Entwurf des "Justizstandorts-Stärkungsgesetzes" vorgelegt

Das Bundesministerium der Justiz hat heute einen Referentenentwurf "zur Stärkung des Justizstandorts Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit" veröffentlicht. Danach sollen bestimmte Wirtschaftsverfahren an bestimmten Landgerichten und vor den Oberlandesgerichten an zu gründenden "Commercial Chambers" und "Commercial Courts" geführt werden.

Englischsprachliche Verfahren vor Commercial Chambers und Commercial Courts

Der Entwurf sieht vor, dass bestimmte Wirtschaftsstreitigkeiten an ausgewählten Landgerichten vor sogenannten Commercial Chambers geführt werden. Das Verfahren, einschließlich der Entscheidung, soll vollständig in englischer Sprache geführt werden. Voraussetzung ist, dass sich die Parteien auf die Verfahrenssprache Englisch einigen oder die beklagte Partei dem nicht widerspricht. Vorgesehen ist außerdem, dass die Länder für große privatrechtliche Wirtschaftsstreitigkeiten ab einem Streitwert von einer Million Euro sogenannte Commercial Courts als erstinstanzliche Spezialsenate bei ihren Oberlandesgerichten einrichten dürfen. Diese sollen mit sprachkompetentem Personal besetzt werden und über eine moderne technische Ausstattung verfügen. Zudem ist unter anderem ein frühzeitiger Organisationstermin vorgesehen, um den Sach- und Streitstoff zu systematisieren, abzuschichten und um Vereinbarungen zu einem Verfahrensfahrplan zu treffen.

Revision zum Bundesgerichtshof

Gegen eine erstinstanzliche Entscheidung der Commercial Courts soll die Revision zum Bundesgerichtshof stets zulässig sein. Eine umfassende Verfahrensführung in englischer Sprache soll auch in der Revision möglich sein. Die englischsprachigen Entscheidungen der Commercial Chambers, der Commercial Courts und des BGH sollen in die deutsche Sprache übersetzt und veröffentlicht werden. Dies ermöglicht die Vollstreckung und unterstützt die Rechtsfortbildung. Die Verfahrensregelungen nach dem Geschäftsgeheimnisschutzgesetz sollen auf den gesamten Zivilprozess ausgeweitet werden. Künftig soll der Schutz von Geschäftsgeheimnissen bereits auf den Zeitpunkt der Klageerhebung vorverlegt werden. Die als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Informationen sollen außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens nicht genutzt oder offengelegt werden dürfen.

Einsatz von Videokonferenztechnik

Das Bundesministerium der Justiz hat bereits einen Referentenentwurf zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten vorgelegt. Damit sollen insbesondere die bereits bestehenden zivilprozessualen Möglichkeiten zur Durchführung von Videoverhandlungen und Videobeweisaufnahmen flexibilisiert und erweitert werden. Auch in Verfahren vor den Commercial Chambers/Courts kann Videokonferenztechnik künftig verstärkt eingesetzt werden.

Redaktion beck-aktuell, 25. April 2023.