Finanzämter erhalten mehr Spielraum für steuerliche Billigkeitsmaßnahmen

Finanzämter sollen angesichts der Folgewirkungen des Ukrainekrieges die ihnen gesetzlich zur Verfügung stehenden Handlungsspielräume im Interesse der erheblich betroffenen Steuerpflichtigen nutzen. Das geht aus einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums hervor. So sollen bei Bedarf fällige Steuern gestundet, Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer angepasst sowie Vollstreckungsaufschub gewährt werden.

BMF-Erlass senkt Anforderungen an steuerliche Billigkeitsmaßnahmen

Dem Erlass zufolge ist in jedem Einzelfall unter Würdigung der entscheidungserheblichen Tatsachen nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, inwieweit gegebenenfalls die Voraussetzungen für eine steuerliche Billigkeitsmaßnahme vorliegen. Die Finanzämter sollen den ihnen hierbei zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum verantwortungsvoll ausschöpfen. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sollen bei bis zum 31.03.2023 eingehenden Anträgen keine strengen Anforderungen gestellt werden. Über Anträge auf Billigkeitsmaßnahmen oder Anpassung der Vorauszahlungen unter Einbeziehung der aktuellen Situation soll zeitnah entschieden werden. Auch eine rückwirkende Herabsetzung von Vorauszahlungen für das Jahr 2022 ist im Rahmen der Ermessensentscheidung möglich. Auf die Erhebung von Stundungszinsen soll im Einzelfall aus Billigkeitsgründen verzichtet werden.

Profitieren sollen nur aktuell krisenbedingt betroffene Steuerpflichtige

Voraussetzung hierfür ist, dass der Steuerpflichtige seinen steuerlichen Pflichten, insbesondere seinen Zahlungspflichten, bisher pünktlich nachgekommen ist und er in der Vergangenheit nicht wiederholt Stundungen und Vollstreckungsaufschübe in Anspruch genommen hat, wobei Billigkeitsmaßnahmen aufgrund der Corona-Krise nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. In diesen Fällen kommt ein Verzicht auf Stundungszinsen in der Regel in Betracht, wenn die Billigkeitsmaßnahme für einen Zeitraum von nicht mehr als drei Monaten gewährt wird. Des Weiteren gelten die verlängerten Steuererklärungsfristen für die Veranlagungszeiträume 2020 bis 2024 (Artikel 97 § 36 Absatz 3 EGAO).

Redaktion beck-aktuell, 6. Oktober 2022.