Politikerinnen und Politiker zeigen sich empört
Anfang Juli war Gärtner in zwei Wahlgängen noch klar durchgefallen. Politikerinnen und Politiker anderer Parteien zeigen sich über seine jetzige Wahl empört: "Verfassungsfeinde wählt man nicht in den Verfassungsgerichtshof", schrieb die baden-württembergische SPD auf Twitter. "Bei Kandidat*innen der #NoAfD sagt man `Nein`. Immer", betonte der Grünen-Politiker Cem Özdemir. "Wenn Nazis Spiele spielen, dann erwarte ich von jedem, dass er den Rücken gerade macht", schrieb der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke. Ex-Linke-Bundeschef Bernd Riexinger twitterte: "Diese Wahl ist eine Schande. Die Braunen werden alles, aber sicher nicht diese Verfassung achten."
Grüne, SPD und CDU bestreiten Stimmabgabe für AfD-Kandidat
SPD-Generalsekretär Sascha Binder betonte, die SPD habe in allen drei Wahlgängen gegen den AfD-Mann gestimmt. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Uli Sckerl, erklärte: "Für unsere Fraktion kann ich versichern: Kein Grünes Fraktionsmitglied hat den AfD-Kandidaten gewählt. Es gab aus unseren Reihen ausschließlich Nein-Stimmen und Enthaltungen." In der CDU gab es nach Angaben des parlamentarischen Geschäftsführers Andreas Deuschle keine Absprachen für die geheime Wahl. "Klar ist: Als Christdemokraten lehnen wir eine Zusammenarbeit jeglicher Art mit der AfD entschlossen ab", sagte Deuschle. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke erklärte: "Der FDP-Fraktion wurde empfohlen, den AfD-Kandidaten nicht zu wählen. Ansonsten war die Wahl geheim." Aus Sicht von AfD-Fraktionschef Bernd Gögel "verbieten sich alle Spekulationen über das Wahlverhalten der Parlamentarier anderer Parteien". Dass Riexinger von "Schande" rede, sage "alles über sein Denken und erst recht über den Zustand unserer Demokratie aus."
Empörung erinnert an Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten 2020
Die Empörung erinnerte manche an die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten mit Stimmen der AfD und CDU im Februar 2020. Das hatte eine Debatte darüber entfacht, dass keine der anderen Parteien gemeinsame Sache mit der AfD machen solle. Dass sich selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu äußerte, die Wahl "unverzeihlich" nannte, hat inzwischen ein Nachspiel beim Bundesverfassungsgericht.
AfD machte von ihrem Vorschlagsrecht Gebrauch
Der Gerichtshof mit Sitz in Stuttgart besteht aus neun Richtern – drei Berufsrichtern, drei Richtern mit Befähigung zum Richteramt und drei Personen, die diese Befähigung nicht haben. Der Landtag wählt die Mitglieder und ihre Stellvertreter für neun Jahre. Das Gericht entscheidet unter anderem über die Auslegung der Landesverfassung, über Anfechtungen von Wahlprüfungsentscheidungen und Volksabstimmungen. Gemäß Geschäftsordnung des Landtags habe die AfD das Vorschlagsrecht für eine Richterin oder einen Richter, führte Grünen-Politiker Sckerl aus. Daran wolle man sich halten – "wenn auch in diesem Fall zähneknirschend". Hätte die Mehrheit der Abgeordneten Gärtner abgelehnt, hätte die AfD in jeder Sitzung einen neuen Kandidaten nominieren und das Parlament in Dauer-Wahlgänge zwingen können.