EU-Bürger hat aus abgeleitetem Freizügigkeitsrecht Anspruch auf Kindergeld

Ein EU-Bür­ger kann Anspruch auf Kindergeld auch aus einem ab­ge­lei­te­ten Frei­zü­gig­keits­recht aufgrund des Schulbesuchs seines Kindes und dem Gleich­be­hand­lungs­ge­bot haben. Dies hat das FG Düs­sel­dorf im Fall eines bul­ga­ri­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen ent­schie­den.

Der Mann lebte mit seiner 12-jährigen Tochter und der Kindsmutter in einem Haushalt. Er war von März 2021 bis Ende Oktober 2022 als Kurierfahrer unbefristet beschäftigt. Nachdem er aus betrieblichen Gründen gekündigt worden war, bezog er ausschließlich Leistungen nach dem SGB II. Wegen der fehlenden Erwerbstätigkeit des Mannes hob die beklagte Familienkasse daraufhin die Festsetzung des Kindergeldes für die Tochter ab dem Monat Dezember 2022 auf.

Das FG Düsseldorf bestätigte die Auffassung der Familienkasse nicht (Urteil vom 30.11.2023 – 9 K 1192/23 Kg). Die den Kindergeldanspruch aufrechterhaltenden Voraussetzungen nach § 62 Abs. 1a Satz 3 EStG erfülle der Kläger zwar nicht; insbesondere lasse sich im Streitzeitraum keine freizügigkeitsbegründende Erwerbstätigkeit oder Arbeitssuche des Klägers feststellen.

Sein Anspruch auf Kindergeld begründe sich jedoch aus einem sogenannten abgeleiteten Freizügigkeitsrecht und einem damit einhergehenden Gleichbehandlungsgebot. Maßgeblich sei allein, dass seinem Kind ein Aufenthaltsrecht zustehe und der Elternteil, der die elterliche Sorge tatsächlich wahrnehme, beschäftigt sei oder beschäftigt gewesen sei. Unerheblich sei hingegen, ob ausreichende Existenzmittel und umfassender Krankenversicherungsschutz vorlägen.

Kindergeldregelung wegen Unvereinbarkeit mit EU-Recht hier nicht anzuwenden

Aus den unionsrechtlichen Ansprüchen auf Gleichbehandlung folge, dass dem Kläger ein Anspruch auf Kindergeld zustehe. § 62 Abs. 1a Satz 3 EStG sei nicht mit dem Unionsrecht vereinbar, soweit grundsätzlich Kindergeldberechtigte, die nur ein abgeleitetes Freizügigkeitsrecht haben – wie im vorliegenden Fall –, vom Kindergeldanspruch ausgeschlossen wären. Da die Regelung des § 62 Abs. 1a Satz 3 EStG somit im konkreten Fall nicht anzuwenden sei, stehe sie dem Kindergeldanspruch des Klägers nicht entgegen.

FG Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2023 - 9 K 1192/23 Kg

Redaktion beck-aktuell, ew, 10. Januar 2024.