EU-Kommission: Europäer sollen sich mit digitaler Identität sicher ausweisen können

Die Europäische Kommission hat gestern einen Rahmen für eine europäische digitale Identität (EUid) vorgeschlagen, die allen Bürgern und Unternehmen in der EU zur Verfügung stehen soll. Bürger sollen per digitaler Brieftasche auf dem Handy ihre Identität nachweisen, Dokumente weitergeben und europaweit Online-Dienste nutzen können. Große Plattformen sollen dazu verpflichtet werden, das neue Format auf Verlangen des Nutzers zu akzeptieren.

Nutzer sollen volle Kontrolle über ihre Daten erhalten

Die neue Verordnung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten den Bürgerinnen und Bürgern ebenso wie Unternehmen digitale Brieftaschen zur Verfügung stellen, in denen sie ihre nationale digitale Identität mit den Nachweisen anderer persönlicher Attribute (z. B. Führerschein, Abschlusszeugnisse, Bankkonto usw.) verknüpfen können. Diese Brieftaschen sollen von Behörden oder privaten Einrichtungen bereitgestellt werden, sofern sie von einem Mitgliedstaat anerkannt sind. Alle Europäerinnen und Europäer sollen so online auf Dienste zugreifen können, ohne private Identifizierungsmethoden nutzen oder unnötig personenbezogene Daten weitergeben zu müssen. Dadurch sollen sie die volle Kontrolle über die Daten erhalte, die sie weitergeben. Die Verwendung der sogenannten "EUid-Brieftaschen" soll stets im Ermessen des Nutzers liegen.

Online Wohnung mieten und Bankkonto eröffnen

Margrethe Vestager, die für das Ressort "Ein Europa für das digitale Zeitalter" zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin, sagte: "Dank der europäischen digitalen Identität werden wir in jedem Mitgliedstaat ohne zusätzliche Kosten und mit weniger Hürden dasselbe tun können wie zu Hause, ob wir nun außerhalb unseres Heimatlandes eine Wohnung mieten oder ein Bankkonto eröffnen wollen. Und dies auf sichere und transparente Weise. Wir werden also selbst entscheiden, wie viele unserer persönlichen Informationen wir mit wem und zu welchem Zweck teilen möchten. Dies gibt uns allen die einzigartige Gelegenheit, noch besser nachzuvollziehen, was es bedeutet, in Europa zu leben und Europäerin bzw. Europäer zu sein."

Hohes Maß an Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit

Der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Thierry Breton ergänzte: "Die Bürgerinnen und Bürger der EU erwarten nicht nur ein hohes Maß an Sicherheit, sondern auch an Benutzerfreundlichkeit – ob sie es nun mit nationalen Verwaltungen zu tun haben, z. B. um eine Steuererklärung abzugeben, oder sich an einer europäischen Universität einschreiben wollen und sich dazu ausweisen müssen. Die EUid-Brieftaschen bieten ihnen eine neue Möglichkeit, Daten für alle Arten von Dienstleistungen zu speichern und zu nutzen, angefangen bei der Abfertigung am Flughafen bis hin zur Anmietung eines Autos." Auch Unternehmen werde die digitale Identität zugutekommen. Sie könnten ein breites Spektrum neuer Dienstleistungen anbieten, denn der Vorschlag liefere eine Lösung für einen sicheren und vertrauenswürdigen Identifizierungsdienst.

Gemeinsames Instrumentarium bis 2022

Damit der Vorschlag so bald wie möglich umgesetzt werden kann, wird er von der Kommission durch eine Empfehlung ergänzt. Die Mitgliedstaaten sollen bis September 2022 ein gemeinsames Instrumentarium schaffen und unverzüglich mit den erforderlichen Vorarbeiten beginnen. Dieses Instrumentarium sollte die technische Architektur, Normen, Leitlinien und bewährte Verfahren umfassen. Parallel zum Gesetzgebungsverfahren will die Kommission mit den Mitgliedstaaten und dem Privatsektor an den technischen Aspekten der europäischen digitalen Identität arbeiten. Die Kommission will die Umsetzung des Rahmens für die europäische digitale Identität als Teil des Programms "Digitales Europa" unterstützen. Zudem sähen viele Mitgliedstaaten in ihren nationalen Plänen im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität Projekte zur Umsetzung von Lösungen für elektronische Behördendienste, einschließlich der europäischen digitalen Identität, vor. Die Mitgliedstaaten seien derzeit jedoch nicht verpflichtet, überhaupt ein nationales digitales Identifizierungsmittel zu entwickeln.

Digitaler Kompass 2030

Der Digitale Kompass 2030 der Kommission enthält eine Reihe von Vorgaben und Etappenzielen, zu deren Verwirklichung die europäische digitale Identität beitragen soll. So sollen bis 2030 beispielsweise alle öffentlichen Dienste online verfügbar sein, alle Bürgerinnen und Bürger Zugang zu ihren elektronischen Patientenakten haben und 80% der Bevölkerung eine eID-Lösung nutzen. Bei dieser Initiative baut die Kommission auf dem bestehenden grenzüberschreitenden Rechtsrahmen für vertrauenswürdige digitale Identitäten sowie auf der Initiative für elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste in Europa (eIDAS-Verordnung) auf. Dieser Rahmen wurde 2014 geschaffen und bildet die Grundlage für die grenzüberschreitende elektronische Identifizierung, Authentifizierung und Zertifizierung von Websites in der EU. Rund 60% der Europäerinnen und Europäer können bereits vom derzeitigen System profitieren.

Redaktion beck-aktuell, 7. Juni 2021.