Über 1.000 Netzbetreiber hatten gegen Festlegungen der BNetzA geklagt
Mit den Festlegungen vom 05.10.2016 (BK4-16–160 und BK4-16-161) hatte die Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur für die Dauer der dritten Regulierungsperiode für Betreiber von Strom- und Gasversorgungsnetzen die Eigenkapitalzinssätze für Neuanlagen von 9,05% auf 6,91% und für Altanlagen von 7,14% auf 5,12%, jeweils vor Steuern, gekürzt. Ein Prozentpunkt bedeutet bei der Eigenkapitalverzinsung für die Regulierungsperiode ein Volumen von circa einer Milliarde Euro. Diese Zinssätze werden von den Betreibern als Netzkosten veranschlagt, den Versorgern in Rechnung gestellt und von diesen schließlich an die Endverbraucher weitergegeben. Die Festlegung der Bundesnetzagentur betrifft die Jahre 2018 bis 2022 für Gasnetze und 2019 bis 2023 für Stromnetze (dritte Regulierungsperiode). Gegen die Beschlüsse der Bundesnetzagentur hatten circa 1.100 Netzbetreiber bei dem OLG Düsseldorf Beschwerde eingelegt.
Zinssätze methodisch fehlerhaft ermittelt
Das OLG hat in 29 repräsentativen Musterverfahren entschieden. Der angefochtene Beschluss der Bundesnetzagentur ist nach den Fest-stellungen des Gerichts rechtswidrig. Die Höhe des Zuschlags zur Abdeckung netzbetriebsspezifischer unternehmerischer Wagnisse im Sinne des § 7 Abs. 5 StromNEV/GasNEV sei methodisch fehlerhaft ermittelt und festgesetzt worden. Die Frage der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals sei mit Rücksicht auf die erforderliche Investitionsfähigkeit und die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Netzbetriebs zu beantworten. Der Investor für Investitionen, die der Erhaltung und dem bedarfsgerechten Ausbau dienen, müsse auf eine angemessene Rendite vertrauen können. Hierzu gehöre auch eine risikoadäquate Bewertung, also die Einbeziehung der unternehmerischen Risikofaktoren.
Plausibilitätskontrolle unterlassen
Diese habe die Bundesnetzagentur nicht mit einer wissenschaftlich vertretbaren und rechtlich beanstandungsfreien Vorgehensweise ermittelt. Als methodisch fehlerhaft haben die Sachverständigen, deren Bewertung sich das OLG anschließt, beanstandet, dass die Bundesnetzagentur die Ableitung der Marktrisikoprämie allein aus historischen Daten vorgenommen hat, ohne dabei die Sondersituation des gegenwärtigen Marktumfeldes zu berücksichtigen. Es sei keine um alternative Bewertungsansätze ergänzte Würdigung und Plausibilitätskontrolle durchgeführt worden.
Andere Studien nicht ausreichend in den Blick genommen
Neben den von der Bundesnetzagentur maßgeblich genutzten Daten existiere eine Vielzahl weiterer Studien. Je nachdem welche Studie herangezogen werde, welche Zeiträume und welche Länder betrachtet würden ergäben sich engere Bandbreiten von Marktrisikoprämien zwischen 4% und 6% und größere Bandbreiten zwischen 3% und 7%. Obwohl die Qualität der von der Bundesnetzagentur benutzten Daten hervorzuheben und deren Verwendung nicht zu beanstanden sei, müsse bei dem auf einer ausgewählten Studie basierenden Analyseergebnis auch die Existenz weiterer Studien und der dadurch ausgewiesenen Bandbreiten in den Blick genommen werden. Nur mit einer Festsetzung am oberen Rand der Bandbreite könne dem infolge der Finanz- und Schuldenkrise ausgelösten Strukturbruch auf den Finanz- und Kapitalmärkten ausreichend Rechnung getragen werden. Mit der Festlegung auf einen einfachen Mittelwert der Bandbreite sei eine schematische Bewertung vorgenommen worden, die der derzeitigen außergewöhnlichen Situation auf den Kapital- und Finanzmärkten nicht gerecht werde.
Revision ist möglich
Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung haben und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen.