Erstmals Urteil an englischem Strafgericht im Fernsehen übertragen

Erstmals ist ein Urteil an einem englischen Strafgericht im Fernsehen übertragen worden. Richterin Sarah Munro verurteilte am Londoner Gericht Old Bailey einen 25-jährigen Mann wegen Totschlags an seinem Großvater zu lebenslanger Haft, mindestens aber zu zehn Jahren und acht Monaten. Gezeigt wird aber nur die Richterin oder der Richter, um die Privatsphäre von Opfern, Zeugen und Jury-Mitgliedern zu schützen.  

Britischer Justizminister: Stärkung des Vertrauens ins Justizsystem

Auch andere Orte des Gerichts dürfen weiterhin nicht gezeigt werden. Die Verkündung wurde von mehreren Nachrichtenkanälen gezeigt und wird von den Sendern BBC, ITV und Sky News sowie der Nachrichtenagentur PA auch online zur Verfügung gestellt. "Die Gerichtssäle für Kameras zu öffnen, um die Verurteilung einiger der schwersten Verbrecher des Landes zu filmen, wird die Transparenz erhöhen und das Vertrauen ins Justizsystem untermauern", sagte Justizminister Dominic Raab. Dadurch werde die Öffentlichkeit komplexe Gerichtsentscheidungen besser verstehen.

Film- und Tonaufnahmen auch in Deutschland möglich

Die Erlaubnis, den Richterspruch zu übertragen, war bereits 2020 durch eine Gesetzesänderung gefallen. Wegen der Pandemie hatte sich die Umsetzung aber verzögert. In Deutschland sind Film- und Tonaufnahmen von Urteilsverkündungen und -begründungen in den obersten Bundesgerichten seit 2018 erlaubt. Bereits seit 1992 dürfen Urteile in Schottland gefilmt werden. Weil aber weiterhin strenge Vorgaben in Kraft sind, wird dies nur selten umgesetzt.

Großvater aus Wut erstochen

Im konkreten Fall hatte der Verurteilte seinen Großvater im Januar 2021 im Südostlondoner Stadtteil Mottingham erstochen. Er war wütend über ältere Vorwürfe gegen den 74-Jährigen wegen sexuellen Missbrauchs von Mädchen. Der Täter hatte Totschlag eingeräumt. Ihm wurde wegen emotionaler und psychischer Probleme eine verminderte Schuldfähigkeit attestiert.

Redaktion beck-aktuell, 28. Juli 2022 (dpa).