kühlsysteme und sauberere Mobilität gewähren könnten. Finanziert werde der Klima-Sozialfonds mit einem Betrag aus dem EU-Haushalt, der 25% der erwarteten Einnahmen aus dem Emissionshandel für Brenn- beziehungsweise Treibstoffe im Gebäudesektor und Straßenverkehr entspreche. Nach einer entsprechenden Änderung des Mehrjährigen Finanzrahmens würden dann aus dem Fonds für den Zeitraum 2025-2032 72,2 Milliarden Euro für die Mitgliedstaaten bereitgestellt. Da vorgeschlagen werde, dass die Mitgliedstaaten Mittel in derselben Höhe bereitstellten, könnte der Fonds 144,4 Milliarden Euro für einen sozialverträglichen Übergang mobilisieren.

Redaktion beck-aktuell, 15. Juli 2021.