djb: Auskunftsanspruch erreicht viele Frauen nicht
Wie der Verband schreibt, komme der auf Betriebe mit mehr als 200 Beschäftigten begrenzte Auskunftsanspruch bei einem Großteil der Frauen nicht an, weil sie in kleineren Betrieben arbeiten, und lege zudem zu hohe prozedurale Voraussetzungen fest. Sanktionen für Verstöße gegen die Berichtspflicht, die zudem nur große Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten betreffe, fehlten. Das dem Grunde nach besonders aussichtsreiche Prüfverfahren zur Aufdeckung diskriminierender Entgeltstrukturen sei nicht verpflichtend ausgestaltet.
Privilegierung tarifvertraglicher Entgeltregelungen verstößt gegen EU-Recht
Die Privilegierung tarifvertraglicher Entgeltregelungen durch eine "Angemessenheitsvermutung" moniert der djb als europarechtswidrig. Tarifverträge wie auch ihre Umsetzung könnten zumindest mittelbar diskriminierend sein, die Beweislast dafür dürfe nicht der einzelnen Frau aufgebürdet werden. Vor allem aber könne es nicht weiterhin den einzelnen Beschäftigten überlassen bleiben, auf eigenes Risiko gegen ihre Diskriminierung vorzugehen. Hierfür sei ein Verbandsklagerecht dringend geboten, das aber im Entgelttransparenzgesetz fehle.
Bezahlung in frauendominierten Branchen verbessern
Laut djb sind allerdings auch über ein Entgeltgleichheitsgesetz hinaus gesetzliche Maßnahmen erforderlich, etwa in Bezug auf Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen. In frauendominierten Branchen würden erheblich geringere Entgelte gezahlt als in männerdominierten, was erheblich zur Entgeltlücke beitrage. Hier aber stellten weder das geltende europäische noch das nationale Recht eine Rechtsgrundlage zur Verfügung. Sollte die neue Große Koalition ihr Versprechen wahrmachen, die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in der Alten- und Krankenpflege sofort und spürbar zu verbessern, würde dies einen Beitrag zu geschlechtergerechten Entgelten bedeuten, so der Verband.
Gender Netto Pay Gap ermitteln
Nicht zuletzt wirkt sich die Ausgestaltung von Sozialabgaben und Steuern in vielfältiger Weise auf das letztlich verfügbare Einkommen aus. Beispielsweise kommen Steuervergünstigungen häufig nur in hohen Einkommensgruppen an und orientieren sich an typisch männlichen Erwerbsmustern. "Entgeltgleichheit darf sich nicht nur am Bruttoeinkommen bemessen, sondern muss auch das Nettoeinkommen im Blick behalten", so djb-Präsidentin Maria Wersig. "Daher sollte künftig neben dem Gender Pay Gap, der sich am Bruttostundenlohn orientiert, auch ein am Nettoeinkommen orientierter Gender Pay Gap, ein sogenannter Gender Netto Pay Gap, berechnet werden."